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Mütter gewinnen Medaillen

4. Oktober 2019

Kugelstoßerin Christina Schwanitz hat bei der Leichtathletik-WM in Doha gezeigt, dass auch Mütter erfolgreich sein können. Leistungssport und Schwangerschaft sind miteinander zu vereinen, wie die Wissenschaft beweist.

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Doha Christina Schwanitz Kugelstoßerin
Bild: picture-alliance/Photoshot/J. Yuchen

Christina Schwanitz war anzusehen, dass sie stolz und gleichzeitig ergriffen war. Der deutschen Kugelstoßerin kullerten Tränen über die Wangen und sie schluchzte herzergreifend. "Ich danke meinem Team für die große Unterstützung in der letzten Zeit. Ohne diese Menschen wären das alles nicht möglich gewesen", sagte Schwanitz.

Was sich anhörte wie ein üblicher Satz von Siegern nach einem Wettbewerb, hatte bei der 33-Jährigen tiefere Bedeutung. Schließlich ist Schwanitz mit dem Gewinn der Bronzemedaille bei der Leichtathletik-WM in Doha wieder in die Weltspitze vorgerückt. Und das, nachdem sie vor zwei Jahren Mutter von Zwillingen wurde. "Aber deshalb habe ich ja auch wieder angefangen. Um zu zeigen, dass man auch mit Kindern in der Weltspitze sein kann", sagte die Kugelstoßerin.

Leistungssport und Schwangerschaft sind offenbar zwei Faktoren, die sich gegenseitig nicht ausschließen. Vor Schwanitz hatten in Doha bereits drei Mütter, die Jamaikanerin Shelly-Ann Fraser-Pryce (100 Meter), Allyson Felix aus den USA (Mixed-Staffel über 4x400 Meter) und die Chinesin Wang Liu (20 Kilometer Gehen), nach ihren Babypausen Gold gewonnen. Aus wissenschaftlicher Sicht schließen sich Muttersein und Erfolge im Leistungssport keineswegs aus. 

Große Disziplin der Frauen vonnöten

"Wenn es sich um eine unkomplizierte Schwangerschaft handelt, kann man bis zum Ende der Schwangerschaft in modifizierter Form weitermachen und die Fitness auf einem hohen Standard halten. Im Anschluss kann man auch wieder sein altes Leistungsniveau erreichen und manchmal sogar darüber hinaus gelangen. Das fordert den Frauen allerdings eine große Disziplin ab", sagt Nina Ferrari der DW.

Die Sportwissenschaftlerin von der Deutschen Sporthochschule in Köln beschäftigt sich seit längerer Zeit intensiv mit dem Zusammenspiel zwischen Leistungssport und Schwangerschaft. Ferrari verweist darauf, dass jede schwangere Frau und deren Schwangerschaftsverlauf individuell betrachtet werden müsse. Im besten Fall gebe es ein Ärzteteam - was bei Leistungssportlern zumeist gegeben ist -, das die Leibesübungen mit den Frauen genau abstimme.

Geduld, Leidenschaft und zeitintensives Aufbautraining entscheidend  

Grundsätzlich könne dann die Intensität der Trainingseinheiten in etwa beibehalten werden. "Alles, was über 90 Prozent der maximalen Sauerstoffaufnahme ist, wird nicht empfohlen. Das haben Studien ergeben", sagt Ferrari. "Man sollte ungefähr bei 80 Prozent trainieren und sich den jeweiligen körperlichen Gegebenheiten mit alternativen Übungen anpassen. Dann ist das weitere Training meist unkritisch für Mutter und Kind, auch wenn die Herzfrequenzen beider während des Trainings erhöht sind."    

Während Ärzte ziemlich genau benennen könnten, wie lange schwangere Frauen vor der Geburt ihrem Sport nachgehen könnten, so die Sportwissenschaftlerin, müsse hinterher differenziert werden: "Die Stabilität des Beckenbodens und der Bauchdecke sind entscheidende Faktoren, um wieder mit dem Training beginnen zu können." Nach den Worten Ferraris ist die zeitliche Spanne bis zur vollen Belastbarkeit groß und kaum zu beeinflussen. Zwischen sechs Wochen und acht Monaten kann die Zwangspause für die jungen Mütter dauern.    

Mütter, die sich nach der Geburt wieder in den zeitintensiven Leistungssport stürzen, brauchen Geduld und Leidenschaft. Dann ist alles möglich. Christina Schwanitz hatte deshalb nach ihrem Medaillengewinn in Doha auch noch eine Botschaft an die jungen Mamas: "Daran sollen sich auch viele andere Mütter ein Beispiel nehmen, die sagen, weil ich ein Kind habe, kann ich nicht arbeiten, eine Führungsposition übernehmen. Das ist Blödsinn."