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Emeritierter Bischof sorgt weiter für Wirbel

23. Juni 2010

Die zahlreichen Missbrauchsfälle erschüttern die katholische Kirche bis in die Fundamente. Doch neu bekannt gewordene Skandale um den inzwischen zurückgetretenen Augsburger Bischof Walter Mixa setzen allem die Krone auf.

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Porträt Mixa und eine von links ins Bild hineinreichende Hand mit erhobenem Zeigefinger (Foto: Karl-Josef Hildenbrand dpa/lby)
Das tut man nicht!Bild: picture alliance / dpa

Es scheint kein Ende zu nehmen: Die Causa Mixa sorgt seit Anfang April ständig für neue Schlagzeilen. Detail für Detail über den zurückgetretenen Augsburger Bischof kommt ans Tageslicht. Doch wer gedacht hatte, schlimmer wird’s nimmer, der wurde inzwischen eines Besseren belehrt.

Zeitungen zitieren seit Tagen aus einer Geheimakte, die dem Papst bereits am 27. April vorgelegen und seine Entscheidung, Mixa kaltzustellen, forciert haben soll. Von schweren Alkoholproblemen, mangelnder Wahrnehmungsfähigkeit sowie homosexuellen Übergriffen auf Priesteramtskandidaten in den 1990er Jahren ist darin die Rede. Unklar ist, aus welchen Quellen diese Vorwürfe stammen und wer das Dossier erstellt hat. Gemutmaßt wird, es könne vom päpstlichen Vertreter in Deutschland, Erzbischof Jean-Claude Périsset, in Auftrag gegeben worden sein. Diese neuen Vorwürfe sind zwar noch nicht alle bewiesen, dennoch entwickelt sich die Causa Mixa zu einem Supergau für die katholische Kirche in Sachen Glaubwürdigkeit und Moral. Fragen werden aufgeworfen - viele Fragen. Was hat sich wirklich abgespielt in den vergangenen Monaten und Jahren? Was ist dran an den zahlreichen Gerüchten rund um den so umstrittenen Geistlichen? Wie geht die Kirche mit all dem um?

Das Schweigen der Hirten

Mit Recht wird öffentlich gefragt: Wie konnte ein Mann mit derart eklatanten Defiziten Bischof werden? Was wussten seine Bischofskollegen, was die Mitarbeiter seiner Diözese? Waren Mixas Schwächen Papst Benedikt XVI. schon im Jahr 2005 bekannt, als er den Bischof von Eichstätt nach Augsburg berief? Beantwortet wurden diese und andere Fragen bisher nicht, weder vom Vatikan noch vom deutschen Episkopat.

Am Montag und Dienstag traf sich im Würzburger Kloster Himmelspforten der Ständige Rat aller 27 Diözesen zur Klausur. Das höchste Gremium der Deutschen Bischofskonferenz zwischen den Vollversammlungen beriet abermals über den Umgang mit sexuellem Missbrauch. Eine verschärfte Version der katholischen Leitlinien soll noch im Sommer verabschiedet werden.

Porträt: Bischof Mixa blickt zum Himmel (Foto: Karl-Josef Hildenbrand dpa/lby)
Bitte um Gottes Gnade? Bischof Mixa am 11. April 2010Bild: picture alliance/dpa

Sicher eine gute Nachricht. Doch die Chance, deutliche, ehrliche und klärende Worte an das Kirchenvolk und die Öffentlichkeit zu richten, nutzten die Oberhirten nicht. Krisenbewältigung scheint keine katholische Stärke zu sein. Und so verwundert es nicht, das die Reformbewegung "Wir sind Kirche" wegen des Falls Mixa massive Strukturprobleme der katholischen Kirche und einen riesigen Reformbedarf ausmacht. Spätestens das macht die Causa Mixa auch zur Causa Benedikt.

Dementis vor Geständnis

Am Anfang ging es um unsachgemäß verwendete Spendengelder und das massive Prügeln von Kindern in einem kirchlichen Waisenhaus. Das hatte Mixa nach anfänglichen Dementis eingestehen müssen. Hinzu kamen Vorermittlungen wegen sexuellen Missbrauchs eines Ministranten, die jedoch eingestellt wurden. Anklage wurde also nicht erhoben. Am 21. April bat Mixa Papst Benedikt XVI. schließlich um seinen vorzeitigen Rücktritt. Ein in diesen Zusammenhängen einmaliger Vorgang im deutschen Episkopat. In einem ungewöhnlich schnellen Verfahren hatte der Papst dieses Gesuch am 8. Mai angenommen.

Nachgekartet

Schlimm genug, aber das hätte es sein können im Fall Mixa. Doch in der vergangenen Woche verriet der emeritierte Bischof einer großen Tageszeitung, dass er bereits drei Tage, nachdem er den Papst um seinen Rücktritt gebeten hatte, eben diesen Rücktritt widerrufen habe. Sein Amtsverzicht sei aufgrund großen Drucks von außen und innen und Intrigen seitens seiner Bischofskollegen erfolgt. Seine massiven Vorwürfe zielten besonders auf den Münchner Erzbischof Reinhard Marx und den Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, denen er sogar "Brudermord" vorwarf. Außerdem, so Mixa, erwäge er jetzt rechtliche Schritte vor dem Päpstlichen Gerichtshof in Rom, um sein Bischofsamt wiederzuerlangen. Diesem Ansinnen erteilte Erzbischof Zollitsch erst am Sonntag eine deutliche Absage, als er erklärte: "Der Papst hat das Rücktrittsgesuch angenommen, und dann wird er auch dabei bleiben."

Autor: Klaus Krämer

Redaktion: Aya Bach