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Portugal unter Druck

10. Januar 2011

EU-Kommission, Bundesregierung und die Europäische Zentralbank dementieren, dass Portugal bald vor der Pleite gerettet werden muss. Trotzdem ist Portugal an den Finanzmärkten unter Druck.

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Portugiesische Euro-Münzen (Foto: dpa)
Portugal braucht Geld: Neue Anleihen werden ausgegebenBild: picture-alliance/dpa

Bundeskanzlerin Angela Merkel griff während einer Dienstreise auf Malta persönlich ein. Sie dementierte Medienberichte, dass Deutschland Portugal dränge, unter den EU-Rettungschirm zu schlüpfen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erklärte: "Wir üben auf niemanden Druck aus, aber wir verteidigen den Euro." Angeblich drängen die Finanzministerien in Deutschland und Frankreich die Portugiesen, sich frische Kredite über den gemeinsamen Rettungsschirm der Europäischen Union zu besorgen. Portugal müsste dann weniger hohe Zinsen für Staatsanleihen an Anleger auszahlen, würde aber ähnlich wie Irland und Griechenland zugeben, dass es alleine nicht mehr handlungsfähig ist.

Die Kosten für Portugal, sich Geld am freien Markt zu besorgen, stiegen kontinuierlich an und lagen über sieben Prozent für langfristige Anleihen. Am Montag (10.01.2011) sind die Risikioaufschläge für Staatsanleihen Portugals und anderer Krisenstaaten im Euro-Raum wieder leicht gesunken. Das führen Händler aber vor allem auf massive Käufe von portugiesischen Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) zurück.

Jose Socrates (Foto: AP)
Premier Socrates will keine HilfenBild: AP

Wie lange hält Portugal durch?

Dieses Niveau wird das krisengebeutelte Land nicht lange halten können. Das sagte zumindest der portugiesische Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos noch im Oktober. Damals sprach dos Santos davon, dass sein Land den Rettungsschirm brauche, wenn sein Land mehr als sieben Prozent an Zinsen für Staatsanleihen an Anleger ausschütten müsse. Doch davon will Regierungschef Jose Socrates jetzt nichts wissen. Er übte sich in Optimismus und erklärte in Lissabon, er sei mit der Sanierung des Staatshaushalts voll im Plan und die Wirtschaft wachse stärker als erwartet.

Die Europäische Kommission in Brüssel verbreitete am Montag (10.01.2011) in Brüssel, zurzeit gäbe es keine Gespräche über eine Rettung Portugals durch die EU und den Internationalen Währungsfonds. Weder Portugal noch ein anderer EU-Staat seien im Moment Kandidaten für eine Rettung, sagte Kommissionssprecher Amadeu Altafaj. Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, sagte in Basel nach einem turnusmäßigen Treffen der wichtigsten Notenbanken, Portugal sei zurzeit kein Thema.

Elena Salgado (Foto: AP)
Spaniens Wirtschaftsministerin Salgado hält Portugal die StangeBild: AP

Frische Milliarden sollen Ausbreiten der Krise verhindern

Die Schuldenkrise setzt mittlerweile die Aktien portugiesischer Banken stark unter Druck. In Finanzkreisen heißt es, Portugal könne sehr bald 50 bis 100 Milliarden Euro Kredit beim Rettungsschirm von EU und IWF beantragen, um seine Staatsschulden zu refinanzieren. So könnte die Euro-Krise eingedämmt werden und ein Überspringen auf das wesentlich größere Spanien vielleicht aufgehalten werden, so Finanzexperten. Die spanische Wirtschaftsministerin Elena Salgado hat schon einmal vorsorglich erklärt, Portugal brauche keinerlei Hilfe von außen. Eine Stabilisierung Portugals ist vor allem auch im Interesse spanischer Banken, die Portugal insgesamt 75 Milliarden Euro geliehen haben sollen. Eine Bewährungsprobe könnte für Portugal der kommende Mittwoch (12.01.2011) werden. Dann muss das Land sich rund 1,25 Milliarden Euro besorgen, in dem es Staatsanleihen mit Laufzeiten von fünf und zehn Jahren verkauft. Finanzminister Teixeira dos Santos sagte im portugiesischen Rundfunk, das Land brauche keine Hilfe und er sei nicht nervös. Bislang habe es immer ausreichend viele Käufer für portugiesische Staatsanleihen gegeben.

Neben Spanien muss sich jetzt offenbar auch Belgien Sorgen machen. Nachdem klar wurde, dass die Regierungsbildung in Belgien auf absehbare Zeit gescheitert ist, steigen die Risikoaufschläge an den Finanzmärkten. Für zehnjährige Staatsanleihen muss Belgien 4,23 Prozent an Zinsen zahlen. Das ist der höchste Stand seit Einführung des Euro. Zwar sind die belgischen Risikoaufschläge noch weit vom portugiesischen Niveau entfernt, aber dies könnte der Beginn einer Abwärtsspirale sein. "Die Entwicklung hat das gleich Muster wie in den Ländern am Rand der Euro-Zone", sage Jan Deboutte von der belgischen Schuldenagentur der Tageszeitung "Le Soir". Die Versicherungsprämien, mit denen Anleger sich vor Ausfall von Krediten an Belgien absichern, sind extrem angestiegen.

Eurosymbol vor der Europäischen Zentralbank (Foto: AP)
Die EZB kauft Portugals Staatsanleihen aufBild: AP

Rettungsschirm mit 750 Milliarden

Irland hatte am 21.11.2010 Kredite in Höhe von 85 Milliarden Euro zu einem niedrigen Zinssatz aus dem gemeinsamen Rettungsschirm von EU und Währungsfonds beantragen müssen. Diesem Schritt waren tagelange Dementis vorausgegangen. Angeblich hatten auch damals Deutschland und Frankreich Druck auf Irland ausgeübt, den Rettungsschirm in Anspruch zu nehmen. So sollte die Euro-Krise eingedämmt werden. Im Falle Portugals könnten die Abläufe ähnlich sein.

Die Europäische Union hat insgesamt 500 Milliarden Euro an Bürgschaften für den Rettungsschirm mit Sitz in Luxemburg bis zum Jahr 2013 bereit gestellt. Dazu kommen noch einmal 250 Milliarden Euro vom Internationalen Währungsfonds. Bislang hat nur Irland den Fonds in Anspruch genommen. Die Rettung Griechenlands vor der Pleite erfolgt mit einem anderen speziellen Fonds in Höhe von 110 Milliarden Euro.

Autor: Bernd Riegert (ap, dpa, rtr)
Redaktion: Fabian Schmidt