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Für den guten Zweck

Philip Hausmann19. September 2013

Die Musik dient immer nur sich selbst, so lautet ein ungeschriebenes Gesetz der Kunst. Das World Doctors Orchestra stellt eindrucksvoll unter Beweis, dass Musik auch zu mehr in der Lage ist - etwa in der Musiktherapie.

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Das World Doctors Orchestra in der Berliner Philharmonie 2012 (Foto:: Peer Schröder)
Bild: DW/P. Schröder

Zweimal im Jahr heißt es für die jeweils rund 100 Musiker des World Doctors Orchestra die Berufskleidung zu wechseln: raus aus den Ärztekitteln und hinein in die festlichen Abendgarderoben. Denn unter der Leitung des Internisten und Dirigenten Stefan Willich finden sich jährlich Musik liebende und Musik praktizierende Mediziner aus der ganzen Welt für Benefizkonzerte zusammen. Hier ist die Musik kein künstlerischer Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck. Demnach wandert der Erlös der Konzerte nicht in die eigene Tasche, sondern wird für medizinische Hilfsprojekte genutzt.

Die Entstehungsgeschichte

Alles begann mit einer außergewöhnlichen Initiative des Berliner Arztes Stefan Willich. Für Willich spielte die Musik stets eine große Rolle: Früh erlernte er das Geigenspiel, hinzu kamen Klavier- und Dirigierunterricht. Nach dem Schulabschluss fing Willich sogar an, Musik zu studieren. Dabei kam ihm ein schrecklicher Gedanke: "Wenn ich jeden Tag professionell Musik machen muss, verliere ich meine Leidenschaft an Musik." Willich zog die notwendige Konsequenz und wechselte zur Medizin.

Jahre später, mittlerweile Internist an der Berliner Charité, machte er die Entdeckung, dass sich auch andere Mediziner in ihrer Freizeit gerne musikalisch betätigen. So gründete Willich im Jahr 2007 ein Ärzteorchester. Dabei dachte er global: Das Laienensemble sollte Mediziner und Medizinerinnen aus der ganzen Welt in seinen Reihen haben. Im Jahr 2008 präsentierte sich das World Doctors Orchestra in der Berliner Philharmonie dann erstmals der Öffentlichkeit. In den Jahren 2009 bis 2012 folgten umjubelte Konzerte in den Vereinigten Staaten, in Armenien, sogar in China und in Südafrika. Aber auch in Berlin, der Heimatstätte des Orchesters sozusagen, gab man fast jährlich ein Benefizkonzert.

Stefan Willich im Portrait (Foto: Arno Burgi/dpa)
Internist und Dirigent Stefan WillichBild: picture-alliance/ZB

Für das Laienensemble um Stefan Willich steht dabei stets der Wohltätigkeitszweck im Vordergrund. Mit den Einnahmen der Konzerte unterstützen die musizierenden Ärzte jeweils ein internationales und ein regionales Hilfsprojekt. Darüber hinaus möchte das World Doctors Orchestra die breite Öffentlichkeit dafür gewinnen, für die Verbesserung der medizinischen Versorgung in Entwicklungsländern zu spenden.

Heute besteht das Ärzteorchester aus 700 Mitgliedern aus über 40 Nationen. Rund ein Fünftel der Mediziner und Musiker kommt dabei aus Deutschland.

Logistische Herausforderung

Setzt sich ein Orchester aus Mitgliedern aus der ganzen Welt zusammen, bringt die Vorbereitung und Planung eines Konzertes gewisse Schwierigkeiten mit sich. "Die Musiker werden lange Zeit im Vorfeld informiert, wann ein Konzert stattfindet und welche Stücke gespielt werden. Wochen oder sogar Monate zuvor schicken wir den Mitgliedern dann die Noten, damit jeder - auch in Asien, in Afrika oder in den USA - für sich proben kann", erklärt Stefan Willich. Erst in der Stadt, wo das Konzert stattfindet, kommen schließlich alle Musiker zusammen - zum gemeinsamen Proben verleiben ihnen mitunter nur ein paar Tage. Das sei aber kein Problem, sagt der Dirigent: "Ärzte sind schließlich daran gewöhnt, hart zu arbeiten. Und da wir die Musik alle lieben, fühlt sich das Proben auch fast gar nicht nach Arbeit an."

Das World Doctors Orchestra in der Berliner Philharmonie 2012 (Foto: Peer Schröder)
Das World Doctors Orchestra in der Berliner PhilharmonieBild: DW/P. Schröder

Musik und Medizin

Stefan Willich meint erklären zu können, warum so viele Mediziner gerne und eifrig musizieren. Musik und Medizin seien beide äußert fein strukturiert. "In der Musik gibt es die Kompositionen, in der Medizin die Naturwissenschaften. Aber in beiden Fällen muss man Emotionen, Subjektivität und Zuneigung hinzugeben." Zudem würden viele Mediziner, die in ihrem beruflichen Alltag oft mit Krankheiten oder sogar dem Tod konfrontiert werden, mit der Musik einen entspannenden Ausgleich schaffen.

Die heilende Kraft

Eine bemerkenswerte Schnittstelle von Musik und Medizin erkennt Stefan Willich in der Musiktherapie. Geriet diese über mehrere Jahrhunderte in Vergessenheit, so lässt sich seit geraumer Zeit eine Wiedergeburt der Musiktherapie beobachten. Willich nennt zwei Beispiele für die heilende Kraft dieser Therapieform: "Es ist möglich, mit klassischer Musik den Blutdruck zu senken. Zudem können demenzkranke Menschen mit Hilfe der Musik viel länger mit der Außenwelt in Kontakt bleiben, selbst wenn das Sprachvermögen schon erloschen ist." Willich ist zuversichtlich: Er sieht eine gute Grundlage, die Musiktherapie zukünftig in das Spektrum der modernen Medizin zu integrieren.

Der gute Zweck

Im Rahmen des diesjährigen Beethovenfestes spielte das World Doctors Orchestra auch ein Benefizkonzert in Bonn. Der Erlös kommt zum einen dem von deutschen Zahnärzten gegründeten Projekt "Dentists for Africa" zu Gute. Zum anderen unterstützt das Orchester die Kinderabteilung des Bonner Universitätskrankenhauses.

Eine Therapeutin mit Gitarre und eine Patientin mit Bongos machen Musik (Foto: Miriam Dörr)
Heilung durch MusiktherapieBild: Miriam Dörr - Fotolia.com