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Geisel wurde ermordet

2. August 2007

Der während der Geiselhaft in Afghanistan gestorbene deutsche Bauingenieur wurde nach einem Kreislaufkollaps durch Schüsse getötet. Das hat jetzt der Obduktionsbericht des Instituts für Rechtsmedizin in Köln ergeben.

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Tal in Afghanistan
Trügerische Ruhe in AfghanistanBild: AP

Der in Afghanistan getötete Deutsche ist von seinen Geiselnehmern nach einem Kreislaufkollaps mit zwei Schüssen hingerichtet worden. Den Obduktionsbericht des Instituts für Rechtsmedizin in Köln ließ Außenamtssprecher Martin Jäger am Donnerstag (2.8.) in Berlin bekannt geben. Jäger begleitet derzeit Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Westafrika.

Das Institut für Rechtsmedizin der Universität Köln (Quelle: dpa)
Rechstmedizin Köln: Die Geisel wurde erschossenBild: picture-alliance/ dpa

Im Einzelnen hieß es, dass der 43-Jährige auf Grund der extrem belastenden Situation während der Entführung zunächst einen Kreislaufzusammenbruch erlitt. Offenbar um ein Hindernis auf der Flucht durch das Gebirge zu beseitigen, machten die Geiselnehmer dann kurzen Prozess: "Auf das noch lebende Opfer wurde nach dessen Zusammenbruch zwei Mal geschossen. Erst nach dem darauf erfolgten Todeseintritt wurden noch vier weitere Schüsse auf den Körper des Opfers abgegeben," hieß es in der Erklärung Jägers.

Ende der Spekulationen

Die Leiche der Geisel wurde ausgeflogen und am Donnerstag vergangener Woche dem Kölner Institut übergeben. Zunächst war angenommen worden, dass der Mann den Strapazen der Gewaltmärsche über das Gebirge erlegen sei. Später kursierten unterschiedliche Berichte, wonach die Leiche Schussverletzungen aufweise, dass dem Mann in die Knie und in den Rücken geschossen worden sei und schließlich, dass die Todesursache wegen des Zustands der Leiche möglicherweise nicht mehr einwandfrei ermittelt werden könne.

Afghanische Polizeibeamte transportieren den Leichnam einer südkoreanischen Geisel (Quelle: AP)
Auch zwei südkoreanische Geiseln wurden bereits getötBild: AP

Der Kollege des Getöteten, der 62-jährige Rudolf B. aus Ottobrunn bei München, ist weiter in der Hand der Entführer. Die Verhandlungen laufen mit Hochdruck. Sicherheitsexperten der Bundesregierung waren weiterhin mit der Analyse eines Videos befasst, das den entführten Bauingenieur in einer Bergregion zeigt, umgeben von mehreren maskierten Taliban-Kämpfern. Es war am Dienstag vom arabischen Sender Al Dschasira ausgestrahlt worden war. Die Geiselnahme hatte sich zwei Wochen vorher am 18. Juli zugetragen.

Steinmeier erschüttert

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat mit Erschütterung auf das Ergebnis der Obduktion des in Afghanistan in Geiselhaft gestorbenen Deutschen reagiert. "Die letzten Stunden des Verstorbenen waren ein Martyrium. Seine Entführer haben ihn grausam in den Tod getrieben, seinem Leben schließlich in verbrecherischer Weise ein Ende bereitet", sagte Steinmeier am Donnerstag während seiner Westafrika-Reise in Accra (Ghana). Dies sei "zutiefst erschütternd".

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (Archiv, Quelle: dpa)
Erschüttert: Außenminister SteinmeierBild: picture-alliance/dpa

Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) und der Staatsminister in Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), bekräftigten, dass die Bundesregierung nicht erpressbar sei. De Maizière rief in der "Passauer Neuen Presse" dazu auf, bei den Bemühungen um eine Lösung des Geiseldramas Ruhe zu bewahren. "Je mehr wir über die Geiselnahme reden, desto mehr betreiben wir das Geschäft der Geiselnehmer", sagte er. Der CDU-Politiker warnte auch davor, den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan vor dem Hintergrund der Geiselnahme zu diskutieren.

Rückzug aus Afghanistan?

Nach den jüngsten Geiselnahmen schwindet bei den Bundesbürgern der Rückhalt für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. 64 Prozent der Deutschen wollen nach einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage für die ARD einen raschen Abzug der deutschen Soldaten vom Hindukusch. Dies seien zehn Prozentpunkte mehr als noch im ARD-Deutschlandtrend von Infratest dimap vor einem Monat, teilte ein Sprecher mit. Nur 33 Prozent seien noch dafür, dass die Bundeswehr in dem krisengeschüttelten Land bleibe. (ina)