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Morbus Crohn – Chronische Schmerzen und keine Heilung

Gudrun Heise
6. Juli 2018

Morbus Crohn – dabei leiden Patienten unter Abgeschlagenheit, Bauchschmerzen und Durchfall. Das kann Tage dauern, Monate oder gar nicht mehr aufhören. Wie ist der Stand der Forschung? Wird es bald neue Therapien geben?

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Darm Schema Medizin
Bild: Fotolia/Sebastian Kaulitzki

Morbus Crohn kann sich vom Mund bis zum After ausbreiten. Die chronisch-entzündliche Darmerkrankung kann den gesamten Verdauungstrakt betreffen. Die Entzündungen können durch alle Schichten der Darmwand gehen und befinden sich oftmals im Übergang zwischen Dünndarm und Dickdarm. Es muss nicht der gesamte Darm betroffen sein. Zwischendurch kann es immer wieder gesunde Abschnitte geben.

Ärzte können die unheilbare Erkrankung lediglich behandeln und die Symptome lindern. Aber zu Morbus Crohn werde intensiv geforscht, sagt Raja Atreya. Der Oberarzt ist seit 2016 Heisenberg-Professor für Immunforschung bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen an der Universität Erlangen-Nürnberg. "Wir sind dabei herauszufinden, wie so eine Darmentzündung entsteht, um so immer besser die dabei beteiligten Moleküle zu identifizieren. Auf diesem Gebiet passiert im Moment so viel wie noch nie. Wir rechnen damit, dass immer mehr und hoffentlich auch bessere Medikamente auf den Markt kommen."

Oft unerträglich

Morbus Crohn verläuft in Schüben. "Es kann sein, dass der Patient zwischenzeitlich keine Symptome hat und auch kaum Beschwerden. Aber es gibt eben auch Patienten, die einen Dauerschub haben", so Atreya. "Das ist eine sehr schwere Form."

Wegen der starken Durchfälle, mit denen die Patienten zu kämpfen haben, müssen sie sehr oft zur Toilette. "Das kennen wir ja alle", so Atreya. "Wenn wir Durchfall haben, fühlen wir uns ziemlich armselig. Auch unser soziales Leben leidet darunter. Man muss ja immer darauf achten, dass irgendwo ein WC in der Nähe ist. Denn wenn sich der Durchfall ankündigt, hat man nicht viel Zeit und man kann es nicht einhalten. Man muss dann sofort auf die Toilette. Das kann im akuten Schub auch über zehn Mal am Tag passieren."

Morbus Crohn belastet den Körper und die Psyche. So kann der Kino- oder Theaterbesuch oder ein Treffen mit Freunden mehr zur Qual werden als entspannend zu sein. Die meisten erwischt es im Alter zwischen 15 und 35, aber die Erkrankung manifestiert sich zunehmend auch im höheren Alter. Morbus Crohn ist sehr belastend und schränkt die Lebensqualität nachhaltig ein. Die Betroffenen stoßen oft auf Unverständnis. Manche Freunde, Bekannte und Kollegen verstehen vielleicht nicht, dass Morbus Crohn dahinter steckt und dass das eine sehr ernsthafte Erkrankung ist. Da kommen schon mal Bemerkungen wie: 'Ich hatte auch schon mal Durchfall. So furchtbar ist das doch gar nicht, und es geht ja auch wieder vorbei.' 

Schlimm, schlimmer, am schlimmsten

Durch die Entzündungen kann sich die Darmschleimhaut verengen. Es kommt zu sogenannten Stenosen. "Irgendwann geht nicht einmal mehr Nahrungsbrei durch oder Stuhl. Dann müssen wir operieren." Bei Patienten, die schon mehrere Operationen über sich ergehen lassen mussten, kann es sein, dass ihr Darm im Laufe der Jahre deutlich verkürzt wurde.

Eine Begleiterscheinung der Entzündungen können Geschwüre im Darm sein oder auch Fisteln. Diese entstehen, wenn Epithelzellen, die Zellen, aus denen das Deckgewebe der Organe besteht, eine röhrenartige Verbindung ausbilden.

Diese Fisteln gehen vom Darm aus. Sie können sich zu einem anderen Darmabschnitt ausbreiten, an der Haut oder beispielsweise auch an der Blase enden. So entsteht gewissermaßen eine Rohrverbindung vom Darm direkt in andere Organe. 

Mehr dazu: Medizinpreis: Autoimmunerkrankungen auf der Spur

Morbus Crohn
Morbus Crohn verursacht schwere Entzündungen im Darm Bild: picture-alliance/dpa/J. Mangler

Immer mehr Fälle

In Deutschland leiden schätzungsweise ein bis zwei von 1.000 Menschen unter Morbus Crohn. "Weltweit nimmt Morbus Crohn zu. Man kann sagen, dass es von einer Erkrankung der westlichen Welt zu einer globalen Erkrankung geworden ist. Es gibt Morbus Crohn jetzt in Ländern, in denen es vorher nicht beschrieben worden ist", sagt Atreya.

Eine genetische Veranlagung und auch Umwelteinflüsse spielen bei der Entstehung von Morbus Crohn eine Rolle. Hinzu kommt der Einfluss des Mikrobioms, das ist die Gesamtheit der Mikroorganismen, die uns und auch unseren Magen und Darm besiedeln. "Das Zusammenspiel dieser Faktoren führt letztendlich dazu, dass das Immunsystem im Darm überreagiert, und so kommt es zu diesen Entzündungen", erläutert Atreya.

Symbolbild Magenschmerzen Bauchschmerzen
Starke Bauchschmerzen sind ein Symptom bei Morbus CrohnBild: Colourbox/J. Sapic

Erfolgreich oder nicht?

Raja Atreya hat ein vielversprechendes Verfahren entwickelt, mit dem vorhergesagt werden kann, wie Morbus Crohn Patienten auf eine sogenannte Anti-TNF-Antikörper-Therapie ansprechen. 

In einer Studie mit 25 Patienten hat Atreya ein Spray aus mit einem Farbstoff markierten Anti-TNF-Antikörpern entwickelt. Damit lassen sich bestimmte Zellen in der Darmschleimhaut nachweisen, welche die Zielstruktur der Antikörpertherapie auf der Oberfläche tragen. Zeigen sich bei Patienten viele dieser Zellen, wirkt die Therapie bei ihnen besser als bei Patienten mit nur wenigen Zellen. 

Das habe unter anderem den Vorteil, so Atreya, dass Patienten nicht unnötig Therapien bekämen, die ihnen erstens nicht helfen und zweitens auch noch potentielle Nebenwirkungen hätten. Für diese Entwicklung erhielt er 2015 den renommierten Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis.