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Der Burkini muss reichen

11. September 2013

Muslimische Schülerinnen müssen laut einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts den Schwimmunterricht besuchen, wenn sie dabei einen sogenannten Burkini tragen können. Die Anwesenheit von Jungen ist kein Hinderungsgrund.

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Im Burkini kühlt sich die Berlinerin Abir am Montag in einem Freibad in Berlin. (Foto: dpa)
Muss nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts reichen: BurkiniBild: picture-alliance/dpa

Der Burkini muss reichen

Dies gilt auch für einen gemeinsamen Unterricht mit männlichen Schülern. Dabei müssten sie auch den Anblick männlicher Mitschüler in Badekleidung auf sich nehmen, weil dies auch außerhalb der Schule verbreitet sei, urteilten die Richter in Leipzig. Um ihre religiösen Gefühle zu wahren, sei ein Ganzkörperbadeanzug als Kompromisslösung angemessen. So sei einer praktischen Lösung zwischen staatlichem Bildungs- und Erziehungsauftrag auf der einen Seite und grundgesetzlich verankerter Religionsfreiheit auf der anderen Seite Rechnung getragen.

Der Burkini muss reichen

Auslöser des Rechtsstreits war die Weigerung einer muslimischen Schülerin aus Frankfurt am Main, aus religiösen Gründen zusammen mit Jungen am Schwimmunterricht teilzunehmen. Auch das Tragen eines Burkinis als Kompromiss kam für sie nicht infrage.

Toleranz keine Einbahnstraße

Begründet wurde die Weigerung des Mädchens mit der im Grundgesetz geschützten Religionsfreiheit. Die Bekleidungsvorschriften im Koran erlaubten einen gemeinsamen Schwimmunterricht mit Jungen nicht, argumentierte der Anwalt des Mädchens. Zudem gehöre der gemeinsame Schwimmunterricht nicht zum Kernbereich des staatlichen Bildungsauftrags. Dies zeige sich etwa daran, dass andere Bundesländer einen nach Geschlechtern getrennten Schwimmunterricht anbieten würden. Außerdem führe das Tragen des Burkinis zu "Ausgrenzung und Stigmatisierung" des Mädchens.

Dem folgten die obersten Verwaltungsrichter nicht. Aus dem Grundrecht auf Glaubensfreiheit sei kein Anspruch darauf abzuleiten, in der Schule nicht mit den Verhaltens- und Kleidungsgewohnheiten anderer Menschen konfrontiert zu werden, die allgemein üblich seien. Auch das Argument der Stigmatisierung sei nicht überzeugend, schließlich trage die inzwischen 13-Jährige auch in anderen Unterrichtsstunden ein Kopftuch. Außerdem solle die Schule Toleranz einüben. Das sei aber keine Einbahnstraße.

Mit ihrer Klage auf Befreiung vom Schwimmunterricht aus religiösen Gründen war die Schülerin bereits in zwei Vorinstanzen gescheitert, zuletzt vor dem hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel. Dessen Urteil schloss sich das Bundesverwaltungsgericht jetzt an. Es behandelte erstmalig einen Streit um koedukativen Sportunterricht. Die Klägerin erklärte, sie akzeptiere das Urteil. Ob ihre Eltern vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, ist noch unklar.

gmf/qu (afp, dpa, epd, kna)