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Brautmode aus Duisburg

31. August 2010

Mitten im Ruhrgebiet hat sich ein früherer Problemstadtteil zu einer Top-Adresse für türkische Brautmoden entwickelt. Brautpaare fahren zum Hochzeitsshopping nach Duisburg-Marxloh und lassen den Stadtteil boomen.

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Anprobe eines Brautkleids im vor einem Spielgel (Foto: DW / Sola Hülsewig)
Bild: DW

Die junge Frau steckt in einem langen rosa Kleid. Es liegt eng am Körper an, nur um die Waden herum wird es ausladend. Dilan und ihre Schwägerin begutachten das Modell kritisch. Seit Stunden sind die drei in Duisburg-Marxloh unterwegs, um sich neu einzukleiden: Dilans Cousin heiratet in drei Wochen. Die 18-jährige Schülerin ist das Hochzeits-Shopping mittlerweile gewöhnt: "Ich habe ziemlich viele Cousins und seit einiger Zeit heiratet fast jedes Jahr einer." Und immer geht es dafür nach Marxloh.

Tolle Auswahl

Dilan Seva berät ihre zukünftige Schwägerin (Foto: DW / Sola Hülsewig)
Dilan Seva begleitet ihre zukünftige SchwägerinBild: DW

Die Auswahl an türkischen Braut – und Abendkleidern auf engstem Raum ist nirgendwo in Deutschland so groß. Juweliere mit glitzerndem Goldschmuck in der Auslage, Friseure, Blumenläden: alles was man für eine orientalische Hochzeit braucht, liegt ein paar Schritte entfernt.

Und mit der Hochzeit alleine ist es in türkischen Familien nicht getan, erklärt Dilan: Verlobung, standesamtliche Trauung, Polterabend – zu zwei Festen im selben Kleid zu erscheinen, ist für die meisten Türkinnen nicht drin. Für ein Kleid gibt die Schülerin zwischen 200 und 500 Euro aus – dazu kommen Schuhe, Jäckchen, Schminke und die Hochsteckfrisur.

Lukratives Hochzeitsgeschäft

Juweliergeschäft Türkische Brautmoden in Duisburg-Marxloh (Foto: DW / Sola Hülsewig)
JuweliergeschäftBild: DW

Der 32-Jährige Aykut Yildirim ist Mitglied im Verein türkischer Geschäftsleute in Duisburg und Umgebung tiad. Zudem leitet er das Projekt "Internationales Handelszentrum", bei dem Marxloh gezielt aufgewertet und gefördert wird. "Der Trend, dass die heiratswilligen Menschen nach Istanbul fliegen und einkaufen ist in den letzten 3, 4 Jahren deutlich zurück gegangen", sagt Yildirim. "Die kaufen hier ein, lassen ihr Geld hier und die Geschäftsleute zahlen hier Steuern." Dass das Hochzeitsgeschäft hier boomt, ist auch diversen Marketingaktionen zu verdanken. Aykut Yildirim und seine Kollegen haben gezielt Werbung für Marxloh als Top-Adresse fürs Hochzeitsshopping gemacht. Der Plan ging auf: Marxloh hat sich zum Vorzeigestadtteil entpuppt. Wo noch vor wenigen Jahren die Ladenlokale leer standen, brummt jetzt das Leben. Zwei Drittel der Kunden reisten von außerhalb Duisburgs an, sagt Yildirim, fast ein Drittel sogar aus dem Ausland.

Nächstes Ziel: mehr deutsche Kunden

Verschiedene Brautkleid-Modelle auf Kleiderpuppen(Foto: DW / Sola Hülsewig)
Unwiderstehlich schönBild: DW

Als nächstes will der 32-Jährige mehr deutsche Heiratswillige für Marxloh begeistern. In Seminaren werden Ladenbesitzer zum Beispiel darin geschult, wie der deutsche Kunde gerne bedient werden will. Da gibt es nämlich Unterschiede zur orientalischen Klientel. Leyla Çobanoglu arbeitet im Laden ihres Vaters und beobachtet gerne das Kaufverhalten der Besucher: "Die Deutschen sind schneller", sagt sie, "die gucken erst mal, probieren ein Kleid an und wenn es ihnen gefallen hat rufen sie am nächsten Tag an und lassen es zurücklegen."

Die Türken dagegen lassen sich mehrere Kleider bringen und erwarten ausgiebige Beratung vom Verkäufer, sagt Leyla. "Die kommen in das Geschäft mit ihrer ganzen Familie und bleiben locker zwei Stunden in diesem Laden."

Strukturwandel überwunden

Auch wenn in Marxloh die Arbeitslosigkeit immer noch hoch ist, der Strukturwandel sei hier überwunden, sagt Aykut Yildirim. Anders als in vielen Regionen des Ruhrgebiets. Und es geht weiter nach vorne: Die Läden seien in der letzten Zeit schicker geworden, Designer-Kleider aus Frankreich, Italien oder den USA lockten spendablere Kunden an, so Yildirim.

Autorin: Sola Hülsewig

Redaktion: Gudrun Stegen