1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

De Maizière fordert Fußfesseln für Gewalttäter

15. Juli 2017

Chaos, Krawalle und Gewalt: Nach den Ausschreitungen am Rande des G20-Gipfels will Innenminister de Maizière präventiv gegen linke Extremisten vorgehen. Der Verfassungsschutz warnt vor einem Erstarken dieser Szene.

https://p.dw.com/p/2gb5o
Einem Mann wird eine Fußfessel angelegt. (Foto: picture-alliance/dpa/H. Techt)
Bild: picture-alliance/dpa/H. Techt

Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat nach den gewaltsamen Ausschreitungen im Umfeld des G20-Gipfels strikte Kontrollen gefordert. Potenzielle Gewalttäter sollen demnach mittels strenger Meldeauflagen, notfalls auch durch den Einsatz von elektronischen Fußfesseln frühzeitig abgeschreckt werden. "Die Krawallmacher sollten die Demonstrationsorte gar nicht erst erreichen dürfen", sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Wir sollten ihnen auferlegen, sich in bestimmten zeitlichen Abständen bei der Polizei zu melden oder ihnen notfalls Fußfesseln anlegen. Bei hochaggressiven sogenannten Fußballfans gehen wir doch auch so vor." 

Mildes Mittel, aber sehr wirksam

De Maizière bezeichnete härtere Meldeauflagen als Werkzeug, von dem man "mehr Gebrauch machen" müsse. Gewalttäter zu stoppen, sei "Prävention im besten Sinne". Eine Konsequenz aus den von Linksextremen ausgelösten Krawallen in Hamburg könne sein, mehr Meldeauflagen zu erlassen. Eine solche Auflage sei ein "relativ mildes Mittel, sehr wirksam und ihre Verletzung ist sanktionsbewehrt", befand der Minister. Die entsprechenden Befugnisse in den Polizeigesetzen könnten noch effektiver genutzt werden. Auch müsse geprüft werden, entsprechende Befugnisse zu erweitern. Am vergangenen Wochenende waren bei den Krawallen in Hamburg viele Polizisten und auch Demonstranten verletzt worden. Autos und Barrikaden brannten, Geschäfte wurden geplündert.

Infografik elektronische Fußfessel DEU

Laut dem Präsidenten des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, waren die Ausschreitungen keine Überraschung. Linksextreme seien nach seiner Einschätzung inzwischen stärker als früher bereit, Gewalt gegen den politischen Gegner und gegen die Polizei anzuwenden, sagte Maaßen der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Eine zunehmende Gewaltbereitschaft zeige sich im Übrigen bei Extremisten aller Lager. Zugleich warnte er vor einem Erstarken der linksextremen Szene. "Wir haben in Deutschland eine sehr starke linksextremistische Szene mit rund 28.000 Personen, davon 8500 gewaltorientierte Extremisten, deren Zahl wächst." Linksextremisten qualifizieren den Staat und die Polizei als Instrumente der Repression und Unterdrückung, gegen die jede Gewalt zugelassen ist", so Maaßen weiter. 

"Etwas von Guerilla"

Trotz der Ausschreitungen von Hamburg lehnte der Hamburger Polizeipräsident Ralf Martin Meyer einen Rücktritt ab. Es stimme nicht, dass bei dem Einsatz eine falsche Priorität gesetzt worden sei, sagte er "Spiegel Online". Man müsse auch die vielen Stadtteile sehen, in denen nichts passiert sei. Meyer räumte zugleich ein: "Wir haben nicht genug verhindert." Das Verhalten von Autonomen habe "etwas von Guerilla" gehabt. "Mit den Mitteln, die uns heute zur Verfügung stehen, ist so einer Taktik schwer beizukommen." Rund 20.000 Beamten standen den Randalierern gegenüber und konnten die schweren Krawalle sowie Blockadeaktionen nicht verhindern. Die Zahl der dabei verletzten Polizisten war von den Behörden mit 476 angegeben werden.

Deutschland Hamburg: Bei den G20-Protesten versuchen die Beamte die Randalierer unter Kontrolle zu bekommen. (Foto: picture-alliance/Lars-Josef Klemmer)
Sollte die Zahl verletzter Beamten die Schwere der Krawalle illustrieren? Bild: picture-alliance/Lars-Josef Klemmer

Doch weniger verletzte Polizisten

Medienberichten zufolge wurden während der sogenannten heißen Einsatzphase vom 6. bis 9. Juli allerdings tatsächlich 231 Verletzungen von Polizisten gemeldet. Die höhere Zahl bezog sich auf die gesamte Einsatzphase vom 22. Juni bis zum 10. Juli, hieß es weiter unter Berufung auf Angaben von Landespolizeien und Bundespolizei. Laut den berichten ging ein Teil der gemeldeten Verletzungen nicht auf Gewalteinwirkung zurück, sondern in vielen Fällen auf Dehydrierung und Kreislaufprobleme bei Einsätzen in großer Hitze oder anderen Vorfällen am Rande des Gipfels.

Beamte verweigerten Einsatz

Nach Angaben von Hamburges Polizeipräsident Meyer haben Polizeieinheiten einen Einsatz in dem von Randalierern dominierten Schanzenviertel zunächst verweigert. Meyer sagte dem Nachrichtenportal "Spiegel online": "Als die ersten Feuer brannten, hat Einsatzleiter Hartmut Dudde die Einheiten planmäßig aufgefordert, auf das Schulterblatt vorzurücken." Aber verschiedene Einheiten hätten gesagt, da bestehe Lebensgefahr. "Da mussten Spezialeinheiten her, um die Angreifer von den Dächern zu holen."

Linksextremismus "keine akute Gefahr"

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius warnte davor, Links- mit Rechtsextremismus auf eine Stufe zu stellen. Es würden "mehr als doppelt so viele Straftaten im rechtsextremen Bereich im Vergleich zu links" registriert, sagte der SPD-Politiker dem Berliner "Tagesspiegel". Und es gebe "ein Vielfaches mehr an Körperverletzungen und auch mehr Tötungsdelikte im rechtsextremen Bereich." Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland laut Verfassungsschutz 1201 linksextremistisch und 1600 rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten erfasst. In der rechtsextremistischen Szene schätzen die Behörden 12.100 Menschen als gewaltorientiert ein.

pab/qu (afp, dpa)