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Nach wie vor über 100.000 Flüchtlinge in Serbien

7. Dezember 2006

Die Zahl der Flüchtlinge aus Bosnien und Kroatien, die in Serbien leben, hat sich seit 1996 deutlich verringert. Viele haben die serbische Staatsbürgerschaft angenommen. Die Probleme sind damit jedoch noch nicht gelöst.

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Flüchtlingsschicksal: kein Dach über dem KopfBild: dpa

Das Kommissariat für Flüchtlinge der Republik Serbien und das Hohe Kommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) haben die Flüchtlinge auf serbischem Territorium gezählt: Mit Stichtag 25. Januar 2005 wurde der Flüchtlingsstatus aus den ehemaligen jugoslawischen Republiken für 104.246 Personen bestätigt. Davon stammen drei Viertel aus Kroatien und ein Viertel aus Bosnien-Herzegowina. Vergleicht man die Flüchtlingszahlen vor zehn Jahren mit den heutigen, so sind sie um 80 Prozent geringer. Dies ist als Ergebnis der Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina und Kroatien, der Integration in Serbien sowie des Übersiedlungsprogramms in Drittländer zu werten.

Binnenflüchtlinge nicht mitgezählt

Der serbische Flüchtlingskommissar Dragisa Dabetic wies darauf hin, dass die Flüchtlingszahlen auch weiterhin sehr hoch seien, wenn man die Binnenflüchtlinge aus dem Kosovo dazuzähle - davon gebe es 207.000. Außerdem berücksichtigt werden müssten die Flüchtlinge, die die serbische Staatsbürgerschaft angenommen hätten. Ihre Zahl belaufe sich auf rund 500.000. Lennart Kotsalainen, UNHCR-Vertreter für Serbien und Montenegro, sagte auf einer Pressekonferenz (5.12.), in Bosnien-Herzegowina bestünden keine gesetzlichen Hindernisse für die Rückkehr der Flüchtlinge. In letzter Zeit würde auch sehr wenig Unterstützung des UNHCR für die Rückkehr angefordert. Etwas komplizierter sei die Lage in Kroatien. Dort gebe es rechtliche Hindernisse im Hinblick auf Eigentumsfragen, das Wiedererlangen des Wohnrechts in staatlichen Wohnungen und Probleme bei Rentenansprüchen.

Zeitplan überschritten

Djuro Kuljanin, Chefredakteur der Flüchtlingszeitung Pravi odgovor (Richtige Antwort), erinnerte daran, dass Ende Dezember zwei Jahre seit der Unterzeichnung der Sarajewoer Deklaration vergangen seien. Darin hätten sich Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina und Kroatien verpflichtet, bis Ende 2006 das Flüchtlingsproblem zu lösen. "Allerdings ist dieses Problem bei weitem nicht gelöst, jedenfalls nicht im Sinne der Sarajewoer Deklaration", sagt Kuljanin. "Ins Stocken geraten ist der Rückkehrprozess, weil kein ‚Fahrplan’ geschaffen wurde. Die Rückkehr der Flüchtlinge verzögert sich weiterhin. Ich bin nicht zuversichtlich, dass dieses Problem überhaupt gelöst wird", sagte Kuljanin im Gespräch mit DW-RADIO.

Schleppende Rückkehr und mangelnde Integration

Ein besonderes Problem stellen die Flüchtlingszentren dar. Davon gibt es im Augenblick 88. Darin wohnen etwa 10.000 Menschen – rund 6000 sind Binnenflüchtlinge aus dem Kosovo, die übrigen Flüchtlinge stammen aus Bosnien-Herzegowina und Kroatien. Das Flüchtlingskommissariat beabsichtigt, diese Zentren stufenweise zu schließen, wenn die Flüchtlinge entweder in ihr Heimatland zurückkehren oder die serbische Staatsbürgerschaft annehmen und in Wohnungen umziehen.

"Die Rückkehr der Flüchtlinge insbesondere nach Kroatien scheitert hauptsächlich an der Sicherheitsfrage. An zweiter Stelle steht der Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten", zählt Djuro Kuljanin die Haupthinderungsgründe auf, die einer Rückkehr im Weg sind. "Die Integration der Flüchtlinge wird zumindest in Serbien wenig beachtet. Wenn sie sich integrieren, tun sie es nur, um die Staatsbürgerschaft zu erhalten", sagt er. "Die Integration der Flüchtlinge ist aber ein soziales Problem." Denn allein mit der Annahme der Staatsbürgerschaft würden die existenziellen Probleme nicht gelöst, so dass die ehemaligen Flüchtlinge weiterhin dem Staat auf der Tasche lägen.

Ivica Petrovic, Belgrad
DW-RADIO/Serbisch, 5.12.2006, Fokus Ost-Südost