1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Moskau ehrt Kalaschnikow mit Riesendenkmal

Roman Goncharenko
19. September 2017

Eine acht Meter hohe Statue erinnert in Moskau an Michail Kalaschnikow, Konstrukteur des bekannten sowjetischen Maschinengewehrs AK-47. Eine Ehrung mit Symbolkraft.

https://p.dw.com/p/2kGBJ
Einweihung vom Kalaschnikow-Denkmal in Moskau
Kalaschnikow-Denkmal wurde in Moskau feierlich eingeweihtBild: Getty Images/AFP/M. Zmeyev

Jeder kennt Kalaschnikow. Das Sturm- und Maschinengewehr ist seit Jahrzehnten einer der wenigen russischen Exportschlager. Der 2013 verstorbene sowjetische Waffenkonstrukteur Michail Kalaschnikow wurde am Dienstag in Moskau mit einem Denkmal geehrt. Anlass ist der Tag des Waffenherstellers, ein Festtag der russischen Waffenindustrie, der seit fünf Jahren am 19. September gefeiert wird. 

Maschinengewehr als "kulturelle Marke"

Die rund acht Meter hohe Statue von Kalaschnikow wurde an einer Straßenkreuzung in der Stadtmitte eingeweiht. Er steht in einfacher Arbeiterkleidung auf einem Sockel und hält das Gewehr vorsichtig und stolz in beiden Händen - als wäre es ein Kind. Der Ingenieur verkörpere mit seinem Talent und Bescheidenheit "die besten Eigenschaften eines russischen Menschen", sagte bei der Einweihung der Kulturminister Wladimir Medinskij. Das Maschinengewehr sei "eine echte kulturelle Marke Russlands". Auftraggeber des Denkmals ist die Russische Gesellschaft für Militärgeschichte, deren Vorsitzender Medinskij ist. 

Michail Kalaschnikow mit einem Kalaschnikow-Sturmgewehr in der Hand
Michail Kalaschnikow, Erfinder von AK-47, ist 2013 gestorbenBild: picture-alliance/dpa

Die Einweihung des Denkmals von Bildhauer Salawat Schtscherbakow wurde seit Januar immer wieder verschoben, das Denkmal leicht überarbeitet. Die Komposition besteht aus zwei Teilen: vorne die Figur von Kalaschnikow und im Hintergrund der Erzengel Michael auf einem Ross, der mit einem Speer einen Drachen tötet. Das ganze symbolisiere "den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse", wird Schtscherbakow von russischen Medien zitiert. Der Bildhauer nennt das Kalaschnikow-Gewehr eine "Waffe des Guten".

Über 70 Millionen Kalaschnikows seit 1947

Das berühmte Maschinengewehr feiert in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag. 1947 gewann das von Kalaschnikow entwickelte Modell einen Wettbewerb und ging in Serie. Die erste Version bekam die Abkürzung AK-47. Es wurde später mehrmals modernisiert. Die Waffe gilt als billig, einfach und robust. Nach Herstellerangaben wurden mehr als 70 Millionen Kalaschnikows produziert.

Der Konzern aus Ischewsk, der auch Sport- und Jagdwaffen herstellt und inzwischen den Namen Kalaschnikow trägt, verzeichnete 2016 nach eigenen Angaben verdreifachte Ausfuhrzahlen. Einige lukrative Märkte hat der russische Waffenhersteller jedoch verloren. So haben die USA Kalaschnikow auf die Sanktionsliste gesetzt - wegen des russischen Vorgehens in der Ukraine. Man hoffe auf eine Rückkehr auf den amerikanischen Markt, sagte der Konzernchef im Interview.

Symbol für den Zeitgeist

Für den russischen Publizisten Oleg Kaschin ist das Kalaschnikow-Denkmal hochsymbolisch. "Im heutigen Russland ist es normal geworden, über einen Krieg nicht als Tragödie, sondern als gute Werbung für russische Waffen zu sprechen", sagte Kaschin der DW. Pazifismus sei aus der Mode, daher sei der "zyklopische Kalaschnikow" ein adäquates Symbol für den Zeitgeist im heutigen Russland.

"Ich weiß nicht, was eine Waffe des Guten sein soll, das sind leere Worthülsen", schrieb der russische Schriftsteller Viktor Jerofejew in einem DW-Gastkommentar. "Es ist das Gleiche, als würden die Franzosen die Guillotine zu einem nationalen Gefühlerzieher ausrufen." Ein Maschinengewehr bringe den Tod und keine guten Wünsche, schreibt Jerofejew. Es könne "jede Minute gegen diejenigen verwendet werden, die es lieben und hochpreisen". 

Palästinensische Sicherheitskräfte mit Kalaschnikow-Sturmgewehren
Kalaschnikows Erfindung ist bis heute der russische Exportschlager weltweit Bild: picture-alliance/dpa

Wladimir trifft Wladimir

In den vergangenen Monaten wurden in Russland auch andere Denkmäler mit Symbolkraft eingeweiht. Das Größte war die Statue des mittelalterlichen Großfürsten Wladimir. Künstler ist wie bei Kalaschnikow der Bildhauer Schtscherbakow. Der 62-Jährige scheint derzeit die Nummer Eins bei solchen Projekten in Russland zu sein. Ein Heiliger, ein Staatsgründer und ein Krieger. So beschrieb Wladimir Putin im November 2016 seinen Namensvetter bei der Einweihung des Denkmals, das in Sichtweite des Kremls steht. Wladimir sei ein "Sammler und Verteidiger russischer Erde" gewesen, sagte der russische Präsident, der sich offenbar auch so sieht.

Wladimir, der Großfürst von Kiew, gilt als einer der wichtigsten Herrscher in der Geschichte des mittelalterlichen Staates Kiewer Rus, in dem Russland und die Ukraine die Wurzeln ihrer Völker, ihrer Staatlichkeit und ihres christlichen Glaubens sehen. Der 16 Meter hohe Wladimir wird als bärtiger Mann in fürstlicher Kleidung dargestellt, der sich mit der rechten Hand auf ein großes Kreuz stützt. In der linken Hand hält er ein Schwert. Manche Beobachter vermuten, dass das Denkmal eher Putin als dem Kiewer Fürsten gilt. Jedes Mal, wenn der russische Präsident in den Kreml fährt, fährt er an Wladimir vorbei.

Vor rund einem Jahr, im Oktober 2016, wurde in der südrussischen Stadt Orjol ein Denkmal des ersten russischen Zaren, dem Moskauer Großfürsten Iwan IV, eingeweiht. Er ist auch als Iwan der Schreckliche in die russische Geschichte eingegangen. Auch er wurde mit einem Kreuz und einem Schwert dargestellt - so sieht sich offenbar das moderne Russland.