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Mutiertes Gen macht Raucher abhängig

4. Oktober 2018

Warum fällt es so schwer, mit dem Rauchen aufzuhören? Warum werden so viele wieder rückfällig? Nicht Willensschwäche, sondern ein mutiertes Gen soll laut französischen Wissenschaftern dafür verantwortlich sein.

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Mann zerbricht Zigarette
Bild: R. Ben-Ari/abaca/picture alliance

Der Tabakkonsum gilt weltweit betrachtet als größtes vermeidbares Gesundheitsrisiko der Menschheit. So sterben – trotz der bekannten Gesundheitsgefahren und der globalen Aufklärungskampagnen – weltweit jedes Jahr rund sechs bis sieben Millionen Menschen an den Folgen des Rauchens. Wenn die meisten aber um die Gefahren wissen: Warum fällt es ihnen dennoch so schwer, mit dem Rauchen aufzuhören? Oder warum werden sie viele wieder rückfällig?

Wege aus der Nikotinsucht

Vermutlich hat dies wenig mit Willenschwäche zu tun: Schuld daran könnte vielmehr eine genetische Mutation sein, von deren Empfindlichkeit gegenüber Nikotin man bereits wusste. Wissenschaftler vom Institut Pasteur und dem französischen "National Center for Scientific Research" (CNRS) haben in Zusammenarbeit mit der Sorbonne Universität und Inserm gezeigt, dass diese genetische Mutation bei Ratten auch Auswirkungen auf das Rückfallverhalten hat. Diese Mutation ist auch beim Menschen weit verbreitet, etwa 35% der Europäer und bis zu 50% der Bevölkerung im Nahen Osten tragen sie in sich.

Nikotin-Rezeptoren aktivieren Belohnungskreislauf

Laut der Veröffentlichung in der Zeitschrift "Current Biology"  verursacht Nikotin diese Sucht durch die Bindung an die Nikotinrezeptoren im Gehirn. Dadurch aktiviert es den Belohnungskreislauf und schafft ein Wohlbefinden. In den letzten Jahren haben mehrere groß angelegte humangenetische Studien gezeigt, dass eine Mutation im CHRNA5-Gen mit einem signifikanten Anstieg des Risikos einer Nikotinabhängigkeit verbunden ist. 

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Auf Grundlage dieser Ergebnisse leiteten die Wissenschaftler die Mutation bei einer Ratte mit Hilfe einer neueren molekulargenetischen Technik ein. Sie bewerteten dann ihre Wirkung auf verschiedene Verhaltensweisen und zeigten, dass es zu einem höheren Nikotinkonsum sowie zu einer erhöhten Rückfallrate nach Beendigung der Behandlung führte. "Diese Studie ermöglichte es uns, die Auswirkungen dieser Mutation auf verschiedene Stadien der Nikotinabhängigkeit mit größerer Genauigkeit zu beurteilen. Sie lieferte uns eine erste Erklärung für ihren Wirkmechanismus, wie es zum Rückfall kommt", so der Verfasser der Studie Benoit Forget.

Grundlage für die Suche nach einem Medikament

Interessanterweise zeigte die Forschung, dass dieser Effekt mit einer reduzierten neuronalen Aktivierung im Nucleus interpeduncularis - einem Bereichs des Mittelhirns - verbunden war. Es handelt sich um eine Gehirnstruktur mit der höchsten Konzentration sogenannter α-Nikotinrezeptor-Untereinheiten.  

Auf der Grundlage dieser Ergebnisse suchen die Mediziner daher jetzt nach einem "Medikament, das in der Lage ist, die Aktivität von Nikotinrezeptoren mit der Untereinheit α zu erhöhen, um so den Tabakkonsum zu reduzieren und das Rückfallrisiko zu verringern", ergänzte Uwe Maskos, der Leiter der Integrativen Neurobiologie der Abteilung Cholinerge Systeme (Institut Pasteur/CNRS). 

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DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund