1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Mut zur Lücke

Olivia Gerstenberger12. Februar 2014

DW-Sportreporterin Olivia Gerstenberger will sich am liebsten teilen. Bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi gibt es jeden Tag so viele Angebote, dass sie ständig das Gefühl hat, das meiste zu verpassen.

https://p.dw.com/p/1B7F4
Olivia Gerstenberger bei den Olympischen Winterspielen von Sotschi 2014
Bild: DW/O. Gerstenberger

Wie soll ich das nur anstellen? Während im Deutschen Haus die Pressekonferenz mit den Goldmedaillengewinnern vom Vortag stattfindet, startet in den Bergen des Kaukasus das nächste Skirennen und im Olympiapark ganz unten am Schwarzen Meer treten die Teams zum Curling an. Dazwischen liegen jeweils etliche Höhenmeter und anderthalb bis zweieinhalb Stunden Fahrtzeit. Selbst wenn ich mich hin und her "beamen" könnte, würde ich nicht alles schaffen.

Wer als Sportjournalist von Olympischen Spielen berichtet, muss sich wohl oder übel daran gewöhnen, bei den meisten Entscheidungen nicht dabei sein zu können. Schon in London vor zwei Jahren war das eine bittere Erfahrung für mich. Dort fanden ebenfalls einige Wettbewerbe gleichzeitig und zum Beispiel die Kanu-, Ruder und Segelwettbewerbe weit außerhalb des Olympiaparks statt.

Man müsste sich teilen können

Glück hat, wer in einem großen Team angereist ist. Und da rede ich nicht von unserem winzigen Zwei-Frauen-ein-Mann-Team der Deutschen Welle. Selbst wenn einer in den Bergen, einer beim Deutschen Haus und einer im Olympiapark ist (was oft der Fall ist, weil wir uns einfach aufteilen müssen), haben wir das Gefühl, nur einen winzigen Bruchteil der Ereignisse hautnah erleben zu können.

Selbst an der Piste ist es nicht so einfach, alles mitzubekommen. Wir Journalisten stehen unten am Auslauf mit Blick auf den Zielhang, alles andere verfolgen wir auf einer großen Leinwand. Die Fotografen sind da schon etwas privilegierter und dürfen den Hang hinaufsteigen oder mit der Gondel hochfahren und mit Skiern zu der ihrer Meinung nach besten (und offiziell erlaubten) Stelle neben der Strecke abfahren. Doch auch das ist suboptimal, erfahre ich von zwei Fotografen, die sich gegenseitig Tipps geben: "Gestern war ich an der Stelle da drüben. Top für Rennfotos. Aber bei der Flower-Zeremonie hat man keine Chance. Da kommt man dann nicht rüber. Unmöglich." Auch hier muss man sich also entscheiden: Action- oder Siegerfoto?

Wer man noch dazu keine Exklusivrechte hat, ist besonders eingeschränkt. Es gibt viele Kollegen, die wie wir zwar mit einer Akkreditierung ausgestattet sind, denen es aber trotzdem nicht erlaubt ist, an den Wettkampfstätten zu filmen, Fotos zu machen oder Radiointerviews zu führen. Und so bleiben viele Kollegen tatsächlich den ganzen Tag im gigantischen Pressezentrum, wo die Leitungen der Pressekonferenzen zusammenlaufen und auf den vielen Fernsehgeräten die verschiedenen Entscheidungen gezeigt werden. Der Radiokollege aus den USA zum Beispiel kommentiert von seinem Bürostuhl aus, wie es um Snowboard-Superstar Shaun White steht, der ziemlich überraschend - auch für meinen Kollegen - an den Medaillenrängen vorbeigeschrammt ist. Immer wieder muss er erklären, wie das nur passieren konnte.

Hoffen auf das Reporterglück

Viele schöne Geschichten ergeben sich sowieso weit ab vom offiziellen Medienrummel. Bei Pressekonferenzen oder in der Mixedzone steht man neben Dutzenden Kollegen und bekommt bestenfalls massentaugliche Antworten. Wer mehr will, muss die Augen offen halten: Gestern mischten sich die kanadischen Eishockeystars - gut getarnt unter ihren tief ins Gesicht gezogenen Kapuzen - unter die Besucher im Olympiapark, erzählte mit ein Journalistenkollege. Das hätte ich nicht für möglich gehalten! Ich geh dann mal spazieren.