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Solar-Valley

Petra Buch (dpa)21. August 2012

Erst sollte Sovello in Eigenregie des Managements saniert werden, dann wurden Investoren gesucht. Alles vergebens. Nun geht einem weiteren Solarunternehmen in Sachsen-Anhalt das Licht aus.

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Solarzellen
SolarzellenBild: Ramona Heim/Fotolia

Es ist wieder ein schwarzer Tag für die deutsche Solarindustrie: Große Schilder mit der Aufschrift "Solar Valley" weisen zu den modernen Hallen im Süden Sachsen-Anhalts - einem der größten Solarstandorte in Europa, wie es immer stolz hieß. Doch nun steht das frühere Vorzeigeunternehmen Sovello vor dem endgültigen Aus. Die tiefe Branchenkrise hat ihr nächstes Opfer gefordert. Für die Region im Osten Deutschlands ist es ein weiterer Tiefschlag.

Für die bei Sovello verbliebenen Beschäftigten kommt die bittere Gewissheit am Dienstag. Allen 1000 Mitarbeitern muss laut Insolvenzverwalter Lucas Flöther gekündigt werden. Durch den Haupteingang des riesigen videoüberwachten und abgeriegelten Geländes von "Solar Valley" in Bitterfeld-Wolfen fahren Beschäftigte mit ihren Autos zur nicht öffentlichen Belegschaftsversammlung. Versteinerte Mienen, keiner wollte etwas sagen, auch der Betriebsrat hält sich bedeckt.

Es trifft die gesamte Chemieregion

"Für die Mitarbeiter ist das ganz dramatisch, weil die Branche Fuß gefasst hatte und sie für sich und ihre Familien eine echte Perspektive in der Solarbranche gesehen haben", sagt der Bezirksvorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, Erhard Koppitz. In der Region herrschte schon vorher Fassungslosigkeit angesichts des schnellen Endes des Unternehmens. Denn noch vor wenigen Monaten hatte die Geschäftsleitung angekündigt, der chinesischen Billigkonkurrenz mit Investitionen von mehr als 30 Millionen Euro trotzen zu wollen.

Mit Fahnen und einer traurigen Sonne protestieren Mitarbeiter der Solarbranche am Montag (19.03.2012) in Bitterfeld-Wolfen gegen Kürzungen der Solarförderung.
Dramatische Einschnitte für die MitarbeiterBild: picture-alliance/ZB

"Das ist furchtbar, wo soll das noch hinführen?", fragt eine Verkäuferin in einer Fleischerei in der nur einen Steinwurf entfernten Ortschaft Thalheim. Es treffe ja nicht nur die Solar-Beschäftigten, sondern auch ganz viele andere, meint sie auch mit Blick auf die Handwerks- und Zulieferfirmen, die mit dem Standort verbunden sind.

Für die von hoher Arbeitslosigkeit gebeutelte Chemieregion in Sachsen-Anhalt ist es besonders bitter, denn auch gut 20 Jahre nach der deutschen Einheit sind die Erinnerungen an Massenentlassungen in der Braunkohle- und Chemieindustrie - vor allem der Schließung der einstigen Filmfabrik Orwo Wolfen - allgegenwärtig.

Stadt Bitterfeld
Bitterfeld lebt von Chemie und SonneBild: DW

Im modernen Chemiepark Bitterfeld-Wolfen haben zwar weit mehr als 11.000 Menschen in rund 300 neuen Firmen, darunter dem Leverkusener Pharmakonzern Bayer, einen neuen Job. Das ist aber dennoch nur ein Bruchteil der Beschäftigtenzahlen damals in den maroden DDR-Betrieben. Im Landkreis Anhalt-Bitterfeld betrug die Arbeitslosenquote laut Arbeitsagentur im Juli 11,6 Prozent.

Blicke richten sich auf Q-Cells

"Das ist ein ganz großer wirtschaftlicher Tiefschlag", sagt Landrat Uwe Schulze (CDU) zu der Hiobsbotschaft von Sovello. Die Firma sei nicht irgendein Unternehmen, sie habe zu den Vorzeigeunternehmen der Solarbranche in Deutschland gehört. "Dass Sovello so schnell eingemottet werden soll, das ist ein heftiger Schlag ins Kontor", sagt er. Die Insolvenz sei bekannt gewesen, aber die Hoffnung auf eine Übernahme durch einen Investor habe es auch gegeben.

Der Landrat fordert von der Bundespolitik mehr Verlässlichkeit. "Wir hier haben alles getan, um die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu schaffen, ich wünsche mir, dass die Sprunghaftigkeit aufhört", sagt er an die Adresse des Bundes und erinnert an die Kürzungen für die Solarbranche. Diese galt nach dem Ende der Braunkohle im Bitterfelder Revier und dem dramatischen Strukturwandel der ostdeutschen Chemie als Hoffnungsträger für die Region.

Die Blicke richten sich nun auf den Solarkonzern Q-Cells. Der hatte mit seinen 1300 Beschäftigten zwar ebenfalls Insolvenz anmelden müssen, ist aber weiter im Gespräch mit Investoren für einen Neuanfang. Der einstige Börsenstar hatte das Areal mit dem späteren Ableger Sovello begründet, eine Solarzellen-Produktion auch in Malaysia aufgebaut. "Solar Valley darf nicht sterben", appelliert Koppitz vor dem Werkstor.