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Mit Wachstum aus der Krise

Bettina Marx15. Mai 2012

Mit mehr Wachstum will die SPD Europa aus der Krise führen. In Berlin stellte die sogenannte "Troika" Gabriel, Steinmeier und Steinbrück ihr Konzept zum Abbau der Schulden vor.

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Der Bundesvorsitzende der SPD Sigmar Gabriel (r.), der Fraktionsvorsitzende der SPD im Deutschen Bundestag, Frank-Walter Steinmeier (l.), und der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück am Dienstag (15.05.12) in der Bundespressekonferenz in Berlin bei einer Pressekonferenz zur Vorstellung des SPD-Positionspapiers "Der Weg aus der Krise - Wachstum und Beschäftigung in Europa". (Foto: dapd)
Bild: dapd

Kurz vor dem Antrittsbesuch des französischen Präsidenten in Berlin haben Spitzenpolitiker der SPD die Bundesregierung wegen ihrer Finanz- und Europapolitik scharf angegriffen. Die von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem abgewählten französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy betriebene Europapolitik sei auf ganzer Strecke gescheitert, sagte Parteichef Sigmar Gabriel in Berlin. Statt weniger würden in Europa heute mehr Schulden gemacht und dafür trage das Gespann Merkel/Sarkozy die Verantwortung. "Aus einer relativ überschaubaren Refinanzierungskrise des griechischen Staates ist eine veritable Vertrauenskrise des Euro und eine Krise der europäischen Zusammenarbeit geworden", sagte Gabriel.

Das anfängliche Zögern der Kanzlerin, ihre immer wieder zu kurzen Schritte und die wiederholten Richtungswechsel hätten die Krise nicht kleiner, sondern größer gemacht. Dafür habe Deutschland bereits einen hohen Preis gezahlt. Aus der anfänglich von ihr betriebenen Politik des "Kein Cent für Griechenland" seien inzwischen 400 Milliarden Euro geworden, die Deutschland in den Rettungsfonds eingezahlt habe.

SPD-Chef Sigmar Gabriel präsentiert das Positionspapier seiner Partei mit dem Titel: "Wege aus der Krise" (Foto: dapd)
SPD-Chef Sigmar Gabriel präsentiert das Positionspapier seiner Partei zur Euro-KriseBild: dapd

Wachstumsimpulse gefordert

Gabriel trat gemeinsam mit SPD-Fraktionschef Frank Walter Steinmeier und dem ehemaligen Finanzminister Peer Steinbrück vor die zahlreich versammelte Hauptstadtpresse, um eigene Vorschläge für die Lösung der Finanz- und Wirtschaftskrise vorzustellen. Man sei sich mit der Regierung einig über die Notwendigkeit zur Konsolidierung der Staatsfinanzen, sagte Steinmeier. Meinungsverschiedenheiten gebe es aber bei der Frage, wie dies zu erreichen sei. Nach Auffassung der SPD müsse der Fiskalpakt um Maßnahmen zur Förderung des Wachstums ergänzt werden, sagte Steinmeier.

Er schlug vor, einen europäischen Sozial- und Aufbaufonds zu schaffen. Dazu könne man auf nicht abgerufene Mittel in Höhe von 80 Milliarden Euro aus den europäischen Strukturfonds zurückgreifen. Darüber hinaus müsse man das Stammkapital der Europäischen Investitionsbank erhöhen, um dringend notwendige Investitionen in die Infrastruktur zu ermöglichen. Nur so könne man die Jugendarbeitslosigkeit in Europa wirksam bekämpfen.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier spricht am Freitag (10.06.11) im Bundestag in Berlin. Auf der Tagesordnung des Bundestages stand die Regierungserklärung zur Eurostabilität. Foto: dapd
Fraktionschef Frank Walter Steinmeier in der Bundestagsdebatte über GriechenlandBild: dapd

Europäische Demokratie in Gefahr

Das sind keine abstrakten Prozentsätze wenn wir von 40 Prozent Jugendarbeitslosigkeit in Italien und 50 Prozent in Spanien reden", sagte der SPD-Fraktionschef. "Das ist ein dramatisches sozialpolitisches Problem." Die hohe Jugendarbeitslosigkeit und die damit verbundene Perspektivlosigkeit für eine ganze Generation bedrohten letztendlich auch die Demokratie in Europa.

Dies unterstrich auch der SPD-Finanzexperte Peer Steinbrück. Es gehe um die Zukunft des europäischen Projekts, sagte er und fügte hinzu: "Not frisst Demokratie." Die Depression befördere nationalistische Töne und Ressentiments in Europa. Dieser Bedrohung werde die Bundesregierung mit ihrer Politik nicht gerecht.

Aus eigenem Interesse und aus europäischer Verantwortung müsse Deutschland sich mit den anderen Ländern der EU solidarisch zeigen. "Das wird Geld kosten und es ist gut investiert", so Steinbrück. Deutschland habe für die Wiedervereinigung im Verlauf von 20 Jahren 2 Billionen Euro aufgebracht. Das europäische Einigungswerk müsse den Deutschen nun ein Achtel oder ein Siebtel dieser Summe wert sein.

Gegenwind von SPD-Troika

Gemeinsame EU-Steuerpolitik

Steinbrück, der in der großen Koalition Finanzminister war und als einer der aussichtsreichen Anwärter auf die Kanzlerkandidatur gilt, warf der Bundesregierung vor, keine Initiativen zu ergreifen, um die Finanzmärkte zu regulieren und zu besteuern. Außerdem sprach er sich dafür aus, die Steuersätze innerhalb der EU anzugleichen, die Steuerhinterziehung stärker zu bekämpfen und eine europaweit einheitliche Bemessungsgrundlage für die Unternehmensbesteuerung zu schaffen. Er wies die Forderung zurück, die EU dürfe keine Transfergemeinschaft werden. Dies sei sie längst. Auch Deutschland habe in der Vergangenheit mit seinen hohen Exportüberschüssen von gigantischen privaten Transferleistungen profitiert.

Kein Fiskalpakt vor der Sommerpause

Die drei SPD-Politiker machten ihre Zustimmung zum europäischen Fiskalpakt von mehr Initiativen für Wachstum und Beschäftigung abhängig. Eine Verabschiedung des Fiskalpaktes im Bundestag noch vor dem Beginn der Sommerpause am 25. Juni sei vom Tisch, sagte Steinmeier.

Die Verabschiedung des Fiskalpakts, der eine europaweite Schuldenbremse vorsieht, bedarf einer Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag und in der Länderkammer. Die Regierung ist also auf die Stimmen der Opposition angewiesen.