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Politik

Muslimverbände wollen mehr Schutz für Moscheen

17. Februar 2020

Angesichts mutmaßlich geplanter Anschläge auf deutsche Moscheen schlagen mehrere Muslimverbände Alarm. Muslime fühlten sich nicht mehr sicher. Deshalb verlangen die Verbände mehr staatlichen Schutz.

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Bielefeld Vermummte greifen Moschee an
Eine Moschee in Bielefeld (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/S. Jonek

Die Islamverbände Zentralrat der Muslime, Ditib und Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) mahnen nach den jüngsten Bombendrohungen gegen Moscheen und den mutmaßlichen Anschlagsplänen einer rechten Terrorzelle in Deutschland ein umfassendes Sicherheitskonzept an. Der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime, Abdassamad El Yazidi, sprach mit Blick auf das Vorhaben der rechtsextremistischen Gruppierung, gezielt Moscheen in Deutschland anzugreifen, von einer "nie da gewesenen Dimension".

"Die Muslime sind höchst verunsichert. Sie fühlen sich im Stich gelassen", sagte El Yazidi der Deutschen Welle. Sie überlegten, was sie machen können, um ihre Gebetsstätten zu schützen.  "Was sie am meisten verunsichert und verängstigt, ist diese Gleichgültigkeit, mit der solche Schreckensmeldungen eben nicht kommentiert werden in der Gesellschaft. Dass es kein Aufrütteln gibt, keine klare, starke Solidaritätsbekundung gibt in der Form, die man sich wünscht."

Der Generalsekretär fügte hinzu: "Wir kriegen als Funktionäre diesen Hass zu spüren." Dies erfolge virtuell über soziale Medien sowie über Drohbriefe. Der Vorsitzender des Zentralrates, Aiman Mazyek, wird persönlich von bestimmten rassistischen Rechtsradikalen bedroht. "Wir erhalten auch nicht nötigen Schutz von der Polizei, den wir uns erhoffen, beim Schutz unserer Vertreter, aber auch unserer Gebetsstätten", betonte El Yazidi.

Deutschland l Zentralrats der Muslime in Deutschland - ZMD Generalsekretär Abdassamad El Yazidi
Der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Abdassamad El Yazidi Bild: picture alliance/AA/A. Hosbas

Erhöhte Bedrohungslage

Die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs erklärte in Köln, Moscheen, Synagogen und andere Einrichtungen religiöser Minderheiten in der Bundesrepublik mit einer erhöhten Bedrohungslage müssten vom Staat geschützt werden. Es könne nicht sein, dass Moscheegemeinden, die mit Spendengeldern finanziert würden, auch noch ihre eigene Sicherheit finanzieren müssten. Der Staat stehe in der Pflicht, für die Sicherheit seiner Bürger zu sorgen. "Dazu gehören auch Muslime."

Auch der türkisch-islamische Verband Ditib forderte, den Schutz der Moscheen und Muslime "konsequent zu gewährleisten". Der Verband appellierte vor allem an Politik und Gesellschaft, deutlich Stellung zu beziehen. Viele Muslime fühlten sich nicht mehr sicher, die Gefahr sei real. Es sei enttäuschend, dass die Mehrheit schweige und dass Zeichen der Solidarität und ein "gesellschaftlicher Aufschrei" bisher ausblieben. "Das Schweigen der Mehrheit, auch der Politik und der moderaten Kräfte in unserem Land, insbesondere bei Angriffen gegen Muslime, wird nicht nur von einer breiten Gesellschaftsschicht als stillschweigende Duldung verstanden", kritisierte der Verband. Die Ditib berichtete von fast 100 registrierten Angriffen pro Jahr auf Moscheen in Deutschland. Allein in den ersten sechs Wochen dieses Jahres seien bereits über zehn Angriffe erfasst worden.

Wachsende Sorge bei Muslimen

Sechs Moscheen im Visier?

Zuletzt war bekannt geworden, dass Mitglieder der mutmaßlichen rechten Terrorzelle um Werner S. Angriffe auf sechs Moscheen in kleineren Städten geplant haben sollen. Nach Razzien in sechs Bundesländern waren Haftbefehle gegen zwölf Männer ergangen. Die Gruppe soll auch Anschläge auf Politiker, Asylbewerber und Muslime ins Auge gefasst haben.

Am Mittwoch und Donnerstag hatten Moscheen in den vier nordrhein-westfälischen Städten Unna, Hagen, Essen und Bielefeld über E-Mails Bombendrohungen erhalten. In allen vier Fällen wurden der Polizei zufolge die Gebäude mit Spürhunden durchsucht, dabei wurde nichts Verdächtiges entdeckt. In Marl hatten zuvor Unbekannte offenbar ein alevitisches Gemeindehaus beschossen.

Das nordrhein-westfälische Innenministerium erklärte, Drohungen gegen Moscheen würden von der Polizei ernst genommen. Die örtliche Polizei schütze Moscheen und andere religiöse Einrichtungen je nach der jeweiligen Gefährdungslage. Die Schutzmaßnahmen unterlägen jedoch der Geheimhaltung. Deshalb veröffentliche man dazu keine näheren Informationen. Die Linkspartei rief die Landesregierung in Düsseldorf auf, einen konkreten Plan vorzulegen, wie Moscheen in NRW vor rechter Gewalt geschützt werden könnten. Zudem forderte die Linkspartei, das Problem des antimuslimischen R assismus ernst zu nehmen und mit der Aufklärungsarbeit dazu zu beginnen.

kle/haz (dpa, epd, DW)