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Mit Bomben gegen die Atombombe?

6. November 2011

Angeblich gibt es neue Beweise dafür, dass der Iran Atombomben entwickelt. "Frei erfunden", heißt es dazu aus Teheran. Doch dieses Dementi glaubt vor allem Israel nicht. Rückt ein Militärschlag gegen den Iran näher?

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Flaggen von Israel und Iran mit Atom-Logo (Foto: AP)
Bild: AP

Ein noch unveröffentlichter Bericht der in Wien ansässigen Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) soll brisante Neuigkeiten über das iranische Atomprogramm enthalten: Kommende Woche kämen neue Geheimdienstinformationen ans Licht, heißt es. Das Material soll unter anderem Hinweise darauf geben, dass der Iran ein Computermodell eines Atomsprengkopfs entwickelt hat. Auf einer Satellitenaufnahme sei außerdem ein Stahlkörper zu sehen, in dem hochexplosiver Sprengstoff beispielsweise zur Zündung von Atombomben getestet werden könne, sagte ein Diplomat in Wien, der namentlich nicht genannt werden wollte.

"Extrem vorsichtig"

IAEA-Hauptquartier in Wien (Foto: AP)
Sitz der IAEA in WienBild: AP

Allerdings gestatteten auch die neuen Details noch keine abschließende Schlussfolgerung über das Ziel des iranischen Atomprogramms, betonte der Diplomat: "Angesichts früherer Erfahrungen mit dem Irak ist die IAEA extrem vorsichtig hinsichtlich der Informationen, die sie in ihre Berichte aufnimmt, weil falsche Angaben benutzt wurden, um militärische Aktionen zu rechtfertigen. Die USA hatten ihren Krieg gegen den Irak unter anderem mit dessen angeblichen Massenvernichtungswaffen begründet. Solche Waffen wurden im Irak aber nie gefunden.

Der Iran beteuerte abermals, dass sein Atomprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken diene. Anschuldigungen, die sich in der Vergangenheit bereits als falsch erwiesen hätten, würden nun wieder hervorgeholt, erklärte Außenminister Ali Akbar Salehi. Dabei warf er der IAEA vor, gegen ihre politische Unabhängigkeit zu verstoßen und auf Druck der USA Vorwürfe gegen den Iran zu erheben. Der Westen und auch Israel vermuten schon seit langem, dass Teheran unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms auch Atombomben entwickelt.

Israel schlägt Alarm

Schimon Peres (Foto: AP)
Schimon PeresBild: AP

Derweil heizte der israelische Staatspräsident Schimon Peres die Debatte über einen möglichen Militärschlag gegen das iranische Atomprogramm weiter an. In einem Fernsehinterview antwortete Peres auf die Frage, ob sich die Situation eher in Richtung auf eine militärische Konfrontation statt auf eine diplomatische Lösung zu bewege: "Ich glaube, ja. Die Geheimdienste vieler Länder sehen die Uhr ticken und warnen ihre Regierungen, dass es nicht mehr viel Zeit gibt." Der Iran könne schon in sechs Monaten eine Atombombe haben, meint der Friedensnobelpreisträger von 1994. Die Welt sei nun gegenüber Israel in der Pflicht, die iranischen Atombestrebungen notfalls auch militärisch zu stoppen, so Peres.

In Israel wird schon seit mehr als einer Woche eine intensive Debatte über das Für und Wider eines Militärschlags gegen den Iran diskutiert. Die Bevölkerung ist einer Umfrage zufolge gespalten. Die Angst, dass der Israel extrem feindlich eingestellte Iran in den Besitz von Atomwaffen gelangen könnte, hält sich die Waage mit den unkontrollierbaren Folgen eines militärischen Vorgehens, das einen Flächenbrand in der gesamten Region auslösen könnte. Schließlich hat Teheran für den Fall eines Angriffs eine "apokalyptische" Antwort angedroht. Nicht zuletzt wohl auch deshalb setzt der Westen vorerst weiter auf diplomatischem Druck und Sanktionen gegen Teheran.

Autor: Christian Walz (dapd, dpa, rtr)
Redaktion: Walter Lausch