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Moskauer Gericht prüft Siemens-Klage

16. Oktober 2017

Ein Gericht in Moskau prüft seit Montag eine Klage von Siemens gegen ein russisches Unternehmen. Dabei geht es um die Frage, wie Siemens-Turbinen auf die von Russland annektierte Halbinsel Krim gelangen konnten.

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Gasturbinen bei der Siemens AG in Berlin
Gasturbine von Siemens, hier in einem Werk in Berlin.Bild: picture alliance/dpa/U. Baumgarten

Als sich deutsche Topmanager am Donnerstag (12.10.2017) in Sotchi mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin trafen, war Siemens-Chef Joe Kaeser nicht dabei. Ein Firmensprecher sagte der DW, dies habe nur terminliche Gründe gehabt, einen Bezug zum Streit über illegal auf die Krim gelieferte Gasturbinen des Konzerns gebe es nicht.

Bei dem Treffen sprach sich Putin für engere Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern aus - ungeachtet der Sanktionen, die die Europäische Union (EU) und die USA wegen der Annexion der Krim gegen Russland verhängt haben.

Der Streit um die Siemens-Turbinen, der nun auch ein Gericht in Moskau beschäftigt, sei dabei nicht diskutiert worden, sagte Putins Sprecher Dimitri Peskow laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax.

Karte der Krim Englisch (Stand: 2014-03-31)
Die Turbinen sollten eigentlich in einem Kraftwerk auf der Halbinsel Taman eingesetzt werden, direkt östlich der KrimBild: DW

Worum geht es im Turbinen-Streit?

Anfang Juli waren zwei Gasturbinen aus Siemens-Produktion in Sewastopol auf der Krim aufgetaucht. Offenbar soll damit ein Kraftwerk betrieben werden, das die Halbinsel mit Strom versorgen soll.

Russland hatte die zur Ukraine gehörende Halbinsel Krim 2014 annektiert. Aus Sicht der EU und der USA war das völkerrechtswidrig. Brüssel und Washington verhängten deshalb weitreichende Wirtschaftssanktionen. Seitdem dürfen viele Waren und Dienstleistungen nicht mehr auf die Krim geliefert werden, darunter auch Turbinen.

Siemens sieht sich dabei als Opfer. Der Münchner Technologiekonzern sollte eigentlich vier Gasturbinen für ein Kraftwerk auf der russischen Halbinsel Taman liefern, die östlich der Krim am Schwarzen Meer liegt. Das war trotz der Sanktionen erlaubt.

Gebaut wurden die Turbinen von einem deutsch-russischen Joint Venture, an dem Siemens die Mehrheit hat. Käufer war TPE, ein Tochterunternehmen des russischen Staatskonzerns Rostec. Laut Siemens war vertraglich genau geregelt, dass die Turbinen nur in diesem Kraftwerk auf Taman eingesetzt werden dürfen. Doch das Kraftwerk dort wurde nie gebaut, stattdessen gingen die Turbinen auf die Krim.

Siemens sah sich getäuscht, stellte Strafanzeige gegen seinen russischen Kunden TPE und klagte auf Einhaltung des Vertrags. Diese Klage prüft das Gericht in Moskau nun. Die Richter begannen am Montag mit der Verhandlung in der Sache.

Siemens Gasturbinen Fabrik in Russland
Siemens Gasturbinen Fabrik in Russland Bild: picture-alliance/dpa/A. Ryumin
Gasturbinen bei der Siemens AG in Berlin
Gasturbine von Siemens, hier in einem Werk in Berlin.Bild: picture alliance/dpa/U. Baumgarten

Wie frei sind die Richter?

Mitte August hatte Siemens in Moskau noch eine juristische Niederlage hinnehmen müssen. Ein Gericht wies den Antrag des Unternehmens ab, die Turbinen zu beschlagnahmen und ihre Inbetriebnahme zu verbieten.

Wie genau kamen die Turbinen auf die Krim? Hatte Siemens ein Rückkaufrecht, nachdem klar war, dass das Kraftwerk auf Taman nicht gebaut würde? Darf TPE ein Siemens-Produkt vertragswidrig einsetzen? Wurde Siemens bewusst getäuscht? All diese Fragen könnte ein Gericht zu klären versuchen.

Doch es ist das erklärte Ziel Putins, die Stromversorgung auf der annektierten Krim zu verbessern. Das dort von TPE gebaute Gaskraftwerk kann ohne die Turbinen nicht produzieren. Geleitet wird TPE-Mutterkonzern Rostec von Sergei Tschemesow, der als enger Freund Putins gilt. Es ist daher unwahrscheinlich, dass das Moskauer Gericht frei von politischem Einfluss entscheiden kann.

Schon im August hat die EU wegen des Turbinen-Streits ihre Sanktionen gegen russische Firmen und Einzelpersonen ausgeweitet. Siemens erklärte zudem, seine Aktivitäten in Russland einzuschränken.

Andreas Becker
Andreas Becker Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Geldpolitik, Globalisierung und Verteilungsfragen.