1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Libyen-Einsatz endet

31. Oktober 2011

Sieben Monate lang dauerte der Lufteinsatz der NATO in Libyen, nun beendet das Militärbündnis die Mission "Unified Protector". Die Bündnispartner ziehen eine positive Bilanz.

https://p.dw.com/p/131vc
Banner mit dem Text "Thanks NATO" in Libyen (Foto: DW/Karlos Zurutuza)
Die Menschen in Libyen danken der NATOBild: DW

NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen reiste dafür eigens in die libysche Hauptstadt Tripolis. Er sehe künftig keine tragende Rolle für die Allianz in Libyen, sagte er am Montag (31.10.2011) bei dem Besuch, da die Unterstützung der neuen Führung in erster Linie Sache der Vereinten Nationen sei. Einen ähnlichen Kampfeinsatz über Syrien schloss Rasmussen trotz einiger Hilferufe der dortigen Opposition aus.

NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen(Foto: dapd)
"Unsere militärische Aufgabe ist nun erledigt", sagt NATO-Generalsekretär Anders Fogh RasmussenBild: dapd

"Unsere militärische Aufgabe ist nun erledigt", erklärte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. Das "historische Mandat" der Vereinten Nationen sei vollständig erfüllt worden und der Einsatz "einer der erfolgreichsten in der Geschichte der NATO" gewesen. Beeinträchtigt wird der militärische Erfolg allerdings durch den noch nicht vollständig aufgeklärten Tod von Muammar al-Gaddafi und die öffentliche Zurschaustellung seines Leichnams. Es sei nicht das Ziel gewesen, Gaddafi zu töten, sagte Frankreichs Außenminister Alain Juppé. "Unser Ziel bestand darin, ihn zum Abdanken zu zwingen."

"Hoher diplomatischer Preis"

Von den 28 NATO-Verbündeten beteiligten sich nur zwölf direkt am Militäreinsatz in Libyen, allen voran Frankreich, Großbritannien und die USA. Deutschland hatte dem internationalen Militäreinsatz nicht zugestimmt und damit bei den Verbündeten für Irritationen gesorgt.

Brände in Tripolis, feuerroter Himmel und Rauch(Foto:dapd)
Rauch und Feuer - über Tripolis folgen die NATO etliche LuftangriffeBild: dapd

Rund 26.000 Mal waren die Flugzeuge des Militärbündnisses seit Ende März über Libyen geflogen. Die NATO setzte damit das Flugverbot über dem Land durch, bombardierte Gaddafis Truppen und deren Waffenlager und bahnte den Rebellen den Weg zur Machtübernahme. Kein einziger NATO-Soldat kam bei der Mission ums Leben. Wie viele Opfer die Kämpfe am Boden zwischen Rebellen und Gaddafi-Anhängern forderten, ist bislang unklar - es dürften Zehntausende sein.

Zweifelsohne sei die NATO-Mission in Libyen ein militärischer Erfolg, sagt Thomas Jäger, Professor für internationale Politik an der Universität Köln. "Politisch sieht das allerdings ganz anders aus", so Jäger. "Die Libyen-Resolution hat einen tiefen Riss verursacht zwischen den Befürwortern Großbritannien, Frankreich und den USA und denjenigen, die sich enthalten haben wie China, Indien, Russland, Brasilien und auch Deutschland." Obendrein habe sich die Europäische Union blamiert, da sie nicht mit einer Stimme gesprochen habe. "Die EU war nicht in der Lage, mit diesem Konflikt vor ihrer eigenen Haustür umzugehen." Das Fazit des Politologen: "Der Einsatz hatte einen hohen diplomatischen Preis."

UN-Mandat überdehnt?

Prof. Thomas Jäger, Lehstuhl für internationale Politik, Universität Köln (Foto: Thomas Jäger)
Prof. Thomas Jäger, Lehrstuhl für internationale Politik, Universität KölnBild: privat

Auch die NATO dürfte den Einsatz nicht als Modell für die Zukunft betrachten. Denn klar ist, dass nicht alle Missionen mit vergleichsweise geringem Risiko ausschließlich aus der Luft geführt und ohne Bodentruppen beendet werden können. Nach Ansicht des ehemaligen US-Verteidigungsministers Robert Gates hat der Libyen-Einsatz vor allem die Probleme der NATO sichtbar gemacht. Es gebe jene NATO-Staaten, die die Lasten und Risiken von Einsätzen trügen, und andererseits "jene, die die Vorteile des Bündnisses nutzen, die Risiken aber nicht tragen mögen".

Der Politologe Thomas Jäger sieht in dem NATO-Einsatz in Libyen ein weiteres Problem: Das Militärbündnis habe das Mandat der Vereinten Nationen überdehnt. Die UN-Resolution 1973 erlaubte "alle nötigen Maßnahmen" zum Schutz der libyschen Zivilbevölkerung vor Übergriffen der Truppen von Machthaber Muammar al-Gaddafi. Das offenbar wichtigere Ziel des Einsatzes konnte man allerdings am 15. April in einem Artikel lesen, den die britische "Times", der französische "Figaro" und die amerikanische "Washington Post" abdruckten. Die Autoren: US-Präsident Barack Obama, der französische Präsident Nicolas Sarkozy und der britische Premierminister David Cameron. "Gaddafi must go and go for good", hieß es da, also: "Gaddafi muss gehen und zwar für immer". Damit sei ein Kriegsziel formuliert worden, das so nicht in der UN-Resolution gestanden habe, sagt der Politologe Jäger.

Dass Deutschland sich an dem Militäreinsatz in Libyen nicht beteiligt hat, findet Thomas Jäger "inhaltlich berechtigt". Es sei keineswegs klar gewesen, dass der Einsatz für das Militärbündnis so glimpflich abläuft. Für die NATO sei in Libyen "das beste Szenario Realität geworden".

Autorin: Miriam Klaussner

Redaktion: Monika Dittrich