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Öl-Streit beigelegt

28. Januar 2010

Russland und Weißrussland haben ihren seit Monaten andauernden Streit um den Preis für russische Öllieferungen beigelegt. Experten sehen noch Probleme in den bilateralen Beziehungen. Strom- und Gaslieferungen umstritten.

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Rohre der Druschba-Pipeline in Weißrussland (Foto: AP)
Druschba-Pipeline in WeißrusslandBild: AP

Moskau und Minsk haben ein neues Abkommen über russische Öllieferungen an Weißrussland unterzeichnet. Das teilte am 27.01.2010 der stellvertretende russische Regierungschef Igor Seschin mit. Dem weißrussischen Vizeregierungschef Wladimir Semaschko zufolge erhält Minsk in diesem Jahr zollfrei 6,3 Millionen Tonnen russisches Rohöl. Das entspräche dem Bedarf des Landes. Außerdem werde die Transitgebühr für russisches Öl nach Westeuropa, um elf Prozent erhöht. Derzeit beträgt diese 3,9 Dollar (2,10 Euro) pro Tonne und 100 Kilometer.

Versorgung bis Ende September

Der bisherige Vertrag war am Neujahrstag ausgelaufen. Hintergrund des jetzt beigelegten Konflikts ist, dass Weißrussland keine Zölle mehr auf das gelieferte russische Erdöl zahlen wollte. Minsk berief sich dabei auf die im Dezember 2009 zwischen Russland, Weißrussland und Kasachstan vereinbarte Zollunion. Moskau hingegen hatte eine Erhöhung seiner Zölle angestrebt, worauf Minsk deutlich mehr Geld für das Weiterleiten des Öls nach Westen verlangt hatte.

Ein Arbeiter dreht an einem Pipeline-Ventil. Ein Öl-Streit führte 2007 zu einem Lieferstopp. (Foto: AP)
Ein Öl-Streit führte 2007 zu einem LieferstoppBild: AP

Die Vereinbarungen stellen die Versorgung weißrussischer Raffinerien mit russischem Öl bis mindestens Ende September sicher, teilten die Verhandlungsführer beider Länder mit. Im Herbst solle dann über Änderungen an den Liefermengen beraten werden. Das Abkommen garantiere zudem den Öl-Transit nach Westeuropa. Durch Weißrussland laufen wichtige Transitleitungen für russisches Öl Richtung Europäische Union. Im Januar 2007 hatte ein Öl-Streit zwischen beiden Ländern zu einem mehrtägigen Lieferstopp geführt. Russland hatte bei einem Scheitern der jüngsten Verhandlungen erneut mit der Drosselung seiner Öllieferungen gedroht.

Weitere bilaterale Probleme

Beobachtern zufolge sind die Energie-Konflikte zwischen Russland und Weißrussland allerdings mit dem neuen Abkommen nicht alle gelöst. So gebe es noch offene Fragen beim Strom-Transit ins Gebiet Kaliningrad über weißrussisches Territorium, aber auch bei russischen Gaslieferungen.

Bild von der Internetseite des weißrussischen Verteidigungsministeriums (Foto: DW)
Minsk betont gegenüber Moskau die Bedeutung der militärischen KooperationBild: DW / Paulyuk Bykowski

Die ehemalige weißrussische Parlamentsabgeordnete Olga Abromowa sagte der Deutschen Welle, Moskau und Minsk hätten verschiedene Interessen bei der Pflege der bilateralen Beziehungen. Die militärpolitische Zusammenarbeit beider Länder sei aus weißrussischer Sicht eine Gegenleistung für russische Energielieferungen. Hierbei stellt Weißrussland der Russischen Armee unter anderem Militärbasen zur Verfügung. Russland aber wolle die wirtschaftliche Kooperation ohne Berücksichtigung des militärpolitischen Aspekts auf marktwirtschaftliche Prinzipien umstellen. Dann müßte Weißrussland Weltmarktpreise für russische Rohstoffe und Energieträger zahlen.

Drohpotenzial auf beiden Seiten

Wie der Politologe Jurij Tschausow im Gespräch mit der Deutschen Welle erläuterte, setzen beide Länder sich gegenseitig unter Druck - Weißrussland bringe dabei die militärpolitische Zusammenarbeit ins Spiel, und Russland Integrationsprojekte wie die Zollunion zwischen ehemaligen Sowjetrepubliken. Der Verlust des russischen Marktes wäre für die weißrussische Wirtschaft ein herber Schlag, so der Experte. Allerdings würden auch dort weißrussische Waren immer mehr an Wettbewerbsfähigkeit verlieren.

Tschausow sagte weiter, Weißrussland drohe Moskau auch, sich nach Westen zu orientieren und die militärpolitische Zusammenarbeit zu beenden. Eine Landkarte mit russischen Militärobjekten in Weißrussland habe bereits bei Verhandlungen während des Öl-Streits auf dem Tisch gelegen, so der Politologe. Erschwert werden könnte das bilaterale Verhältnis auch dadurch, dass Minsk die Ratifizierung des Abkommens über eine gemeinsame Luftabwehr weiter hinauszögert, das im Februar 2009 unterzeichnet wurde.

Autor: Markian Ostaptschuk, Gennadij Konstantinow (dpa, afp, rtr)
Redaktion: Fabian Schmidt