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Adam Yauch

Michael Borgers5. Mai 2012

Mit den Beastie Boys schrieb Adam Yauch Hip-Hop-Geschichte. Mit seinem Tibet-Einsatz weckte der US-Amerikaner das Interesse einer neuen Generation für die Menschen dort, sagt Tibet-Experte Klemens Ludwig im DW-Interview.

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Adam Yauch (Foto: AP/dapd)
Bild: AP

DW: Adam Yauch war Musiker – in den 1990er Jahren setzte er seine Bekanntheit für die Sache Tibets ein. Wie haben Sie sein Engagement erlebt?

Klemens Ludwig: Als Hip-Hop-Musiker hat Yauch vor allem junge Menschen angesprochen. Und seine Bekanntheit als Musiker hat er genutzt, um eben hier eine große Mobilisierung für Tibet zu erreichen. Eine Mobilisierung, die sonst in dieser Zeit gar nicht möglich gewesen wäre. In den USA hat er große Konzerte für Tibet veranstaltet, das Tibetian Freedom Concert war eines der größten Benefizfestivals seit Live Aid 1985. Und so wurden Jugendliche angesprochen, die wegen der Musik kamen – dabei aber ganz viel über Tibet erfuhren. Bei diesen Konzerten konnten Tibetaktivisten ihre Informationen immer ganz prominent überbringen – und so neue Unterstützer gewinnen. Über die Musik hinaus war vor allem das eines seiner großen Verdienste.

Sein Engagement endete aber nicht mit den Konzerten?

Er hat versucht, sein Engagement in Strukturen zu lenken. So hat er den "Milarepa Fund" gegründet. Die Initiative gibt es bis heute. Sie ist benannt nach einem tibetischen Heiligen aus dem 12. Jahrhundert. Und dieser Fund bemüht sich vor allem in den USA um Stipendien für junge Tibeter im Exil, er will ihnen eine gute Ausbildung verschaffen. Nach dem Motto: Wenn schon in Tibet die tibetische Kultur im Moment wenig Perspektiven hat, ist es doch wichtig, dass es im Ausland eine tibetische "Elite" gibt. Dafür hat Adam Yauch gemeinsam mit Freunden durch die Gründung des "Milarepa Fund" die Grundlage gelegt.

Klemens Ludwig, Experte der Tibet-Initiative Deutschland e.V. (Foto: Tibet-Initiative Deutschland e.V.)
Klemens LudwigBild: Tibet-Initiative Deutschland e.V.

Seitdem blickt die Welt immer wieder nach Tibet; vor allem dann, wenn sich Mönche selber anzünden. An der Situation im Land an sich ändert sich aber nichts, so scheint es. Ist der Eindruck richtig?

Das Problem ist, dass China ein wichtiger Machtfaktor in der Weltpolitik ist. Die Regierungspartei KP weiß, dass die westliche Welt auch die Nähe zur Wirtschaftsmacht China sucht. Das begrenzt natürlich die Möglichkeiten des Tibet-Engagements. Auf der anderen Seite bin ich nicht ganz pessimistisch, denn asiatischen Regierungen ist es generell wichtig, ihr Gesicht zu wahren. Und für die chinesische KP ist sicherlich die Tibet-Frage das größte Imageproblem in der Welt; sie nimmt China das Image, eine Großmacht auch im ethisch-moralischen Sinne zu sein. Deshalb kann man einfach hoffen, dass sich etwas tut, wenn die Tibetarbeit von Prominenten und Aktivisten auf der ganzen Welt fortgesetzt wird.

Direkter politischer Druck ist nicht möglich, dafür ist China einfach zu mächtig. Aber man kann hoffen, dass die KP eines Tages denkt: Wir haben keine Lust mehr, ständig als die Buhmänner dazustehen und gehen eine Lösung des Tibetproblems an. Natürlich im Rahmen des Vertretbaren, also unterhalb der Unabhängigkeit. Diese Chance sehe ich. Mit kurzfristigen Erfolgen in Folge von Protesten, nachdem sich Mönche selber angezündet haben, kann man dagegen nicht rechnen.

Was bedeutet der Tod von Adam Yauch für die Tibet-Bewegung?

Wenn Sie sich gerade die Tibet-Foren im Internet anschauen, finden Sie große Trauer, Betroffenheit und Mitgefühl vor. Adam Yauch war ja auch mit einer Tibeterin verheiratet, ihre gemeinsame Tochter trägt einen tibetischen Namen. Er war der Tibet-Sache also sehr eng verbunden. Ein anderes so prominentes Beispiel ist vielleicht noch Richard Gere, der sich in ähnlichem Maße engagiert. Der Tod von Adama Yauch ist ein großer Verlust – er wird aber nicht dazu führen, dass die Tibet-Bewegung abebbt. Vieles, was er angestoßen hat, wird in seinem Sinne weitergeführt werden.

Adam Yauch starb am Freitag (04.05.2012) nach fast dreijährigem Kampf gegen Krebs in New York. Der Bassist hatte vor mehr als 30 Jahren eine Punkrock-Band gegründet, aus der schließlich die Beastie Boys, eine der erfolgreichsten und ältesten Hip-Hop-Gruppen, hervorgingen.

Klemens Ludwig arbeitet als freier Autor mit dem Schwerpunkt Asien, u.a. für die Deutsche Welle. Ab 1986 bereiste er mehrmals Tibet, bis ihm die chinesischen Behörden 2004 das Visum verweigerten. Von 1994 bis 2000 war er Vorsitzender der Tibet Initiative Deutschland. Über seine Erfahrungen hat er zahlreiche Bücher, Radiosendungen und Zeitungsbeiträge veröffentlicht.