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GesellschaftDeutschland

Missbrauchsvertuschung? EKD-Ratsvorsitzende tritt zurück

20. November 2023

Im Umgang mit Missbrauch hatte die oberste Repräsentatin der 20 Millionen deutschen Protestanten, Annette Kurschus, besondere Sensibilität versprochen. Doch Recherchen einer Zeitung säten Zweifel.

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Annette Kurschus vor einem Mikrofon in einer Kirche
Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus (Archivbild)Bild: David Inderlied/dpa/picture alliance

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, ist nach Vertuschungsvorwürfen von ihrem Amt zurückgetreten. Sie gebe auch ihre Aufgabe als Präses der evangelischen Kirche in Westfalen auf, sagte die oberste Repräsentantin der rund 20 Millionen deutschen Protestanten in Bielefeld. Die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs übernimmt nun kommissarisch den Ratsvorsitz bis zu einer Neuwahl.

Zeitung erhob Vorwürfe

Kurschus soll einem Bericht der "Siegener Zeitung" zufolge bereits in den 90er Jahren über massive Vorwürfe sexualisierter Gewalt gegen einen ehemaligen Kollegen im Kirchenkreis Siegen informiert gewesen sein. Sie selbst gab an, erst in diesem Jahr von den Vorwürfen erfahren zu haben.

EKD-Ratsvorsitzende Kurschus tritt zurück

Kurschus blieb auch in ihrer Rücktrittserklärung bei der Haltung, sich nichts vorwerfen zu müssen. "In der Sache bin ich mit mir im Reinen." Die Theologin sagte, sie sei mit der Familie des Manns befreundet. Sie habe etwas von der homosexuellen Neigung des mit einer Frau verheirateten Manns und von dessen ehelicher Untreue mitbekommen, nichts aber von möglichen Missbrauchstaten.

Kurschus war zwei Jahre lang Ratsvorsitzende

Es sei ihr niemals darum gegangen, einen Beschuldigten zu decken. In der Berichterstattung sei aber eine "absurde und schädliche Verschiebung" eingetreten, weil es nur noch um ihre Glaubwürdigkeit und nicht um die Betroffenen von Missbrauch gegangen sei. Deshalb gebe sie ihre Ämter auf.

Die 60 Jahre alte Kurschus war zwei Jahre lang Ratsvorsitzende der EKD als Nachfolgerin von Heinrich Bedford-Strohm. Nach Margot Käßmann war sie die zweite Frau an der Spitze der deutschen Protestanten.

Georg Bätzing spricht vor Mikrofon
Georg Bätzing, Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (Archivbild)Bild: Robert Michael/dpa/picture alliance

Fehrs übernimmt nach den Regularien der EKD als bisherige stellvertretende Ratsvorsitzende kommissarisch die Führung der EKD. Die 62-Jährige erklärte, für den Rat verbinde sich mit dem Rücktritt von Kurschus die Verpflichtung, den eingeschlagenen Weg bei Aufarbeitung und Prävention sexualisierter Gewalt konsequent weiter zu gehen. 

Bätzing bedauert Rücktritt von Kurschus

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, äußerte großes Bedauern über den Rücktritt von Kurschus. Die Gründe könne und werde er nicht beurteilen, erklärte der Limburger Bischof und fügte hinzu: "Mit dem Rücktritt von Annette Kurschus verliert der ökumenische Motor in unserem Land einen wesentlichen Antrieb."

nob/fab (afp, kna, epd)