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Mit neuer Therapie gegen Malaria

Gudrun Heise
25. April 2020

Artemisinin gilt seit Jahrzehnten als wichtigstes Malaria-Medikament, aber Erreger entwickeln immer häufiger Resistenzen. Jetzt müssen dringend neue Therapien her. Die Zeit drängt.

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Eine Ärztin testet ein Kind auf eine mögliche Malaria-Infektion
Bild: Emmanuel Baah

Alle zwei Minuten stirbt ein Kind an Malaria, die meisten von ihnen in Afrika. Gerade für Kinder ist eine wirksame und sichere Malariatherapie lebensnotwendig. Zwei Drittel der 400.000 Todesfälle pro Jahr betreffen Kinder, die jünger als fünf Jahre sind.

Im Gegensatz zu Erwachsenen haben Kinder noch keine Immunität gegen die Malariaparasiten aufgebaut, sagt Professor Jürgen May. "Wenn dann die vorhandenen Therapiemöglichkeiten nicht greifen, endet eine schwere Malariainfektion oft tödlich", sagt der Leiter der Abteilung Infektionsepidemiologie am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg. 

Resistenzen zuvorkommen

Entwickeln die Krankheitserreger Resistenzen gegen ein Medikament, verliert dieses an Wirkung. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit, denn die Malariaerreger können sich schnell anpassen. Und so versuchen Wissenschaftler der Bildung von möglichen Resistenzen immer einige Schritte voraus zu sein.

Die Hamburger Forscher führen eine großangelegte Behandlungsstudie in Ghana durch, bei der drei Malariamedikamente gleichzeitig gegeben werden. Denn das Risiko ist gering, dass die Erreger gegen alle Substanzen gleichzeitig Resistenzen entwickeln. An der Studie beteiligt ist unter anderen auch das Kumasi Centre for Collaborative Research (KCCR) in Ghana. 

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Ein Arzt untersucht ein Kind auf Malaria-Parasiten.
Kinder unter fünf Jahren sind am stärksten durch Malaria gefährdet. Bild: BNITM/Wiebke Loag

Neue Kombinationstherapien

Die Zeit drängt, denn je mehr Medikamenten-Resistenzen sich entwickeln umso geringer die Chancen, Malaria etwas entgegenzusetzen. Der gefährlichste Malaria-Erreger ist Plasmodium falciparum.

Bislang konnte dieser Parasit erfolgreich mit Artemisininen behandelt werden. Durch die Resistenzen aber besteht die Gefahr, dass das Medikament nicht mehr hilft. "Um Artemisinine weiterhin erfolgreich einsetzen zu können, müssen wir dringend Kombinationstherapien mit drei oder mehr Partnersubstanzen entwickeln, um die Entstehung von Resistenzen herauszuschieben oder sogar zu verhindern", erläutert Professor Michael Ramharter vom BNITM.

Internationales Projekt

Die Forscher testen jetzt eine Dreifachkombination aus den folgenden Bestandteilen: Artesunate und Amodiaquine (ASAQ), das chemisch und pharmakologisch dem Chloroquin ähnelt, und Atovaquone-Proguanil (AP).  "Eine Therapie mit ASAQ ist in Afrika bereits gut etabliert. Das Medikament ist zurzeit noch gut wirksam und zeigt kaum Nebenwirkungen. Wir müssen unbedingt einer Resistenzbildung gegen dieses bewährte Mittel vorbeugen, damit wir ASAQ noch viele weitere Jahre einsetzen können", erläutert Jürgen May, "daher wird noch die dritte Substanz dazugegeben". In drei afrikanischen Ländern wird die neue Kombinationstherapie getestet. 

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Malaria-Spürhund Sally

Altbewährter Wirkstoff

Nach wie vor sind Artemisinine die effizientesten Substanzen gegen die Malaria und daher die erste Wahl gegen die Tropenkrankheit. 1972 isolierte die chinesische Chemikerin und Pharmazeutin Tu Youyou den sekundären Pflanzenstoff Artemisinin aus dem Einjährigen Beifuß.  

Für ihre Arbeit erhielt die Wissenschaftlerin 2015 den Medizin-Nobelpreis. 

Mögliche Ursachen der Resistenz

Verantwortlich für die Artemisinin-Resistenz sind Mutationen in der sogenannten Propellerdomäne eines Gens des Parasiten, dem sogenannten Kelch-13-Gen. Dr. Tobias Spielmann vom BNITM hatte Anfang des Jahres in einem aufsehenerregenden Artikel in der Fachzeitschrift Science den Mechanismus der Resistenz aufgedeckt.

Eine zentrale Rolle spielt das Bluteiweiß Haemoglobin. Der Wissenschaftler erläutert: "Zum einen muss der Parasit trotz verringerter Hämoglobinaufnahme noch genügend Nahrung zu sich nehmen, um zu überleben, zum anderen darf er gerade nur so viel Hämoglobin aufnehmen, dass Artemisinin nicht mehr ausreichend aktiviert wird." Die neuen Erkenntnisse können helfen, verbesserte Malariamedikamente zu entwickeln, um der zunehmenden Artemisinin-Resistenz zu begegnen. 

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