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Mitch McConnell: Kooperation ist möglich

Michael Knigge6. November 2014

Bisher bestand Mitch McConnells Hauptziel darin, Präsident Obama das Leben so schwer wie möglich zu machen. Doch den künftigen Senatsführer und Obama verbinden Gemeinsamkeiten - das schürt einen Funken Hoffnung.

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Barack Obama und Mitch McConnell im Juli 2014 (Foto: imago/UPI Photo)
Bild: imago/UPI Photo

Dieser Mann sucht das Rampenlicht nicht. Und das, obwohl er künftig den Kurs der US-amerikanischen Innen- und Außenpolitik mitgestalten wird, beispielweise die Frage, ob der Senat ein mögliches Abkommen über das iranische Atomprogramm ratifiziert. Ein Viertel aller Amerikaner gaben in einer Umfrage des Gallup Meinungsforschungsinstituts im Frühjahr zu Protokoll, den Namen Mitch McConnell noch nie gehört zu haben.

Ein erstaunlicher Wert für einen Mann, der bisher nicht nur die Republikaner im Senat anführt, sondern dieses Jahr auch ein Jubiläum feiert - vor 30 Jahren wurde er zum ersten Mal in den Senat gewählt. Zum Vergleich: McConnells lautstarker Kollege John McCain, ebenfalls ein Senatsveteran, war laut Gallup im Vorjahr nur für vier Prozent der Amerikaner kein Begriff.

Der "Überwinder"

Laurie Rhodebeck, Politikwissenschaftlerin an der University of Louisville in McConnells Heimatstaat Kentucky, kennt ihn persönlich. Sie hat McConnell bei vielen Veranstaltungen des McConnell Center erlebt, des von ihm an der Universität gegründeten überparteilichen Nachwuchsprogramms für politische Führungskräfte. "Bei diesen Treffen strahlte er immer eine ruhige, fast schon schüchterne Präsenz aus", sagt Rhodebeck. "Manchmal erzählte er eine Anekdote über frühere Erlebnisse mit einem Gast. Aber eigentlich ist er immer sehr zurückhaltend bei Veranstaltungen des Programms."

Senator Mitch McConnell (Foto: Reuters)
Der "Überwinder": Mitch McConnell im WahlkampfBild: Reuters/S. Stapleton

Trotz seines zurückgenommenen Stils, seines fehlenden Charismas und seiner geringen Bekanntheit - McConnell ist ein Getriebener. Er ist ein "Überwinder" - das ist für Rhodebeck die passendste Beschreibung für McConnells Lebensweg.

Als Junge überwand McConnell die Kinderlähmung. Als Student führte er den Studentenrat seines Colleges. Dann besiegte er entgegen aller Vorhersagen in seiner ersten Senatswahl 1984 mit hauchdünner Mehrheit den Amtsinhaber. Seitdem hat McConnell nicht nur jede Wiederwahl gewonnen, sondern hartnäckig und zielstrebig auf sein größtes Ziel hingearbeitet: Mehrheitsführer im Senat zu werden. Jetzt hat er es nach dreißig Jahren im Senat geschafft.

In dieser Zeit musste McConnell auch den dramatischen Wandel seiner eigenen Partei von der Mitte nach Rechts miterleben - und er musste ihn mitmachen, um politisch zu überleben. Zumindest bislang hat McConnell auch den Aufstieg der ultrakonservativen jungen Wilden wie des texanischen Senators Ted Cruz überstanden, die ihn als Polit-Dinosaurier betrachten, dem der nötige ideologische Radikalismus abgeht. Mit der Einschätzung, dass McConnell kein Hardliner ist, haben Cruz und andere Tea-Party-Aktivisten Recht.

Karriere statt Ideologie

"Mitch McConnell war schon immer eher ein Verhandler als ein Ideologe”, urteilt Stephen Voss, Politikwissenschaftler an der University of Kentucky. "Sogar während der frühen Obama-Jahre, als McConnell aufgrund seiner Führungsposition in der Partei eine konfrontativere Rolle einnehmen musste, war er derjenige unter den Republikanern, der mit Vizepräsident Joe Biden oder anderen Regierungsvertretern Kompromisse aushandelte."

Kein Ideologe zu sein - diesen Wesenszug teilt McConnell mit Obama. In dieser Gemeinsamkeit liegt auch eine Chance für eine mögliche Kooperation, vielleicht sogar für Kompromisse zwischen Präsident und Senatsführer. Man sollte McConnell aber nicht unterschätzen: Er ist ganz gewiss kein Weichei. Im Gegenteil: Seine Karriere beweist, dass er meisterhaft versteht, seine persönlichen Ambitionen mit dem politischen Zeitgeist seiner Partei auszutarieren. "Er ist unnachgiebig und nutzt jeden möglichen Vorteil, um für seine Seite das Beste herauszuholen", betont Jason Roberts, ein Kongress-Experte an der University of North Carolina. "Ähnlich wie bei dem scheidenden demokratischen Mehrheitsführer Harry Reid wird seine wichtigste Arbeit hinter den Kulissen stattfinden. Dort wird er die politische Agenda des Senats managen."

Senator Ted Cruz (Foto: Getty Images)
Der Hardliner: Senator Ted CruzBild: Getty Images

Ziel Geschichtsbücher

Die zweite Gemeinsamkeit zwischen Obama und McConnell ist, dass beide auf dem Gipfel ihrer politischen Laufbahn angekommen sind - McConnell hat keinerlei Präsidentschaftsambitionen. Auf der letzten Stufe der Karriereleiter geht es bei beiden jetzt um ihr politisches Vermächtnis.

Mit seinen 72 Jahren dreht McConnell nun seine Ehrenrunde als Senator, sagt Voss. "Ich glaube, dass er seinen Fokus mindestens genauso auf seinem Vermächtnis hat, auf seinem Platz in den Geschichtsbüchern, wie auf kurzfristigen politischen Zielen. Das ist eine Sache, die er mit Präsident Obama teilt. Der ist auch im Spähherbst seiner Präsidentschaft." Ebenso wie die nicht-ideologische Ausrichtung der beiden eröffnet diese Gemeinsamkeit eine Chance auf Zusammenarbeit.

Republikanische Rowdies

"Senator McConnell will irgendwann die politische Bühne mit einer positiven Bilanz verlassen", prognostiziert Rhodebeck. "Ständige Blockadepolitik gegenüber Präsident Obama trägt dazu nicht bei." Die Frage ist also weniger, ob McConnell bereit wäre, einen weniger konfrontativen Kurs einzuschlagen, als ob seine auf Frontalopposition gebürsteten republikanischen Senatskollegen dabei mitziehen. "Er wird ein hartes Regiment im Senat führen, um die seiner Ansicht nach wichtigsten Ziele der Partei zu erreichen", glaubt Rhodebeck. "Wenn sie sich nicht beruhigen, könnte es sein, dass die Rowdies von wichtigen Verhandlungen und begehrten Posten ausgeschlossen werden."

Andere Experten sind sich dessen nicht so sicher. "Meine Vermutung ist, dass es Reibereien zwischen ihm und Ted Cruz darüber geben wird, wer der wahre Führer der Partei ist", sagt Jennifer Victor, Politikwissenschaftlerin an der George Mason University. "McConnells größte Herausforderung wird es sein, die Republikaner zusammenzuhalten. Das wird eine schwere Aufgabe."