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Muss das denn sein?

24. September 2010

Eine attraktive Blondine kommt in die Umkleide einer erfolgreichen Footballmannschaft. Das klingt nach einem schlechten Samstagnacht-Film. Es ist aber der Auftakt eines handfesten Skandals, mit merkwürdigem Verlauf.

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fern.schreiber Rubrikengrafik, Wolkenlandschaft --- DW-Grafik: Peter Steinmetz

Die Sportreporterin Ines Sainz kam am 11. September 2010 wegen eines Interviews auf das Trainingsgelände der New York Jets. Es sollte eine harmlose, geschäftliche Verabredung werden. Was sich laut Berichten an diesem Nachmittag abspielte, erinnert aber doch wieder an einen schlechten Samstag-Nacht-Film.

So sollen zum Beispiel absichtlich Bälle in ihre Richtung geworfen worden sein, damit die Spieler in ihrer Nähe sein konnten. Und als Ines Sainz die Umkleide betrat, so berichtet auch eine andere Reporterin, begleiteten sie anzügliche Pfiffe und vulgäre Äußerungen auf dem Weg zu ihrem Interviewpartner. Eine klare Grenzüberschreitung. Das ist sexuelle Belästigung.

Darf Mann das?

Dieser Fall hat einige radikale Ansichten zu Tage befördert. Angefangen von: "Weibliche Reporter sollten nicht in die Umkleide der Männer kommen" bis: "So wie sie angezogen war, wollte sie das doch" war alles dabei, was man sich an sexistischen Gemeinheiten nur vorstellen kann. Klar, wie sonst sollte ein solches Szenario verlaufen?!

Vielleicht so: Frau geht in die Umkleidekabine, macht ein professionelles Interview, bei dem alle Beteiligten ihre Würde bewahren können und verschwindet danach wieder.

Genau dieses professionelle Vorgehen aller war vielen Aussagen nach von vorne herein ausgeschlossen. Allein durch die schiere Anwesenheit einer wohlproportionierten Frau in engen Jeans und knackigem Oberteil.

Aber ist so ein Verhalten, gerade vor der Presse, nicht wahnsinnig peinlich?

Schließlich reden wir hier nicht von einem Kreisliga-Verein, der an Kameras und Journalisten nicht gewöhnt ist. Das sind Profis. Für diese Spieler sind Reporter Routine. Außerdem wissen sie, dass sie für viele Jugendliche Vorbilder sind.

Selber schuld?

Ines Sainz hat sich selbst zur “heißesten Sportreporterin Mexicos” ernannt. Also muss sie natürlich dafür sorgen, dass die Zuschauer ihr das abnehmen. Dazu setzt sie das ein, was ihr Mutter Natur und ihr Visagist mit auf den Weg gegeben haben. Ganz zu Recht. Wer vor die Kamera will, muss optisch etwas her machen. Aber genau dieses inoffizielle Auswahlkriterium wurde dieser Frau nun zum Verhängnis: Denn eben weil die Mexikanerin attraktiv ist, darf Mann ihr gegenüber scheinbar die guten Sitten vergessen.

Ines Sainz war vor diesem Skandal außerhalb Mexicos nicht allzu berühmt. Deshalb wirft man ihr jetzt vor, dass ihr dieser Skandal gerade recht kommt. Die Rede war auch schon von bewusster Provokation. Dass es aber gar nicht Ines Sainz selbst war, sondern eine amerikanische Kollegin, die den Ball ins Rollen gebracht hat, wird darüber hinaus gerne vergessen. Und dass einer Frau Unrecht getan wurde, leider auch.

Autorin: Christine Luzolo

Redaktion: Martin Schrader