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Politik

Mobbing: Ex-Manager muss ins Gefängnis

20. Dezember 2019

Die Vorwürfe wiegen schwer: Systematisches Mobbing habe vor Jahren viele Mitarbeiter der ehemaligen France-Télécom in den Suizid getrieben. Jetzt hat ein Pariser Gericht Gefängnisstrafen verhängt.

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Frankreich | France Telecom | Prozess | Suizide
Da war die Stimmung noch gut - Didier Lombard (dritter v. l.) vor der Gerichtssitzung in ParisBild: Getty Images/AFP/L. Bonaventure

Nach einer aufsehenerregenden Suizidserie beim französischen Telekommunikationsriesen France Télécom sind mehrere ehemalige Manager der Firma des Mobbings für schuldig befunden worden. Ein Gericht in Paris verurteilte den ehemaligen Vorstandssprecher Didier Lombard zu einem Jahr Gefängnis, davon acht Monate auf Bewährung. Lombard soll außerdem eine Geldstrafe von 15.000 Euro zahlen. In Frankreich standen zum ersten Mal ein Konzern dieser Größenordnung und dessen Führungspersonal wegen Mobbings vor Gericht.

Die Suizide hatten Frankreich vor Jahren erschüttert. Bei dem Unternehmen habe ein "Management durch Terror" geherrscht, schrieb ein Mitarbeiter in seinem Abschiedsbrief. Ein Angestellter warf sich vor den Zug, eine Frau stürzte sich aus ihrem Bürofenster, ein Techniker rammte sich ein Messer in den Bauch - diese und weitere schreckliche Geschichten waren damals bekannt geworden. Gut zehn Jahre später hat nun erstmals ein Gericht darüber geurteilt.

"...entweder durch das Fenster oder die Tür"

Zwei weitere Ex-Manager des Unternehmens, das sich 2013 in Orange umbenannte, wurden ebenfalls zu Gefängnisstrafen verurteilt. Außerdem wurden vier ehemalige Führungskräfte der Mittäterschaft für schuldig befunden. Das Unternehmen soll die Höchststrafe von 75.000 Euro zahlen. Lombard hat nach Agenturberichten Berufung eingelegt. Orange hingegen akzeptierte die Entscheidung des Gerichts. 

Im Mittelpunkt der Untersuchung standen die Fälle von 39 Mitarbeitern: 19 von ihnen haben sich umgebracht, Zwölf haben einen Suizidversuch unternommen und acht litten an Depressionen oder wurden von der Arbeit freigestellt.

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Der ehemalige Staatskonzern "France Télécom" wurde 2013 in "Orange" umbenanntBild: AP

Was war passiert? Rückblick ins Jahr 2004: Damals privatisierte der Staat France Télécom - das Unternehmen musste sparen. Ein massiver Stellenabbau wurde angekündigt - Tausende Stellen gestrichen. Das Problem für die Manager waren die starken französischen Arbeitnehmerrechte. Zudem waren viele Mitarbeiter Beamte. Deshalb kam nur ein freiwilliges Ausscheiden aus dem Unternehmen in Frage.

Lombard und seine Managerkollegen sollen einen Plan ausgetüftelt haben, um die Mitarbeiter loszuwerden. Es wurde Druck aufgebaut, es gab Zwangsversetzungen und Einschüchterungsversuche - ein Klima der Angst sollte geschaffen werden. Tausende von Führungskräften wurden in den neuen Methoden geschult.

Management reagierte nicht auf Warnungen

Lombard stritt die Vorwürfe vor und während der Verhandlung ab. Französischen Medien zufolge soll er bei einem Manager-Treffen im Jahr 2006 gesagt haben, dass er die Angestellten dazu bewegen werde, den Konzern zu verlassen - "entweder durch das Fenster oder die Tür". Auch das streitet er ab. 

Ein Untersuchungsbericht aus dem Jahr 2010 erhob allerdings schwere Vorwürfe gegen Lombard und sprach von unzureichenden Vorsorgemaßnahmen. Die Gewerbeaufsicht kam in dem Report zu dem Ergebnis, dass Lombard und andere Topmanager das Leben der Beschäftigten mit Mobbing-Methoden unmittelbar in Gefahr gebracht hätten. Auf Warnungen von Gewerkschaften, Betriebsärzten und Krankenkassen sei völlig unzureichend reagiert worden.

nob/ww (dpa, afp, rtr)