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"Knallgrüner" Wahlkampf

Bettina Marx9. Februar 2014

Mit 26 Kandidaten starten die Grünen in den Europawahlkampf. Ihr Ziel ist ein zweistelliges Ergebnis. An der Spitze der Liste steht Rebecca Harms. Sie wurde vom Parteitag mit großer Mehrheit nominiert.

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Slogan auf dem Bundesparteitag der Grünen in Dresden (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

"Wir sind auf einem guten Weg", so bilanzierte die ehemalige Grünen-Vorsitzende Claudia Roth den dreitägigen Parteitag der Grünen in Dresden. Die Partei ziehe mit einem ambitionierten Wahlprogramm und einer bunten und vielfältigen Liste in die Europawahl, sagte sie der "Deutschen Welle".

Die langjährige Parteichefin hatte ihr Amt nach der Bundestagswahl niedergelegt, bei der die Grünen weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben waren. Zum ersten Mal seit Jahren saß Roth in der Messehalle in Dresden daher nicht mehr auf dem Podium, sondern zwischen den Delegierten ihres bayerischen Landesverbandes. Doch Resignation ist bei ihr nicht zu spüren.

Die Grünen seien nicht in der großen Krise, die überall beschrieben worden sei, betonte sie. Sie seien eine eindeutig pro-europäische Partei, die bei der Europawahl mit einem klaren Profil gegen populistische und europafeindliche Parteien antrete. "Es muss deutlich werden, dass Deutschland von der europäischen Integration profitiert, dass gerade Deutschland die größten Vorteile hat", sagte sie. Europapolitik werde immer mehr zur Innenpolitik und spiele daher eine immer größere Rolle. Für die Auseinandersetzungen der kommenden Wochen sieht sie eine klare Fragestellung: "Es geht darum, ob wir eine Renaissance des Nationalstaats in einer globalen Welt wollen oder ob wir auf die Europäisierung von Politik setzen." Die Grünen jedenfalls plädierten für mehr Europa.

Spannende Kandidatenwahl

Viele Stunden dauerte die Wahl der Kandidaten für die Liste, mit der die Partei zur Europawahl antritt. Jeder Platz wurde einzeln abgestimmt, jeder Kandidat ausführlich befragt. Nur die Wahl der Spitzenkandidaten aber sorgte für Spannung und Stimmung in der Dresdener Messehalle.

Das Spitzenquartett der Grünen für die Europawahl: Bütikofer, Keller, Harms und Giegold (v.l.) (Foto. dpa)
Das Spitzenquartett der Grünen für die Europawahl: Bütikofer, Keller, Harms und Giegold (v.l.)Bild: picture-alliance/dpa

Denn um Platz 1 hatten sich die Fraktionsvorsitzende im Europa-Parlament, Rebecca Harms, und die junge Europa-Abgeordnete Franziska Keller, genannt Ska, beworben. Das Duell zwischen den beiden Frauen beherrschte die ersten beiden Tage des Parteitags und wurde zu einem Duell zwischen den Generationen. Die 57-jährige Harms, seit Jahrzehnten Atomkraftgegnerin und profilierte Grünenpolitikerin aus Niedersachsen, überzeugte die Delegierten mit einer mitreißenden und engagierten Rede. "Mir ist sehr bewusst, dass ich schon weit über 30 bin, aber ich bin immer noch die Gorleben-Aktivistin und ich will immer noch die Welt verändern", rief sie zum Abschluss.

Ihre 32-jährige Herausforderin wurde anschließend auf den dritten Listenplatz gewählt. Sie hatte im Januar eine umstrittene Online-Abstimmung um die Spitzenkandidatur der gemeinsamen europäischen Liste gewonnen und daraufhin auch den ersten Platz auf der Liste von Bündnis 90/Die Grünen für sich beansprucht.

Bunte Liste statt Verjüngung

Für die Europawahl treten die Grünen nun mit einem Mix der Generationen an. Auf Platz 2 wurde der 44-jährige Finanzexperte und Globalisierungsgegner Sven Giegold gewählt, auf Platz vier tritt der erfahrene 61-jährige Europapolitiker Reinhard Bütikofer an. Auch der Datenschutzexperte Jan-Philipp Albrecht (31) und die Menschenrechtsexpertin Barbara Lochbihler (54), die bereits im Europaparlament sind, landeten wieder auf aussichtsreichen Plätzen.

Zum ersten Mal wurde auch mit dem pfälzischen Sinto Romeo Franz auch ein Vertreter von Sinti und Roma aufgestellt. Sollte er gewählt werden, wolle er sich vor allem für die Rechte von Minderheiten in Europa einsetzen, sagte er der "Deutschen Welle". Viele Roma aus Südosteuropa würden in ihren Heimatländern ausgegrenzt und vernachlässigt. Die Grünen seien die einzige europäische Partei, die sich von jeher für Minderheitenrechte eingesetzt habe.

Der Sinto Romeo Franz aus Ludwigshafen auf dem Bundesparteitag der Grünen in Dresden Foto: DW
Will für die Grünen ins Europaparlament: Romeo FranzBild: DW/B. Marx

Parteitag ohne Höhepunkte

Bei der Debatte um das Europawahlprogramm setzte sich der gemäßigte Flügel durch. So wurde die Forderung zurückgewiesen, die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen mit den USA abzubrechen. Stattdessen sprach sich der Parteitag dafür aus, die Verhandlungen nur vorläufig auszusetzen und neu zu beginnen. Ansonsten blieben die Debatten ohne große Kontroversen. Energiewende und Klimaschutz, Menschenrechte und Migration waren die bekannten Themen, die von fast allen Rednern vorgetragen wurden.