1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

NASA-Roboter InSight auf dem Mars gelandet

26. November 2018

Ein amerikanisches Raumschiff, beladen mit europäischer Technik, wird erstmals Proben aus dem tiefen Inneren des Mars nehmen. InSight soll herausfinden, wie sich felsige Gesteinsplaneten wie unsere Erde gebildet haben.

https://p.dw.com/p/38mia
NASA Mars InSight Landekapsel
Bild: Nasa/Jpl-Caltech/Lockheed Martin

Nach einer rund 485 Millionen Kilometer langen Reise hat der im Mai gestartete Lander InSight in der Ebene Elysium Planitia nördlich des Mars-Äquators auf dem roten Planeten planmäßig aufgesetzt.  InSight ist 360 Kilogramm schwer und hat seine siebenmonatige Reise zum Nachbarplaneten der Erde mit bis zu 10.000 Kilometern pro Stunde zurückgelegt. 

Manche sagen, wir konzentrieren uns zu sehr auf den Mars. Besser sollten wir mehr Zeit damit verbringen, den Mond zu untersuchen - und dort einige unerledigte Dinge vollenden. Warum also nicht eine Mondbasis bauen?

Wir waren schon einmal dort, haben also gute Erfogschancen. Und wenn wir das gemacht haben, können wir uns um den Mars kümmern. Vielleicht haben sie Recht - nicht zuletzt, weil der Mond näher ist als der Mars.

Der Mond ist seit langem ein Sprungbrett zu anderen Himmelskörpern. Wir nutzen ihn als Gravitationsschleuder, um mit unseren Raumsonden Geschwindigkeit aufzunehmen und Treibstoff zu sparen.

Der Mond stellt auch einen wissenschaftlichen Präzedenzfall dar. Die Menschen waren dort und kehrten unversehrt zurück. Nur haben wir seit den Mondlandungen in den späten 1960er und frühen 70er Jahren bisher nicht wesentlich darauf aufgebaut.

Ohne diese Apollo-Missionen hätten die Wissenschaftler von heute wohl nie den Traum der jetzt landenden InSight-Mission zum Mars gewagt.

Und darum geht es dabei:

- InSight-Mission gestartet: 5. Mai 2018

- Trägerrakete: Atlas V-401

- Startort: Luftwaffenbasis Vandenberg, Kalifornien

- Landung: 26. November 2018

- Landeplatz: Elysium Planitia, Mars

- Missionsdauer: Etwas mehr als ein Marsjahr (~2 Erdenjahre); 708 Marstage, oder 728 Erdtage.

- Schlüsselwörter: Marsbeben und "Reise zurück in die Vergangenheit".

Sicher, die Amerikaner waren auf dem Mond, weil es um einen Wettbewerb im Kalten Krieg ging. Aber wir alle waren vor allem neugierig, weil wir mehr über unseren nächsten himmlischen Nachbarn wissen wollten: Wie sieht es dort im Vergleich zu unserem Leben auf der Erde aus? 

Und genau das fasziniert uns auch am Mars. Je mehr Wissenschaftler über den Mars wissen, desto mehr verstehen wir unsere Erde. "Wir wissen nicht, was wir finden werden, und da ist die intellektuelle Spannung", sagt Suzanne Smrekar, stellvertretende Leiterin der Forschungsprojekte (deputy Principle Investigator) der InSight-Mission. "Aber ehrlich gesagt, tue ich das, weil ich glaube, dass die Planetologie uns mehr über die Erde lehrt." 

Mehr zur Planetenforschung: Weltraumteleskop Kepler geht in den Ruhestand

Lander InSight Landefahrzeug (picture alliance / NASA/AP/dpa)
Die Instrumente SEIS (vorne links) und HP3 (vorne rechts) stammen von europäischen PartnernBild: picture-alliance /AP/dpa/NASA

Warum ist der Mars so rot?

Wir wissen zwar schon viel über unser Sonnensystem, aber vieles über die Entstehung von Planeten ist kaum verstanden. "Wir glauben, dass Hitze entsteht, wenn Gas und Staub im Sonnensystem durch die Gravitationskraft zusammenstoßen, um einen Planeten zu bilden. Das ist so viel Hitze, dass der Planet davon schmilzt", sagt Smrekar - die sogenannte Akkretions-Hitze. "Aber danach kühlt der Planet schnell ab", sagt sie, "und Kristalle beginnen sich zu bilden".

Die schwereren Materialien sinken ab und bilden den Mantel eines Planeten. Eisen und Nickel bilden einen metallischen Kern, während das leichtere Material zu einer Primärkruste aufsteigt. Alle Gesteinsplaneten - wie Erde und Mars - teilen sich diese Grundstrukturen. Ihre Krusten, Mäntel und Kerne sind jedoch chemisch unterschiedlich zusammengesetzt.

Und genau diese Schichten soll InSight auf dem Mars untersuchen. 

Mehr dazu:Gibt es Leben auf dem Mars?

Ingenieure untersuchen die Sonde Insight
NASA Ingenieure testen die Sonnenkollektoren des Landers im Januar 2018Bild: Lockheed Martin Space

Dem Mars auf den Puls spüren

Vieles von dem, was Wissenschaftler über diesen frühen Prozess und die Bildung von Schichten auf einem Planeten verstehen, haben sie auf dem Mond herausgefunden. Aber der Mond kann oder will uns nicht alles sagen.

"Die Druck- und Temperaturbedingungen im Inneren des Mondes sind nicht annähernd so hoch wie auf der Erde und auf dem Mars, also werden wir, wenn wir uns die Gesteinsschichten auf dem Mars ansehen, die Möglichkeit haben, die von unsfür den Mond entwickelten Modelle zu testen. Wir können dann sehen, was wir richtig gemacht haben und was ein größerer Planet uns mitteilt", sagt Smrekar.

InSight wird die Wärmeleitfähigkeit des Roten Planeten mit einer "Wärmestromsonde" testen. Er wird tektonische Plattenbewegungen abbilden und andere seismische Aktivitäten messen. Die Sonde überprüft, wie sehr der Nordpol sich bewegt, während der Mars die Sonne umkreist. So wollen die Forscher herausfinden, ob der Kern des Mars flüssig ist und was sich außer Eisen noch im Inneren befindet.

Sowohl die Aufbauten zur Erforschung des Wärmeflusses als auch die seismischen Instrumente stammen aus Europa. Damit ist diese NASA-Mission ein Beispiel gelebter internationaler Zusammenarbeit, gewachsen durch jahrzehntelange berufliche Beziehungen zwischen Wissenschaftlern und Ingenieuren. 

Mehr zur Kooperation zwischen NASA und ESA: ESA übergibt Orion-Modul an die NASA

NASA Mars InSight Tom Hoffman und Bruce Banerdt
InSight Projektmanager Tom Hoffmann und Forschungsleiter Bruce Banerdt schicken Boarding-Pässe mit ihren Namen zum Mars Bild: Lockheed Martin

Eines der wichtigstenInstrumente der Mission, SEIS,wurde von der französischen Raumfahrtbehörde CNES entwickelt.

"Erde und Mars sind zwei Gesteinsplaneten, die in der gleichen Zeit entstanden sind", sagt Annick Sylvestre-Baron, die stellvertretende Projektleiterin. "Der eine Planet ist immer noch lebendig mit Vulkantätigkeit, Ozeanen aus flüssigem Wasser auf seiner Oberfläche, einer durch ein Magnetfeld geschützten Atmosphäre und verschiedenen Lebensformen, während der andere vor etwa 3,5 Milliarden Jahren zu einer gefrorenen Wüste geworden zu sein scheint."

Sie sagt, SEIS wird versuchen, die Überreste des Mars-Pulses zu finden. "Wir hoffen, dass die seismischen Daten, die wir auf dem Mars sammeln, uns helfen werden, die innere Struktur des Planeten - seine Kruste, seinen Mantel und Kern - die Entstehung und Entwicklung des Mars besser zu verstehen. Indem wir die Seismik des Mars mit der Erde und dem Mond vergleichen, können wir alle Gesteinsplaneten besser verstehen."

Die NASA griff auf die französische Expertise zurück, weil die CNES bereits ein Seismometer entwickelt hatte, das den extremen Bedingungen auf dem Mars standhalten konnte. Da machte es "keinen Sinn, die Arbeit in den USA erneut durchzuführen", sagt die Forscherin.

Das gilt auch für HP3, die vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelte Wärmefluss-Sonde. 

Der Antrieb des Planeten

HP3 soll sich fünf Meter tief in den Marsboden oder Regolith eingraben. Ähnliche Sonden kommen auf der Erde noch viel tiefer: Bis zu einem Kilometer dringen sie in den Boden ein. In dieser Tiefe können sie Messungen durchführen, ohne dass diese von anderen Einflussfaktoren gestört werden - etwa Veränderungen im Wetter, Grundwasser oder ähnliches.

Der Mars ist in dieser Beziehung weniger problematisch. Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht oder über die Jahreszeitten, können sich bis zu drei Metern Tiefe auswirken. Die fünf Meter reichen also aus. 

Mehr zum Leben auf dem Mars: Als Mars-Menschen die USA angriffen

NASA Mars InSight Fallschirm
Die Sonde wird mit einem solchen Überschall-Fallschirm abgebremstBild: Nasa/Jpl-Caltech/Lockheed Martin

"Die Hitze, die aus einem Planeten entweicht, ist ähnlich der Hitze Ihres Automotors. Wenn Sie vollgas fahren, wird das Auto heißer. Wenn das Auto weniger fährt, gibt es weniger Wärme ab. Die Abwärme einer Maschine, eines Wärmemotors, ist also ein Maß für ihre Aktivität. Und Planeten nehmen ihre innere Wärme und wandeln sie in Verformungen an der Oberfläche um, wie Berge, Vulkane, oder sie erzeugen ein Magnetfeld, Tektonik und so weiter", sagt Tilman Spohn, wissenschaftlicher Leiter von HP3.

Der Mars erzeugt im Moment kein Magnetfeld, aber in der Vergangenheit hatte er eins. Vielleicht ist das also ein Zeichen für seinen Verfall.

Es gibt zwei Hauptbestandteile von HP3: einen metallischen "Maulwurf", der von der polnischen Astronika gebaut wurde und sich wie ein Hammer durch den Boden brechen soll, und eine schlanke Leine mit Temperatursensoren. "Wenn wir nach unten gehen, halten wir alle 50 Zentimeter inne und erwärmen den Außenrumpf des Maulwurfs. Dann beobachten wir den Temperaturanstieg, und das lässt uns die Wärmeleitfähigkeit des Regoliths berechnen", sagt Spohn. "Wir werden die Temperatur an 14 Temperatursensoren ablesen, die auf der Leine aufgedruckt sind."

Mehr über andere Raumsonden:Reise zum Merkur

NASA Mars InSight being loaded into a cargo plane
Im Febraur 2018 ging InSight auf die Reise zum Startplatz in KalifornienBild: Nasa/Jpl-Caltech/Lockheed Martin Space

Eine Momentaufnahme des Zerfalls

Die Daten werden den Wärmestrom und die Wärmeleitfähigkeit auf dem Mars so zeigen, wie er heute ist. Aber sie sollten es den Wissenschaftlern auch ermöglichen, zurückzuverfolgen, wann der Planet entstanden ist. Der Wärmestrom stammt nämlich immer noch von der ursprünglichen "Akkretionswärme" des Planeten ab.

HP3 soll auch den Zerfall von wärmeproduzierenden radioaktiven Elementen wie Uran, Thorium und Kalium messen. "Es ist grundlegende Physik, wie diese im Laufe der Zeit zerfallen", sagt Smrekar. "Wenn wir die Konzentration dieser Elemente heute kennen, können wir rückwärts projizieren und berechnen, wie sie zur Temperatur im Mars, seinem Wärmekraftwerk, in der Vergangenheit beigetragen haben."

NASA Mars InSight Landeplatz
Der Landeplatz für die Sonde InSight Bild: Nasa/Jpl-Caltech

Und das wiederum könnte uns ja auch in der Zukunft helfen, vor allem, wenn der Mensch doch noch den Mars besiedeln will.

"Ich würde erwarten, dass flüssiges Wasser unerreichbar tief liegt - zu tief, dass Menschen es auf dem Mars nutzen könnten", sagt Smrekar, "höchstens die Wärme aus dem Untergrund könnte als Ressource von Wert sein." Zunächst geht es bei der Forschung aber um bloße Neugierde. Die Menschen stellen Fragen nur ihrer selbst willen. "Die Menschheit muss wissen, woher sie kommt und wohin sie geht", sagt Sylvestre-Baron.

Tatsächlich wird InSight, wenn alles gut geht, uns mehr über unser gesamtes Sonnensystem beibringen - und Geheimnisse über das Leben auf der Erde lüften. "Wenn wir nur unseren Planeten untersuchen, werden wir die Evolution der Erde nicht verstehen. Wir werden nicht verstehen, warum die Erde einzigartig ist, oder warum sie der einzige Ort ist, der bewohnbar ist. Wir werden diese Dinge nicht vollständig verstehen, wenn wir nicht versuchen, sie anderswo zu verstehen", sagt Smrekar. "Also, rettet diese Forschung heute irgendjemandem das Leben? Nein. Aber es ist wichtig zu verstehen, wie unser Planet funktioniert, wenn wir ihn langfristig weiter bewohnen wollen!"

Abbany Zulfikar Kommentarbild App
Zulfikar Abbany Wissenschaftsredakteur mit einem Faible für KI und die Beziehung zwischen Technologie und Menschen.