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Mangroven stehen im Öl

Shamil Shams / Hannah Fuchs16. Dezember 2014

Das Verhalten der Behörden nach dem Tankerunglück steht stark in der Kritik. Zu spät hätten sie gehandelt! Dabei ist der weltgrößte Mangrovenwald in Gefahr - und damit dutzende Tierarten und die Existenz vieler Fischer.

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Ölteppich nach Tankerunglück in Bangladesch (Foto: dpa).
Bild: picture-alliance/dpa

Die Behörden von Bangladesch beschwichtigen, dass die Aufräumarbeiten im Sundarbans-Delta, einem riesigen Mündungsbereich des Ganges-Flusses, mittlerweile auf Hochtouren laufen. Das ist höchste Zeit: Denn am Dienstag, 9. Dezember 2014, war ein Tanker in dem geschützten Gebiet havariert. Es wird vermutet, dass der Tanker mit einem anderen Schiff kollidiert ist - wirklich sicher ist man sich über die Ursachen aber noch nicht. Doch die Folgen sind verheerend: Mehrere hundert Liter Heizöl sind in den Fluss geraten und haben sich über 350 Quadratkilometer weit ausgebreitet. Die Beamten in Neu Delhi machen sich in der Zwischenzeit darauf gefasst, dass der Ölteppich auch bis in ihre Gewässer voranschreiten wird.

Kritik von Umweltschützern

Wie es in Bangladesch gerade wirklich aussieht, lässt sich allerdings nur vermuten. "Wir haben die lokalen Medien, auf deren Berichterstattung wir zurückgreifen, und einige Kollegen in Indien, die allerdings auch nur ein vages Bild von der aktuellen Lage haben", sagt Uwe Johannsen, Naturschutzexperte des WWF.

Sein Eindruck: Hinsichtlich der Menge hätte es tatsächlich schlimmer ausgehen können. "Hier hat es sich zum Glück nur um einen kleinen Tanker gehandelt. Aber das Ausmaß, das diese Sache angenommen hat, kann man tatsächlich als 'Worst Case' bezeichnen," so der Experte. Die Maßnahmen zur Bergung des Tankers seien so spät eingeleitet worden, dass auch der "letzte Tropfen Heizöl" noch aus dem Schiff gelaufen sei...

Tanker "Southern Star 7" nach der Bergung (Foto: dpa).
Geborgen! Mehr als zwei Drittel seiner Heizöl-Fracht soll der Tanker "Southern Star 7" verloren haben.Bild: picture-alliance/dpa

Abul Kalam Azad, ein Forstbeamter aus Bangladesch, teilte nun mit, dass der Tanker mittlerweile aus dem Shela-Fluss geborgen und zu einer nahegelegenen Insel geschleppt wurde. Die Bangladesh Inland Water Transport Authority (BIWTA) sagte, die ansässigen Fischer wären seit Tagen damit beschäftigt, Schadensbegrenzung zu betreiben und das Öl eigenmächtig zu entfernen. Auch ein Marine-Schiff soll mittlerweile an die Unfallstelle geschickt worden sein, um mit Schaum gegen das Öl vorzugehen.

Mangrovenwald ist UNESCO-Weltnaturerbe

Am Samstag, den 13. Dezember 2014, ließ die Regierung von Bangladesch dann verkünden, dass die Ölpest "keine größeren Schäden" hinsichtlich der Mangroven anrichten würde - und wehrte sich damit, gegen die Vorwürfe von Umweltschützern. Diese sorgen sich um die biologische Vielfalt in den 140.000 Hektar großen Sundarbans. Hier gibt es den weltgrößten Mangrovenwald, ein UNESCO-Weltnaturerbe: Ein riesiger, grüner Gürtel, der gleichzeitig als Schutzgebiet für seltene Tierarten, wie den Irawadi-Delfin, das Leistenkrokodil, den Königstiger oder die Tigerpython fungiert, und die Existenz vieler Bewohner sichert, die von der Fischerei oder Krabbenzucht leben.

Fischer entfernen das Öl mit Schwämmen und Beuteln (Foto: dpa).
Gute Katastrophenmanagment sieht anders aus: Die Fischer entfernen das Öl mit Schwämmen und BeutelnBild: STRDEL/AFP/Getty Images

"Katastrophales Katastrophenmanagement"

Auch Uwe Johannsen vom WWF beobachtet die jüngsten Ereignisse mit Sorgen. "Das ist ein katastrophales Katastrophenmanagment", sagt er. Nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa soll der Regierung sogar Hilfe von der UN angeboten worden sein. Man habe sich aber noch nicht entschieden, ob man diese annimmt oder nicht. "Ein Unding!" ist das einzige, was Johannsen dazu einfällt. "Ich kann nicht nachvollziehen, warum sie nicht jede Hilfe, die sie kriegen können, sofort annehmen."

"Das wird langfristige Auswirkungen auf die Artenvielfalt der Gegend haben. In anderen Teilen der Welt gibt es richtige Katastrophenmanagement-Systeme, in Bangladesch dagegen agieren wir während so einer Krise nur als Zuschauer ", fügt er hinzu.

Auch Pauline Tamesis, Landesdirektor des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen in Bangladesch (UNDP), zeigte sich entrüstet über den Vorfall und forderte von Dhaka das sofortige Stoppen der kommerziellen Schifffahrt durch die Mangrovenwälder im Sundarbans. Mit Erfolg: Der Premierminister ordnete an, eine Alternativ-Route für die Frachter und Tanker auszubaggern.

Am Sonntag (14.12.2014) veröffentlichte eine lokale Zeitung das Foto eines toten Irawadi-Delfins und behauptete, es war in der Nähe der Unfallstelle gefunden. Allerdings konnte nicht bestätigt werden, ob der Säuger aufgrund der Ölkatastrophe gestorben ist. Bewohner der Gegend rund um den Unfallort aber berichten, dass sie seit dem Beginn der Ölpest kaum noch Delfine gesehen hätten.

Moirul Khan, Professor für Zoologie an Dhakas Jahangirnagar-Universität, warnte, der Ölteppich könnte "die größte Katastrophe für dieses fragile Mangroven-Ökosystems sein, die jemals passiert ist."

Kritik via Twitter

Die Bürger Bangladeschs machen ihrer Wut und Frustration gegen die Katastrophenhilfe der Behörden währenddessen Luft. Sie kritisieren, der Schifffahrtsminister Shahjahan Khan würde die Auswirkung des Unglücks herunterspielen - und veröffentlichen Fotos von toten Tieren auf Twitter als Beweis für das Ausmaß der Katastrophe:


Wie lange es nun dauern wird, den Ölschlamm und die Auswirkungen zu beseitigen, kann man nicht sagen, so Uwe Johannsen. "Das hängt sehr stark davon ab, wie und wo sich das Öl ausbreitet." Dazu komme, dass es in der Gegend erst im nächsten Jahr wieder regnet - gegen Juni, Juli - und vorher keine Rückstände weggeschwemmt oder abgewaschen würden.