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Politik

Entschuldigung bei Herero und Nama

29. August 2018

Bewegende Worte fand Staatsministerin Müntefering bei der Übergabe sterblicher Überreste von Opfern. Diese waren von den brutal herrschenden Kolonialherren in Deutsch-Südwestafrika nach Deutschland gebracht worden.

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Staatsministerin Michelle Müntefering und Namibias Kulturministerin Katrina Hanse-Himarwa bei der Übergabezeremonie  Deutschland Rückgabe sterblicher Überreste aus Deutscher Kolonialzeit
Staatsministerin Michelle Müntefering und Namibias Kulturministerin Katrina Hanse-Himarwa bei der Übergabezeremonie Bild: picture-alliance/dpa/G. Fischer

Michelle Müntefering, Staatsministerin für internationale Kulturpolitik im Auswärtigen Amt, hat sich für die Verbrechen deutscher Kolonialtruppen im heutigen Namibia entschuldigt. "Deutschland steht fest zu seiner historischen Verantwortung", sagte Müntefering bei einer feierlichen Zeremonie in Berlin. Das Unrecht der Vorfahren könne zwar nicht rückgängig gemacht werden, doch bitte sie "aus tiefsten Herzen um Verzeihung". Weiter sagte Müntefering, die Verbrechen im damaligen Deutsch-Südwestafrika seien das gewesen, was heute als Völkermord bezeichnet würde. Im Rahmen der Zeremonie wurden die in der Kolonialzeit nach Deutschland gebrachten sterblichen Überreste von Herero und Nama an Vertreter der Botschaft von Namibia zurückgegeben.

EKD: Erster Genozid des 20. Jahrhunderts

In einem Gedenkgottesdienst, der vor der Übergabe stattfand, sagte die Auslandsbischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bosse-Huber, das Gedenken an die Nachfahren der Opfer solle wachgehalten werden. Die Gräueltaten an den Herero und Nama müssten als erster Genozid des 20. Jahrhunderts anerkannt werden, betonte Bosse-Huber in dem Gottesdienst in der Französischen Friedrichstadtkirche am Berliner Gendarmenmarkt, Der namibische Bischof Ernst Gamxamub rief zu einer gemeinsamen Zukunft auf, die von Werten wie Menschenwürde, Respekt, Gleichheit, Frieden und Gerechtigkeit geprägt sein müsse.

Beim Gedenkgottesdienst in Berlin waren zwei Schädel aufgebahrt  (Foto: Reuters/C. Mang)
Beim Gedenkgottesdienst in Berlin waren zwei Schädel aufgebahrt Bild: Reuters/C. Mang

Für Aufregung sorgte während des Gottesdienstes eine Gruppe von Herero und Nama. Nach wie vor zeige Deutschland durch sein Verhalten eine arrogante Einstellung gegenüber Afrika, erklärte der namibische Rechtsanwalt Vekuii Rukoro, der als Stammeschef der Herero vertreten war. So hätten nicht alle Vertreter ihrer Gruppe an der Zeremonie teilnehmen können. Rukoro habe zur Auflage bekommen, nicht länger als drei Minuten zu sprechen und das Wort Genozid nicht zu verwenden. Das sei entwürdigend, so der Rechtsanwalt. Am offiziellen Versöhnungsprozess ist seine Gruppe bislang nicht vertreten. 

Zuletzt Lagerung in anthropologischen Sammlungen

Übergeben wurden insgesamt 27 menschliche Überreste, die zwischen 1884 und 1915 aus der Kolonie entwendet worden waren. Zuletzt lagerten sie in anthropologischen Sammlungen unter anderem in Berlin, Greifswald, Jena, Hannover und Hamburg. Anfang des 20. Jahrhunderts hatten deutsche Kolonialtruppen Aufstände der Volksgruppen Herero und Nama grausam niedergeschlagen. Schätzungen zufolge kamen bis zu 70.000 Menschen ums Leben. Historiker sprechen von Völkermord.

Der Gottesdienst in der Französischen Friedrichstadtkirche am Gendarmenmarkt in Berlin (Foto: Reuters/C. Mang)
Der Gottesdienst in der Französischen Friedrichstadtkirche am GendarmenmarktBild: Reuters/C. Mang

Die Übergabe der Gebeine war die dritte ihrer Art. Am Donnerstag werden sie von einer deutschen Delegation nach Windhuk in Namibia gebracht und dort am Freitag bei einem Staatsakt übergeben. Offen ist weiter die Frage, ob es in den USA zu einem Verfahren gegen Deutschland kommt. Vertreter von Herero und Nama hatten Anfang 2017 vor dem Bezirksgericht in New York eine Klage eingereicht, weil sie sich nicht angemessen an dem Dialog beteiligt fühlen. Auch mögliche Entschädigungsleistungen dürften hier ein Thema sein.

sti/rb (dpa, epd, kna)