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Nation im Krieg

Christina Bergmann26. April 2007

Für eine Woche wehten die Fahnen nach dem Massaker an der Virginia Tech Universität auf Halbmast. Wieviele Soldaten müssen im Irak sterben, damit US-Präsident Bush deswegen Trauerbeflaggung anordnet?

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Bild: DW

Diese Frage wird in vielen Foren im Internet diskutiert. Das Blutbad in der Virginia Tech, bei dem der Südkoreaner Seung-Hui Cho 32 Menschen ermordete bevor er sich selbst umbrachte, hatte den Irak-Krieg für eine gute Woche auf die hinteren Plätze in der Berichterstattung verdrängt. Doch jetzt kehrt die Nation wieder zum Alltag zurück und der heißt: Wir befinden uns im Krieg.

Fatale Folgen

Denn auch, wenn der Schauplatz des Krieges auf einem anderen Kontinent liegt, sind die Auswirkungen hier zuhause zu spüren. Über 3300 Soldaten sind inzwischen im Irak ums Leben gekommen. Sie hinterlassen Frauen, Männer, Kinder, Eltern. Über 24.000 Männer und Frauen sind im Irak bisher verwundet worden. Über 10.000 davon so schwer, dass sie nicht wieder zu ihren Einheiten zurückkehren konnten. Sie haben Arme oder Beine verloren, haben schwere Kopfverletzungen, sind für ihr Leben gezeichnet. Dass das Militär darauf nicht vorbereitet war, zeigen die katastrophalen Zustände, unter denen diese Invaliden leben müssen und die bürokratischen Albträume, die sie durchlaufen. Zeitungen und Fernsehsender erzählen ihre Geschichten.

Unsichtbare Verletzungen

Vor allem die Kopfverletzungen machen den Sanitätern vor Ort und zuhause zu schaffen. Mehr als 1800 Soldaten leiden zurzeit unter den Folgen von Schusswunden im Kopf. Aber Neurologen macht etwas anderes Sorgen: Die hunderttausende Soldatinnen und Soldaten, die äußerlich unverletzt sind – aber möglicherweise folgenschwere Schäden davongetragen haben: Weil sie in der Nähe waren, als eine jener zusammengebastelten Bomben exlodierte, die für diesen Krieg so schrecklich typisch sind. Kein Helm schützt dann das Gehirn vor den entstehenden Druckwellen. Die extremen Druckunterschiede richten miskroskopisch kleine Schäden an, die sofort oder langfristig zu schweren Schäden führen können: Taubheit, Blindheit, Kontrollverlust über einzelne Gliedmaßen sind nur einige Beispiele. Über eine Million Soldaten sind seit 2001 in Afghanistan oder Irak gewesen. 170.000 davon mehr als einmal im Irak. Niemand weiß, welche Spätfolgen sich bei ihnen zeigen werden.

"Flat Daddies"

Doch es sind nicht nur die physischen oder psychischen Folgen für die Soldaten, die noch lange zu spüren sein werden. Mehr als 140.000 Männer und Frauen sind zurzeit im Irak stationiert und diese Zahl wird noch steigen. Sie fehlen zuhause. Ihren Männern und Frauen und: ihren Kindern. Damit die Kleinen nicht vergessen, wie ihr Vater oder ihre Mutter aussieht, haben die Eltern für sie Videos gedreht oder eine Puppe anfertigen lassen, die Mum oder Dad in Uniform zeigen. Beliebt sind auch lebensgroße Fotos von den Abkommandierten. Auf Pappe gezogen können sie dann mit im Auto sitzen oder im Kinderwagen geschoben werden. Sie haben auch schon einen Namen: Flat Daddy.