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Mit Humboldt forschen Chinesen in der Ferne

Phyllis Kuhn22. März 2012

Deutschland als Karrieresprungbrett: Für Stipendiaten der Humboldt Stiftung geht dieser Traum häufig in Erfüllung, so auch für über 1700 Wissenschaftler aus China in den letzten 30 Jahren.

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Fünf chinesische Austauschwissenschaftler nehmen an einem Vortrag teil (Foto: Alexander von Humboldt-Stiftung)
Bild: Alexander von Humboldt-Stiftung/ M.Jordan

Was haben der Vizepräsident des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses in China, der Rektor des Beijing Institute of Technology und der Rektor der Shanghaier Jiaotong University gemeinsam? Lu Yongxiang, Hu Haiyan und Zhang Jie haben in den 80er und 90er Jahren an deutschen Forschungseinrichtungen gearbeitet und sprechen teilweise immer noch die deutsche Sprache, mit Förderung der deutschen Alexander von Humboldt-Stiftung.

Auch heute entscheiden sich viele Chinesen für einen Forschungsaufenthalt in Deutschland. Stiftungen wie die Alexander von Humboldt-Stiftung ermöglichen ausländischen Forschern mit Stipendien und Preisen wissenschaftliche Aufenthalte in Deutschland. Die Alexander von Humboldt-Stiftung fördert seit 1953 weltweit mehr als 25.000 angehende und erfahrene Forscher aus 135 Ländern. 1700 Wissenschafter aus dem Reich der Mitte durften seit Anfang der 80er Jahre mit einem Humboldt-Stipendium ihren Forschungsaufenthalt in Deutschland finanzieren. Ihr Anteil wächst jedes Jahr: Mittlerweile kommt jeder sechste Stipendiat der Humboldt-Stiftung aus China.

Forscher fördern Forscher

Klaus Manderla, Leiter des Asien-Referats der Stiftung, sieht für den China-Boom in der Wissenschaft vor allem drei Gründe: den wirtschaftlichen Aufstiegs Chinas, den damit verbundenen starken Anstieg der Anzahl an qualifizierten Forschern und das Renommee des Forschungsstandorts Deutschland. "Deutschland hat nach wie vor einen ausgezeichneten Ruf im Bereich Wissenschaft und Technologie", so Mandela, "die einmal von uns Geförderten sind Multiplikatoren für die Humboldt-Stiftung und für den Wissenschaftsstandort Deutschland. So informieren sie auch ihren Nachwuchs über diese Möglichkeiten."

Petrischale (Foto: dpa)
Deutschland, ein angesehener ForschungsstandortBild: picture-alliance/dpa

Eine kürzlich veröffentlichte Evaluation der Stiftung zeigte, dass ein Forschungsaufenthalt im Ausland als Karrieresprungbrett dienen kann. Über 80 Prozent der Wissenschaftler, die vor 20 Jahren ihr Stipendium erhielten, wurden Universitätsprofessor. Und auch die neue Generation von jungen Forschern aus dem Ausland ist auf dem besten Weg, Karriere zu machen.

Eine von ihnen ist Yijing Wang. Mit Hilfe des sogenannten "Bundeskanzler-Stipedium für künftige Führungskräfte" der Humboldt-Stiftung kam sie im Sommer 2010 nach Deutschland. Ihr Forschungsgebiet war Fusionen und Übernahmen chinesischer und deutscher Unternehmen. Heute arbeitet sie im Consulting-Bereich der Deutschen Post in Bonn. Neben ihrer Muttersprache Chinesisch spricht sie fließend Deutsch und Englisch. In ein oder zwei Jahren wolle sie nach China zurückkehren, sagt Wang. Für die Zeit danach könne sie sich sehr gut vorstellen, für deutsche Firmen in China zu arbeiten. Sie ist fest davon überzeugt, dass ihr das Humboldt-Stipendium zu dem Job bei der Deutschen Post verholfen hat.

Frauen in der Minderheit

Doch nicht nur ihr Karriereweg macht sie zu etwas Besonderem: Yijing Wang ist eine der wenigen chinesischen Frauen, die sich in den letzten Jahren für einen Forschungsaufenthalt für ein Jahr oder länger entschlossen haben. Einen Grund für die geringe Anzahl chinesischer Stipendiatinnen sieht sie in der chinesischen Kultur: "Das Bundeskanzler-Stipendium unterstützt in der Regel zukünftige Führungskräfte unter 35 Jahren. Normalerweise haben in diesem Alter aber viele chinesische Frauen schon Familien und es ist für sie schwer, ein Jahr im Ausland zu forschen. Es liegt in der chinesischen Kultur und Tradition, dass die Männer Karriere machen und die Frauen zu Hause bleiben. Aber inzwischen ändert sich diese Tradition langsam."

Die Humboldt-Stiftung wolle den Frauenanteil erhöhen, betont Manderla. Verschiedene Maßnahmen seien bereits ergriffen. Aber eine feste Frauenquote werde nicht eingeführt. "Die geringe Anzahl von geförderten Frauen liegt aber nicht an dem Auswahlverfahren, sondern daran, dass sich kaum Forscherinnen bei uns bewerben." Das einzige Auswahlkriterium sei die wissenschaftliche Qualifikation. Und die muss nachgewiesen werden - "durch Fachveröffentlichungen, Forschungsplan, der natürlich aktuell und originell sein muss, und durch Referenzen, die uns mitgeschickt werden."

Yijing Wang (Foto: DW)
Yijing WangBild: DW

Wang hatte das Auswahlverfahren vor eineinhalb Jahren bestanden. Sie sieht die Zukunft chinesischer Forscherinnen in Deutschland optimistisch. "In diesem Jahrgang sind unter den chinesischen Bundeskanzler-Stipendiaten mehr als die Hälfte Frauen."