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Minister Müller setzt ein Zeichen

Katrin Gänsler13. Juni 2014

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller verabschiedet sich tief beeindruckt aus Nigeria. Der Protest-Initiative "Bring back our Girls" sagte er zum Abschluss seines zweitägigen Besuchs: "Sie bewegen unsere Herzen."

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Bundesentwicklungsminister Gerd Müller in Nigeria (Foto: DW)
Bild: DW/K. Gänsler

Es ist ein ergreifender Moment vor dem Unity Fountain, dem Brunnen, der die Einheit des Landes symbolisiert, im Zentrum der nigerianischen Hauptstadt Abuja. Gut 30 Frauen und Männer - alle in roten T-Shirts - singen die nigerianische Nationalhymne und wünschen sich nur eins: die sofortige Rückkehr der mehr als 200 entführten Schülerinnen aus Chibok, die sich seit mehr als acht Wochen in den Händen der Terrorgruppe Boko Haram befinden. Seit 44 Tagen demonstrieren die Frauen und Männer von "Bring back our Girls" fast täglich für die Freilassung, dieses Mal nun auch mit einem offiziellen Gast aus Deutschland: Entwicklungsminister Gerd Müller.

Das Zusammentreffen mit den Initiatorinnen ist der emotionale Abschluss seiner zweitägigen Reise. Müller zeigt sich vor den Demonstranten tief beeindruckt: "Sie bewegen mit dieser Aktion nicht nur die Politik. Sie bewegen auch die Herzen."

Die Protest-Initiative "Bring back our Girls" (Foto: dw9
Mitglieder der Protest-Initiative "Bring back our Girls"Bild: DW/K. Gänsler

Dafür gibt es Applaus, denn das Interesse aus dem Ausland ist willkommen - und sollte eigentlich selbstverständlich sein, findet Oby Ezekwesili. Sie ist ehemalige Bildungsministerin und organisiert die Proteste für die Schülerinnen. "Deutschland gehört zur globalen Gemeinschaft. Terrorismus geht jeden an. Jegliche kriminelle Aktivität gegen die Menschlichkeit sollte alle Menschen besorgt machen."

Zuspruch aus dem Ausland muntert auf

Müller setzt mit dem Besuch auch ein Zeichen: Er interessiert sich für die verschwundenen Mädchen - und für die Demonstranten. Das findet Zuspruch. Ausgerechnet der eigenen nigerianischen Regierung waren die Protestler in den vergangenen Wochen lästig geworden. Kurzzeitig gab es sogar ein Demonstrationsverbot und die Polizei ging gegen die Beteiligten vor. Es hatte zwar auch einen Austausch mit der Regierung gegeben, sagt Oby Ezekwesili. Der blieb für sie jedoch enttäuschend: "Zu einer Zusammenarbeit, wie sie die Zivilgesellschaft mit der Regierung braucht, ist es nicht gekommen."

Egal, wo Minister Müller an diesem Tag ankommt: Terrorismus und Boko Haram sind die alles beherrschenden Themen. Auch beim Treffen mit Präsident Goodluck Jonathan - es fand ohne Journalisten statt - ging es selbstredend darum. Müller anschließend: "Ich habe dem Präsidenten klar gemacht: Das Problem muss gelöst werden. In den vergangenen Tagen sind weitere Geiselnahmen erfolgt. Das ist ein grundlegendes Problem." Militärische Unterstützung aus Deutschland - egal in welcher Form - wird es allerdings nicht geben, stellte Müller klar.

Schwerpunkt berufliche Bildung

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller in Nigeria (Foto: dpa)
Entwicklungsminister Müller begrüßt Schülerinnen der Muslim Girl's High School bei AbeokutaBild: picture-alliance/dpa

Die zukünftige Entwicklungszusammenarbeit zwischen Deutschland und Nigeria sieht Minister Müller vor allem in zwei Bereichen. Die berufliche Bildung soll stärker unterstützt werden und auch der Gesundheitsbereich. Die Kinderlähmung Polio, wünscht sich Müller, muss in Afrikas einwohnerstärkstem Land bald der Vergangenheit angehören.

Von einem Projekt ist Müller offenbar aber besonders angetan: "Safe Schools". Bereits während des World Economic Forum on Africa, das Anfang Mai in Abuja stattfand, hatte der ehemalige britische Premierminister Gordon Brown die Idee vorgestellt. Müller erläutert das Konzept: "Es wird einen neuen Fonds geben, damit die Regierung hier im Land Sofortmaßnahmen ergreift, in jeder Schule des Landes Sicherheit herzustellen." Die Mädchen und Jungen in Nigeria sollen endlich wieder ohne Angst in die Schule gehen können, so der Minister.

Keine konkreten Geldversprechen

Wie eine deutsche Beteiligung konkret aussieht, lässt Müller allerdings offen. Die nigerianische Privatwirtschaft hatte bereits zugesagt, ein Startkapital von 10 Millionen US-Dollar zur Verfügung zu stellen. Weitere 10 Millionen sollen nun anderweitig eingeworben werden. Dabei hat Präsident Goodluck Jonathan gerade den nigerianischen Haushalt unterzeichnet. Etwa jeder fünfte nigerianische Naira fließt in das Verteidigungsministerium. Doch Geld, um Schulen zu schützen, gibt es offenbar nicht; und das in einem Land, das zu den zehn größten Öl-Exporteuren weltweit gehört.

Werbung für die Initiative "Safe Schools" kam unterdessen auch von Regierungsseite. Bereits am Donnerstagmorgen stellte Finanzministerin Ngozi Okonjo-Iweala das Projekt vor. Allerdings lag ihr nicht nur das am Herzen: Sie versuchte auch, Nigeria bei aller Diskussion um Terrorismus und Boko Haram wieder in ein etwas anderes, besseres Licht zu rücken. Auch wenn es in den vergangenen Wochen von außen so ausgesehen habe: Es brenne keineswegs das ganze Land, sagte Okonjo-Iweala: "95 Prozent des Landes sind ruhig." Ob diese Behauptung ausländische Investoren überzeugen wird, bleibt offen.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller in Nigeria
Entwicklungsminister Müller und die nigerianische Finanzministerin Ngozi Okonjo-IwealaBild: DW/Katrin Gänsler