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Menschenhandel

Wim Abbink18. Oktober 2007

Um Menschenhandel und Zwangsprostitution geht es in dem Film "Trade - Willkommen in Amerika". Das US-Debüt des deutschen Regisseurs Marco Kreuzpaintner beruht auf realen Gegebenheiten.

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Filmszene: Ein Mädchen wird in Mexiko entführt
Verschleppung in MexikoBild: picture-alliance/ dpa

Es ist der schlimmste Albtraum von Eltern, wenn ihr Kind spurlos verschwindet. Dabei ist in den letzten Jahren ein besonders furchtbarer Verdacht in den Vordergrund getreten: Menschenhandel. Über 800.000 Menschen werden jedes Jahr als Sexsklaven verschleppt. Den Schicksalen hinter den abstrakten Zahlen ein Gesicht zu geben, ist die Mission des Thrillers "Trade", der auf einem Artikel der "New York Times" über das Netzwerk des Kindersexhandels zwischen Mexiko, USA und Europa basiert.

Tatort Mexico City: Am helllichten Tag wird die 13-jährige Adriana (Paulina Gaitan) in einen Mercedes gezerrt. Ihr 17-jähriger Bruder Jorge entdeckt kurz danach Adrianas umgeworfenes Fahrrad auf der Straße und macht sich sofort an die Verfolgung. Zeitgleich gerät auch die Polin Veronica (Alicja Bachleda-Curus), die mit dem Versprechen auf Arbeit nach Mexiko gelockt wurde, in die Fänge der Mädchenhändler.

Suche als Lebensinhalt

Im Gewand eines Thrillers bereitet der deutsche Regisseur Marco Kreuzpaintner in seinem US-Debüt ein brisantes Thema für ein großes Publikum auf. "Bordertown", mit Jennifer Lopez in der Hauptrolle, hatte mit ähnlichem Anliegen Anfang des Jahres bei Publikum und Kritik Schiffbruch erlitten. Doch den Oberflächenreizen des Lopez-Vehikels setzt Kreuzpaintner Anspruch und Ernsthaftigkeit entgegen.

Filmszene: Zwei Mädchen in den Fängen von Menschenhändlern
In den Fängen von Menschenhändlern: Adriana (Paulina Gaitan) und Veronica (Alicja Bachleda-Curus)Bild: 2006 Twentieth Century Fox

In einem weiteren Handlungsstrang erzählt der Regisseur die Geschichte eines zweiten Bündnisses. Jorge (Cesar Ramos), Adrianas älterer Bruder, macht sich in einem gestohlenen Wagen auf die Suche nach seiner Schwester. An der Grenze nimmt ihn der texanische Cop Ray (Kevin Kline) unter seine Fittiche. Seit Jahren schon sucht er seine verschwundene Tochter. Wie John Wayne in "Der schwarze Falke" treibt ihn eine innere Unruhe, die die Möglichkeit des Aufgebens von vornherein ausschließt. Die Suche wird Ray zum Lebensinhalt.

Unterhaltung und Sensibilisierung

Drehbuchautor Jose Rivera ("Die Reise des jungen Che") setzte bei der Adaption des Zeitungsartikels von Peter Landeman vor allem auf Spannung und Anschaulichkeit. Die Undurchdringlichkeit eines international operierenden Gangsterkartells macht er an wenigen Personen fest, die Schicksale der Mädchen sollen immer auch ergreifen, im Falle Veronikas sogar erschüttern.

Die Emotionalisierung des Zuschauers dient, den Konventionen Hollywoods gehorchend, der Unterhaltung und Sensibilisierung zugleich - ein mitunter unbefriedigendes Verfahren. Der Grund: Autor und Regisseur gelingt es nicht immer, Klischees zu vermeiden. Dass ein 17-Jähriger der Russenmafia ein Schnippchen schlägt oder ein Polizist allein, ohne Unterstützung der Kollegen, dem organisierten Verbrechen auf die Schliche kommt, sind pure Behauptungen des Drehbuchs.

Filmszene: Kinder und Menschenhändler im Wasser
Filmszene aus 'Trade': Kinder und Menschenhändler im WasserBild: 2006 Twentieth Century Fox

Gratwanderung

Sehr gelungen ist dagegen die Art und Weise, in der Kreuzpaintner Betroffenheit immer wieder durch Humor abfedert - in den schnippischen Dialogen zwischen dem heranwachsenden Jungen und dem resignierten Cop vor allem. Am Ende wird Adriana in einer Internetauktion meistbietend versteigert, der Showdown findet in einem Reihenhaus von New Jersey statt. Aus dem Roadmovie ist plötzlich ein Horrorfilm geworden.

Wenn der Film unverblümt vorführt, wie die Untergrund-Ökonomie der Zwangsprostitution im Detail funktioniert, wirft er das unlösbare Problem auf, wie man das Publikum emotional am Wickel packt, ihm anschaulich macht, was mit den Mädchen, leicht verderbliche Ware, passiert, ohne zugleich Voyeuristen zu bedienen. Eine Gratwanderung, die nicht immer gelingt. Einerseits gibt es den puren Groschenroman-Stil, gibt es billige Moralbotschaften und Klischees, andererseits drückt der Film gekonnt die Spannungsknöpfe, wenn er die Abgründe hinter den sauber aufgeräumten amerikanischen Vorstädten zeigt.

Filmszene: Ein Polizist mit Taschenlampe
Der Cop Ray (Kevin Kline) jagt die EntführerBild: 2006 Twentieth Century Fox