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Mit Eurokritik fast in den Bundestag

Carla Bleiker 23. September 2013

Die "Alternative für Deutschland" (AfD) hätte es mit ihrer Anti-Euro-Politik fast in den Deutschen Bundestag geschafft. Die Partei scheiterte nur knapp an der Fünf-Prozent-Hürde. Sie wertet den Ausgang als Erfolg.

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Der AfD-Spitzenkandidat Bernd Lucke (Foto: Reuters)
Strahlender Verlierer: AfD-Spitzenkandidat Bernd LuckeBild: Reuters

Der Zusammenschluss aus Konservativen und Wirtschaftsliberalen ist als "Anti-Euro-Partei" bekannt, weil er die "geordnete Auflösung" der Euro-Zone fordert. "Tagesschau.de" nennt die Partei auch "eine Art deutsche Tea Party", in Bezug auf die erzkonservative Splittergruppe der US-Republikaner.

Obwohl die AfD erst zu Beginn dieses Jahres gegründet wurde, hat sie bereits 16.000 Mitglieder. "Das ist eindrucksvoll und schon etwas Besonderes", sagt der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel. Im Vergleich: Die liberale FDP und Bündnis 90/ Die Grünen haben je rund 60.000 Mitglieder. Auch auf Facebook ist die Partei erfolgreich. Fast 74.500 Menschen hatten zwei Tage vor der Wahl "Gefällt mir" auf der Seite der AfD geklickt. Das sind mehr Fans als CDU oder SPD in dem sozialen Netzwerk haben.

Einer der Gründe für den großen Zulauf ist, dass viele Deutsche offenbar mit der Euro-Rettungspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht zufrieden sind. In einer Umfrage des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" von 2012 sagten 54 Prozent der Befragten, sie sähen kaum noch einen Sinn darin, weitere Milliarden in die Euro-Rettung zu stecken.

Konservatives Führungspersonal

Diesen Menschen möchte die AfD eine Stimme geben, sagt Gründungsmitglied Konrad Adam. "Alle Bundestagsparteien sind in der Frage der Eurorettung letztlich einer Meinung, sie unterscheiden sich nur darin, wie viel Geld wann ausgezahlt werden soll", so der ehemalige Politikredakteur der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" im DW-Interview. "Der Euro gilt als heilig, und wer in der Bevölkerung einer anderen Meinung ist, wird als Populist abgetan oder geschmäht. Das ist nicht richtig." Konrad ist einer von drei Parteisprechern. Die anderen beiden sind die Chemikerin Frauke Petry und das ehemalige CDU-Mitglied Bernd Lucke, Spitzenkandidat der AfD für die Bundestagswahl. Auch Wirtschaftsgrößen wie Hans-Olaf Henkel, ehemaliger Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, unterstützen die regierungskritische Partei.

Der Publizist und Journalist Konrad Adam auf der Frankfurter Buchmesse (Foto: pciture alliance / M. C. Hurek)
Konrad Adam, Alternative für DeutschlandBild: picture alliance / Markus C. Hurek

Gegen den Euro, für ein einiges Europa

Die Kernforderung der AfD ist die Auflösung der Euro-Zone. Die wirtschaftsliberalen Politiker können sich vorstellen, dass die Länder der Eurozone entweder zu nationalen Währungen wie der Deutschen Mark, dem französischen Franc und der griechischen Drachme zurückkehren - oder kleinere Währungsverbünde schaffen. Konrad Adam sprach beispielsweise von einer möglichen Teilung in Nord- und Süd-Euro.

Wolfgang Schäuble (CDU) hält gar nichts von einer Rückkehr zu nationalen Währungen und zeigt kein Verständnis für die Politik der AfD. "Ich habe für diese Leute nichts übrig, die offenbar tief in der Vergangenheit verfangen sind", sagte der Bundesfinanzminister dem Onlinemagazin "ZEIT online" und fügte hinzu, die AfD schüre Ängste vor Europa.

Bernd Lucke betont hingegen, dass seine Partei nur den Euro, aber nicht die europäische Einigung abschaffen möchte. Der Professor für Volkswirtschaft an der Universität Hamburg meint: Ein Ende der gemeinsamen Währung sei das Beste, was Europa passieren könne. "Wir haben die Befürchtung, dass Europa nicht etwa vom Euro profitiert, sondern durch den Euro schleichend zerstört wird", so Lucke im Gespräch mit der DW.

Einwanderung nur für qualifiziertes Fachpersonal

In den letzten Wochen vor der Wahl hatte die AfD noch einmal gezeigt, dass sie keine Ein-Thema-Partei sein möchte. Bernd Lucke sprach auf einer Wahlkampfveranstaltung im September auch länger über Einwanderung. Ausländer, die ohne Deutschkenntnisse und ohne ausreichende Bildung einwandern wollten, dürfe man nicht nach Deutschland hinein lassen, so der Politiker laut "sueddeutsche.de". Das sei auch zu ihrem eigenen Schutz, denn in der Bundesrepublik würden sie nur von Hartz IV leben. "Dann bilden sie eine Art sozialen Bodensatz - einen Bodensatz, der lebenslang in unseren Sozialsystemen verharrt", erklärte Lucke auf der Veranstaltung. In ihrem Wahlprogramm fordert die AfD: "Eine ungeordnete Zuwanderung in unsere Sozialsysteme muss unbedingt unterbunden werden."

Nach solchen Äußerungen musste sich die AfD zuletzt gegen Vorwürfe wehren, die Partei würde Rechtsradikale anziehen. Lucke betonte laut "tagesschau.de", dass seine Partei keine ehemaligen Mitglieder der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) aufnehme.

Prof. Dr. Rudolf Hickel, Universität Bremen (Foto: Universität Bremen) Angeliefert durch: Zhang Danhong
Rudolf HickelBild: Universität Bremen

"Es gibt viele Gerüchte, dass Rechtsnationale versuchen, die AfD zu unterlaufen", sagt Rudolf Hickel der DW. "Ich glaube, dass die AfD immer wieder darauf hinweisen wird, dass sie diese rechtsradikale Unterwanderung ablehnt, aber entscheidend ist doch, dass sie nicht massiv dagegen vorgeht."