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Mit gutem Beispiel voran

Marc Koch10. Juli 2002

Ein neues Programm gegen die Ausbreitung von Aids bricht sich Bahn. Das Know-How kommt aus Deutschland. Das Konzept "Knowledge Protects" und Schnelltests können vor allem in Afrika und Asien eine Waffe gegen Aids sein.

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Bisher mussten HIV-Tests ins LaborBild: AP
Vor Ort können innerhalb von zehn Minuten drei Tests - ein Suchtest und zwei Bestätigungstests - durchgeführt werden, unabhängig von großen zentralen Labors. Entwickelt wurden Konzept und Test von dem deutsch-amerikanischen Institut Gaifar in Potsdam.

Hauptgedanke dabei ist, dass nur derjenige, der weiß, ob er infiziert ist, sich auch entsprechend schützen kann. Da Aids aber meist ein Tabu-Thema ist, ist die Durchführung der Tests oft schwierig. Bisher haben die in Afrika zum Teil noch sehr einflussreichen traditionellen Herrscher die Gefahr von HIV/Aids entweder ignoriert oder vorsichtige Lippenbekenntnisse ausgesprochen. Einen Durchbruch für das neue Testverfahren konnte Gaifar aber in Ghana erreichen, wo sich erstmals ein König bei einem offiziellen Hof-Zeremoniell testen ließ.

Vorbild wirkt

Nana Ofori Panin II. hat zwei Millionen Untertanen vom Stamm der Akyem im Abuakwa in Ghana unter sich. Nachdem er "Knowledge protects" ("Wissen schützt") gelesen hatte, ließ er sich bei einer Ratsversammlung mit anwesenden Regionalfürsten öffentlich testen. Das Ergebnis war negativ.

Das hatte wiederum positive Auswirkungen. Der Biologe Vincent Wong, dessen Potsdamer Labor einen neuen Schnelltest entwickelt hat, kam mit dem Blutabnehmen kaum noch hinterher. Panins Regionalfürsten haben sich alle öffentlich testen lassen.

Wie der König in seiner Rede sagte, ein Test verändert das Leben der Person, die nun, oft nach Jahren der Angst und Unsicherheit, schließlich Gewissheit über den HIV-Status hat. Auch derjenige, der nun weiß, dass er HIV-infiziert ist, kann vermeiden, andere unwissentlich zu infizieren, und er kann zumindest versuchen, den Fortschritt der Krankheit zu verlangsamen. Die Chiefs wussten natürlich, dass sie bei dem öffentlichen Test auch ein Risiko eingehen. Aber, so Wong, keiner hätte sich geschämt, sonst hätten sie sich nicht dem Risiko eines öffentlichen Tests ausgesetzt.

Ein medizinischer Feldzug

Eine kleine Lawine kam ins Rollen: In nur zwei Tagen wurden 700 Leute getestet. Das schaffen die wenigen afrikanischen Labors normalerweise in einem Jahr. Noch wichtiger ist aber, dass der König als erster traditioneller Herrscher in Afrika etwas gegen Aids unternimmt. Meistens wird das Thema tod geschwiegen.

Jetzt will der König weitermachen. Bis 2005 sollen fast eine halbe Million Menschen getestet werden. Die simple Theorie hinter dem komplizierten Verfahren lautet: Wenn die Leute wissen, dass sie gesund sind, passen sie besser auf sich auf. Wissen schützt, heißt dieses Programm, und nur so, glauben Wissenschaftler und die Weltbank, die das Projekt unterstützt, lässt sich der gefürchtete Domino-Effekt verhindern: die rasende Ausbreitung des Virus.

Chancen und Probleme

Im Reich von König Panin jedenfalls liegt die Infektionsrate bei knapp drei Prozent, und sie wird auch nicht steigen, wenn in jedem Dorf unter der Palme getestet werden kann und das Ergebnis in Sekundenschnelle da ist, glaubt Vincent Wong. "Man kann in 30 Sekunden bis eine Minute wissen, ob man positiv oder negativ ist. Wenn man negativ ist, dann ist das okay. Wenn man positiv ist, muss man einen Bestätigungstest machen."

Die neue Methode gilt als ziemlich zuverlässig, aber sie ist nicht umsonst. Natürlich will die Firma aus Potsdam Geld damit verdienen. Der Schnelltest kostet vier Dollar pro Person. Für die meisten Afrikaner ist das immer noch viel zu teuer. Aber, so Vincent Wong, dann müsse das Geld von anderen Quellen kommen, zum Beispiel von der Gates-Foundation, der UN oder der USA oder der EU.