1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Judo: Uneinigkeit nach CAS-Urteil

3. März 2021

Der Fall Saeid Mollaei hat 2019 zur Sperre des iranischen Judoverbands geführt. Der Internationale Sportgerichtshof CAS hat diese nun annulliert. Irans Verband feiert, Kritiker gehen weiter von einer Suspendierung aus.

https://p.dw.com/p/3q9rK
Symbolbild Judo
Bild: Gwendoline Le Golf/Panoramic/Imago Imes

Es ist wohl alles eine Frage der Sichtweise. Während der iranische Judoverband (IRIJF) nach dem CAS-Urteil von diesem Montag jubelte und die Entscheidung des Internationalen Sportgerichtshofs als Sieg feierte, hat sich für Vahid Sarlak nichts geändert. "Der CAS hat den Widerspruch des iranischen Verbandes gegen die Sperre durch den Weltverband in 19 von 20 Anklagepunkten abgewiesen", sagt der 40-Jährige im Gespräch mit der DW. Früher trat er als Judoka für den Iran bei Weltmeisterschaften an und kämpfte um Medaillen. 2009 floh er aus seiner Heimat und ist heute Trainer der Judo-Bundesliga-Mannschaft 1. JC Mönchengladbach. "Fakt ist aber: Stand heute ist der iranische Judoverband immer noch suspendiert", sagt Sarlak.

Der Judo-Weltverband IJF hatte den Iran im Oktober 2019 auf unbestimmte Zeit von sämtlichen internationalen Wettkämpfen und weiteren IJF-Aktivitäten ausgeschlossen, nachdem iranische Funktionäre den Judoka Saeid Mollaei angewiesen hatten, im Halbfinale der WM in Tokio im August 2019 nicht gegen den Belgier Matthias Casse anzutreten. Auf diese Weise sollte ein mögliches Finale gegen den Israeli Sagi Muki vermieden werden. Die Methode ist nicht neu: Seit Jahrzehnten treten iranische Sportler nicht gegen israelische Kontrahenten an oder täuschen Verletzungen vor. Das islamische Regime im Iran erkennt Israel als Staat nicht an und wünscht keine sportlichen Duelle mit dem Erzfeind.

Zurück wegen eines Formfehlers

Die Einflussnahme auf Mollaei, der nach dem Vorfall nach Deutschland flüchtete, sei ein klarer Verstoß gegen die Olympische Charta und den Ethikcode des Weltverbands, begründete der IJF damals seine Sperre. Der CAS befand am Montag nun, dass der IJF zwar in der Sache Recht hatte, aber mit der Art der Sanktion - einer zeitlich unbegrenzten Sperre - seine Befugnisse überschritten habe. Dafür fehle die "legale Basis", teilte der CAS in der Urteilsbegründung mit. Wegen dieses Formfehlers wurde die Sperre aufgehoben und der Fall an den IJF zurückverwiesen. Der Weltverband muss die Sperre nun erneut verhängen, allerdings dann mit zeitlicher Befristung.

Saeid Mollaei | iranischer Judoka
Judoka Saeid Mollaei - sein Fall war ausschlaggebend für die Sperre des iranischen Verbands Bild: Michael Probst/AP Photo/picture alliance

Trotz dieses "Freispruchs zweiter Klasse" feierte der iranische Verband das CAS-Urteil wie einen Sieg und eine Bestätigung seiner Integrität. "Der Judoverband der Islamischen Republik Iran sieht sich weiterhin den Prinzipien der Olympischen Charta und den Regeln des IJF verpflichtet und freut sich auf die Zusammenarbeit mit dem Judo-Weltverband", sagte der iranische Judoverbandschef Arash Miresmaeili. Er danke allen, die mitgeholfen hätten "auf dem Weg zu diesem großen juristischen Sieg".

"System von Täuschung und Lügen"

Bundesliga-Trainer Sarlak, der ein enger Vertrauter von Saeid Mollaei ist, sieht das völlig anders: "Es ist ein System von Täuschung und Lügen im Iran. Die CAS-Entscheidung wird von der iranischen Seite propagandistisch und falsch dargestellt", sagt er. "Sie sprechen von einem Sieg, obwohl sie immer noch suspendiert sind und es lediglich um die Feinjustierung des Urteils geht." Der Ex-Judoka geht fest davon aus, dass der Weltverband IJF schon bald Fakten schaffen und die Sperre gegen den iranischen Verband bestätigen wird. Und zwar eine, die lang genug ist, um eine Olympiateilnahme des IRIJF zu verhindern. "Es wird bei Olympia in Tokio kein Judoka unter iranischer Flagge starten", prophezeit Sarlak.

Ein iranischer Judoka wird allerdings mindestens dabei sein: Saeid Mollaei erhielt kurz nach seiner Flucht nach Deutschland die Staatsangehörigkeit der Mongolei und kämpft seitdem unter mongolischer Flagge. Und das so erfolgreich, dass Mollaei für die olympischen Wettkämpfe in Tokio bereits qualifiziert ist.