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Nagelprobe für neue libysche Führung

20. November 2011

Nach der Festnahme von Saif al-Islam schaut der Westen sehr genau nach Libyen. Denn dem Gaddafi-Sohn soll im Land der Prozess gemacht werden. Forderungen nach Auslieferung an Den Haag lehnt Libyen ab.

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Saif al-Islam an Bord eines Flugzeuges in begleitung von Milizionären (Foto:dapd)
Foto aus vergangenen Tagen: Seif al-Islam im März diesen JahresBild: picture-alliance/dpa

"Wir wollen, dass der Prozess gegen Saif al-Islam in Libyen stattfindet, denn die örtliche Justiz ist die Regel und die internationale Justiz die Ausnahme", sagte der libysche Justizminister Mohammed el Allagui am Sonntag (20.11.2011) der Nachrichtenagentur AFP. Nach der Festnahme des Lieblingssohnes von Muammar al-Gaddafi, dem früheren libyschen Machthaber, im Südwesten des Landes beobachten ausländische Regierungen und Menschenrechtsorganisationen, was die neue libysche Führung mit dem Gefangenen plant. Immerhin besteht ein Haftbefehl vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag (ICC) gegen Saif al-Islam. Ihm werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen.

"Wir haben die nötigen Garantien für einen gerechten Prozess", so der Justizminister weiter. Seit einer Gesetzesänderung sei die Unabhängigkeit der libyschen Justiz gewährleistet. Sollte Saif tatsächlich in Libyen der Prozess gemacht werden, droht dem 39-Jährigen die Todesstrafe.

ICC: faires Verfahren, egal wo

Gebäude (Foto:dpa)
ICC in Den HaagBild: picture-alliance/dpa

Der ICC-Chefankläger Louis Moreno-Ocampo will am Montag nach Libyen reisen und mit dem Nationalen Übergangsrat über den Ort des Prozesses sprechen. Die nationalen Regierungen hätten das Recht, ihre eigenen Bürger wegen Kriegsverbrechen vor Ort vor Gericht zu stellen. Sein Ziel sei es, ein faires Verfahren gegen Saif al-Islam sicherzustellen, erklärte Occampo.

Menschenrechtsorganisationen scheinen dabei offenbar leise Zweifel zu hegen und fordern dagegen, den Festgenommenen nach Den Haag zu überstellen. Human Rights Watch verwies auf die Tötung Gaddafis und dessen Sohnes Motassim am 20. Oktober, die Anlass zur Sorge gebe. Ähnlich sieht das auch der schwedische Außenminister Carl Bildt, der ebenfalls eine Überstellung Saifs an den ICC forderte. Etwas zurückhaltender sind da der britische Premierminister David Cameron und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. Sie wünschen sich von den libyschen Behörden lediglich eine Zusammenarbeit mit Den Haag.

Faustpfand Saif al-Islam

Abdel Rahim al-Kib (Foto: epa)
Dienstag könnte für Ministerpräsident al-Kib ein wichtiger Tag werdenBild: picture-alliance/dpa

Die Frage, wo Saif vor Gericht gestellt wird, könnte noch eine Weile unbeantwortet bleiben. Derzeit befindet sich der Gefangene noch in Gewahrsam der Kämpfer, die ihn in der Nacht gefasst haben, in Sintan. Sie haben zwar ihre Bereitschaft erklärt, Saif an die Zentralregierung zu übergeben, allerdings wollen sie warten, bis diese fest im Sattel sitze. Am Dienstag muss der designierte Regierungschef Abdel Rahim al-Kib seine Mannschaft vorstellen. Doch das Postengeschacher ist noch nicht zu Ende und die Gruppierung aus Sintan könnte nun mit Saif als Faustpfand das besonders begehrte Verteidigungsministerium für sich reklamieren.

Unterdessen gab das Informationsministerium in Tripolis bekannt, dass auch der ehemalige Geheimdienstchef Abdullah al-Senussi gefasst wurde. Er sei in der Region El Gira im Süden des landes gestellt worden. Senussi wird ebenfalls vom ICC per Haftgefehl gesucht. Der Vorwurf auch hier: Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Autorin: Sabine Faber (afp,dpa,rtr)

Redaktion: Stephan Stickelmann