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Art Berlin: Da ist noch Luft nach oben

Gero Schließ
25. September 2018

Eine Woche lang will die Berlin Art Week die Hauptstadt zum Treffpunkt der großen Kunstwelt machen. Doch sie ist noch nicht etabliert. Im DW-Interview äußert sich Organisator van Dülmen über die Zukunftsaussichten.

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Deutschland Berlin - Aufbau der Berlin Art Week
Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Das Gallery Weekend im Frühjahr und die Berlin Art Week im Herbst sind die beiden großen Festivals der bildenden Kunst in der deutschen Hauptstadt. Vom 26.-30. September will die siebte Berlin Art Week wieder Kunstfreunde aus aller Welt mit Verkaufsschauen und Ausstellungen zeitgenössischer Kunstwerke anlocken. Kernstück sind die beiden Kunstmessen Art Berlin und Positions Berlin Art Fair. Darüber hinaus sind 15 Museen und Ausstellungshäuser, knapp 70 Galerien, zwei Kunstvereine, ein Theater  und elf Berliner Privatsammlungen beteiligt.

Anders als das wirtschaftlich erfolgreiche Gallery Weekend hat sich die Berlin Art Week noch immer nicht im internationalen Kunstbetrieb etabliert. In diesem Jahr hing die Fortsetzung sogar am seidenen Faden, weil Planungssicherheit und ein geeignetes Gelände für die beiden Kunstmessen fehlten. Große Hoffnungen setzen die Berliner jetzt auf Köln. Von dort kommt die kommerziell wesentlich erfolgreichere Art Cologne, die in diesem Jahr erstmals die Berliner Messe übernommen hat und sie ausrichtet.

Moritz van Dülmen. Leiter der Kulturprojekte Berlin.
Moritz van Dülmen

Moritz van Dülmen, Geschäftsführer der Kulturprojekte Berlin und mitverantwortlich für die Organisation der Berlin Art Week, äußert sich im DW-Interview über Positionierung und Zukunft der Berlin Art Week.

DW: Die Berlin Art Week sieht sich - so wörtlich - als "Auftakt zum internationalen Kunstherbst". Das ist ein hoher Anspruch und die Frage stellt sich, ob die Konkurrenz in Basel oder London deswegen unruhiger schläft. Wie wollen Sie bei dieser immerhin schon siebten Art Week diesen hohen Anspruch endlich einlösen? 

Moritz van Dülmen: Die Vergleiche mit den großen Messeplätzen hinken sehr. Das ist auch nicht unser Ziel. Das Besondere der Berlin Art Week ist das Zusammenspielen der kommerziellen Player, also der beiden großen Messen Art Berlin und Positions Berlin, der großen Museen mit kleinen Projekträumen und kleinen Sammlern. Das Verkaufen wie in London oder Basel spielt in Berlin zwar eine Rolle, ist aber nicht das Entscheidende.

Das heißt also, Berlin hat nicht den Anspruch, eines Tages auf dem Level der Art Basel zu agieren?

Bunte Gemälde
Gemälde von Sean Scully in der renommierten Kewenig GalerieBild: Kewenig/Sean Scully

Auf der einen Seite lenkt es den Fokus auf die gesamte Kunstproduktions- und Kunstmarktstadt Berlin. Es geht um die Mischung: Es ist nicht eine Verkaufsplattform, wie wir sie von den großen Messen in Basel oder London kennen, sondern es ist letztendlich das Ziel, alle Kunstproduzenten zusammenzubringen, um eine Woche lang Tage der offenen Tür in der großen Kunststadt Berlin zu ermöglichen. Diese großartige Mischung ist es, die den Ruf der Kunststadt Berlin ausmacht.

Welche Partner aus der Berliner Kunstszene sind denn besonders wichtig in diesem Jahr - neben den beiden Messen und den fast 70 Berliner Galerien, die zusätzlich ausstellen?

Das ist wieder der Hamburger Bahnhof, das Haus der Kulturen der Welt, der Gropiusbau, die Berlinische Galerie, C/O Berlin und andere. Das sind die großen Marken der Stadt, zu denen sich jedes Mal neue Partner hinzugesellen, etwa in diesem Jahr die Berliner Festspiele oder auch das von der Deutschen Bank neu eröffnete "Palaispopulaire" auf der Straße Unter den Linden.

Für viele Kritiker ist Berlin zwar eine hochattraktive Kunststadt mit Künstlern aus aller Welt, aber es hat eben keinen funktionierenden Kunstmarkt, der seine Künstler und die Galerien ernährt. Dass jetzt die Art Cologne die neue Art Berlin übernommen hat und ausrichtet, zeigt doch auch die ökonomische Schwäche Berlins, oder?

Ein igluartiger Zeltaufbau in Pilzform
Auch das gibt es zur Berlin Art Week: Kunst im öffentlichen Raum, hier The New Infinity Neue Kunst für Planetarien, betreut von den Berliner FestspielenBild: Berliner Festspiele/M. Matsutake

Manch einem kommt es ganz komisch vor, dass die Messe Köln etwas in Berlin veranstaltet. Aber das sind Wirtschaftsunternehmen, die eigenständige Entscheidungen treffen. Für uns ist es ein Glücksfall, dass sich die stabile Köln Messe mit der Art Cologne für den Kunstmarkt in Berlin engagiert und der Art Berlin das Fundament gibt, weiter zu wachsen.

Und wenn wir in die Geschichte blicken: Ich glaube, dass es im Grunde um eine ständige Wiederbelebung des Berliner Kunstmarktes geht. Bis in die 1930er Jahre war Berlin der Kunststandort überhaupt. Die Probleme heute sind die Nachwehen der Teilung. Das ganze Galeriegeschäft ist damals nach Köln abgewandert. So etwas aufzuholen dauert. Auch 28 Jahre nach dem Mauerfall sind an genau solchen Stellen diese Brüche noch zu spüren. Die Art Berlin ist ein Versuch, ein größeres Publikum und mehr Käuferschichten anzusprechen. Wir kommen stückchenweise nach vorne. Aber da ist noch Luft nach oben.  

Bild von Kultursenator Lederer in schwarzem Anzug.
Hat eine langfristige Förderung zugesagt: Berlins Kultursenator LedererBild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Bisher litten die Vorgängermessen der Art Berlin auch noch unter mangelnder Planungssicherheit. Hilft es da, dass Kultursenator Klaus Lederer künftig alljährlich 300.000 EUR aus seinem Festivalfonds beisteuert?

Ja, das ist sehr wichtig. Ein Projekt wie die Berlin Art Week braucht das. Bisher gab es dafür schlicht keinen passenden Etattitel. Deswegen hat der gegenwärtige Senat den Festivalfonds eingerichtet. Auch die Wirtschaftsverwaltung finanziert mit, nicht zu vergessen Sponsoren. Damit ist erstmals eine Langfristplanung möglich.

Gibt es Erwartungen wieviel in diesem Jahr verkauft werden soll, wie der Umsatz dann tatsächlich ist?

Da gibt es keine wirklichen Erwartungen, außer dass wir Steigerungen wollen. Es ist auch schwer, Verkäufe unmittelbar der Art Week oder dem alljährlichen Gallery Weekend im Frühjahr zuzurechnen. Das ist ein langfristiges Geschäft. 

Das Gespräch führte Gero Schließ.