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Moratorium schadet Kreditwürdigkeit

Julia Elvers14. Januar 2005

Die Gläubigerstaaten des Pariser Clubs haben den von der Flutkatastrophe betroffenen Ländern die Stundung ihrer Schulden angeboten. Doch nicht alle wollen das auf den ersten Blick verlockend scheinende Angebot annehmen.

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Der Vorsitzende des Pariser Clubs, Jean Pierre JouyetBild: AP

Es geht um mehrere Milliarden Euro: Sri Lanka und die ostafrikanische Republik Seychellen sind an einem Schuldenmoratorium interessiert. Staaten wie Indien und Thailand wollen das Angebot dagegen nicht annehmen. Sie fürchten um ihre Kreditwürdigkeit auf den Finanzmärkten. Noch unentschlossen ist Indonesien.

Abwägen zwischen Gewinn und Verlust

Peter Wahl von der unabhängigen Nichtregierungs-Organisation WEED (World Economy, Ecology & Development) hat eine Erklärung für die unterschiedliche Reaktion der Länder: Ihm zufolge profitieren die Länder, die beim Pariser Club einen sehr hohen Schuldenstand haben, erst einmal von einem Schuldenmoratorium. Gleichzeitig würden sie aber in ihrer Kreditwürdigkeit – ihrem so genannten "Rating" – zurückgestuft. Internationale "Rating-Agenturen" vergeben allen Ländern dieser Welt ein "Rating". Länder, die sehr zahlungskräftig sind und keine Finanzierungsprobleme haben, werden sehr hoch "geratet". Je schlechter das Rating, desto höher sind die Zinsen für Kredite von privaten Geldgebern.

Individuelle Entscheidungsgründe

Sri Lanka ist nach Auskunft von WEED finanzpolitisch am härtesten von der Flutkatastrophe betroffen. Das Land sei sehr hoch verschuldet und bereits jetzt kaum noch kreditwürdig. Durch die Annahme des Schuldenmoratoriums habe Sri Lanka also nichts zu verlieren, meint Peter Wahl.

Thailand dagegen sei ein Schwellenland, in dem die Entwicklung in den letzten 20 Jahren relativ weit fortgeschritten sei. Das Land habe einen sehr geringen Anteil von staatlichen Schulden, für die der Pariser Club zuständig ist. Schulden habe es vor allem bei privaten Geldgebern, bei denen das Land an Kreditwürdigkeit verlieren würde, wenn es das Schuldenmoratorium annehmen würde. Für Thailand ist es Wahl zufolge eine Imagefrage, nicht als Bittsteller und Hilfeempfänger dazustehen.

Wie schwierig die Entscheidung ist, demonstrierte Indonesien: Außenminister Hassan Wirajuda erklärte am 12. Januar, sein Land sei sehr dankbar für die deutsch-französische Initiative, die zur Entscheidung des Pariser Clubs geführt hatte. Einen Tag später sagte er hingegen bei einem Besuch in Berlin, dass die internationale Finanzhilfe die Wirtschaft seines Landes nicht "beschädigen" und der Markt keine falschen Schlüsse ziehen dürfe. Ob Indonesien das Moratorium annehmen wird, ist unklar.

Wirtschaftlicher Teufelskreis

Je höher ein Land verschuldet ist, desto mehr muss es für Kredite bezahlen: eine Tatsache, die Nichtregierungs-Organisationen wie WEED scharf kritisieren. "Diejenigen, die am dringendsten auf Geld angewiesen sind, müssen die höchsten Zinsen bezahlen", erläutert Peter Wahl, "und aus diesem Teufelskreis kommen sie nicht heraus." Die hoch verschuldeten Entwicklungsländer seien so schlecht im Rating, dass sie kaum Zugang zu privaten Kapitalmärkten hätten. Sie seien daher abhängig von staatlichen Geldern. Diese würden in der Regel zwar oft zu günstigeren Bedingungen vergeben als von privaten Kapitalgebern, ihre Kredithöhe sei aber deutlich begrenzter.