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Mladic-Auslieferung "wichtig für Aussöhnung"

1. Juni 2011

Der mutmaßliche Kriegsverbrecher Ratko Mladic ist nun in der Hand des UN-Kriegsverbrechertribunals. In Den Haag muss der ehemalige Armeechef der bosnischen Serben innerhalb von 48 Stunden vor seinen Richtern erscheinen.

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Journalisten vor dem UN-Gefängnis in Scheveningen, Niederlande (Foto: AP)
Warten auf den Angeklagten: Journalisten vor dem UN-Gefängnis in ScheveningenBild: AP
Einzelzelle in der Haftanstalt der Vereinten Nationen in Scheveningen, Niederlande (Foto: dpa)
Einzelzelle in ScheveningenBild: picture-alliance/ dpa

Noch in dieser Woche müsse der mutmaßliche Kriegsverbrecher vor dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien erscheinen, zitiert die Belgrader Zeitung "Novosti" am Mittwoch (01.06.2011) den Chefankläger des Tribunals, Serge Brammertz. Dort werde Mladic, der die schwersten Kriegsverbrechen seit 1945 in Europa begangen haben soll, die Anklage vorgelesen. Er müsse sich dann schuldig oder unschuldig erklären, sagte Brammertz der Zeitung weiter. Der Prozessauftakt hänge davon ab, wie viel Zeit der Angeklagte benötigt, um seine Verteidigung vorzubereiten. Mladic ist vor dem Haager Tribunal wegen Völkermords, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt.

Die Überstellung nach Den Haag ist in der Europäischen Union als weiterer bedeutsamer Schritt gewürdigt worden, um die Verbrechen während des Bosnienkrieges von 1992 bis 1995 aufarbeiten zu können. Von einem "wichtigen Augenblick für die Versöhnung in der Region und für die internationale Justiz" sprach EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton in Brüssel. Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte am Rande seines Besuchs in Australien, dass sich Mladic nun vor dem UN-Tribunal für das ehemalige Jugoslawien verantworten müsse, sei ein "starkes Signal für die gewachsene Kraft des internationalen Rechts". Die Auslieferung sei zudem eine "wenn auch späte Genugtuung für die Opfer der Untaten", die der ehemalige bosnisch-serbische General zu verantworten habe.

Lag Mladic vor zwei Jahren im Krankenhaus?

Rund 16 Jahre war der serbische Ex-General auf der Flucht vor der internationalen Justiz. Der Verdacht, dass serbische Behörden oder Institutionen die ganze Zeit über gewusst hätten, wo sich der Gesuchte aufhält, erhält durch Äußerungen des Anwalts von Mladic neue Nahrung: Sein Mandant sei von April bis Juli 2009 in einer Belgrader Klinik gewesen, sagte Anwalt Milos Saljic dem TV-Sender B92. Dort sei er operiert worden und habe eine Chemotherapie erhalten.

Schon früher hatten serbische Medien spekuliert, dass Mladic im Militärkrankenhaus in Belgrad behandelt worden sei. Der heutige serbische Gesundheitsminister Zoran Stankovic war von 2002 bis 2005 Direktor des Militärkrankenhauses und anschließend Verteidigungsminister gewesen. Stankovic, der sich öffentlich als Freund von Mladic bezeichnet hatte, war auch zu einem Besuch des Ex-Generals in dessen Belgrader Gefängniszelle erschienen.

Erste Nacht in Den Haag

Polizeikonvoi auf dem Weg zum Belgrader Flughafen (Foto: AP)
Verwirrspiel aus Sicherheitsgründen: Polizeikonvoi in BelgradBild: dapd

Seine erste Nacht in der Haftanstalt der Vereinten Nationen hat Ratko Mladic unter verschärfter Beobachtung in einer isolierten Einzelzelle verbracht. Dort ist der 69-Jährige medizinisch untersucht worden und hat seine Anklageschrift erhalten. Der ehemalige General der bosnisch-serbischen Armee war von den serbischen Behörden am Dienstagabend nach Den Haag ausgeliefert und unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen in das Gefängnis von Scheveningen gebracht worden.

Wenige Stunden zuvor hatte ein Gericht in Belgrad den Einspruch der Verteidigung gegen die Überstellung abgelehnt, daraufhin unterzeichnete Justizministerin Snezana Malovic die Auslieferungspapiere. Mladics Transport zum Flughafen machte die Polizei zum Verwirrspiel: Aus dem Gericht in Belgrad, in dem Mladic seit seiner Verhaftung in einer Zelle saß, starteten insgesamt drei Autokolonnen im Abstand von einer Stunde. Die Autobahn von der Innenstadt in Richtung Flughafen war von der Polizei blockiert.

Autor: Rolf Breuch (afp, dapd, dpa)
Redaktion: Julia Elvers-Guyot