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Nato verstärkt Truppen im Kosovo

19. März 2004

Angesichts der blutigen Unruhen im Kosovo verstärkt die Nato ihre Truppen in der Krisenregion. Eine weitere Eskalation der Gewalt soll verhindert werden.

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Brennende serbisch-orthodoxe KircheBild: AP

Die Bundeswehr will 600 weitere Soldaten in den Kosovo entsenden, gab Verteidigungsminister Peter Struck am Freitag bekannt. Deutschland entspreche damit einer Bitte der Nato. Auch Frankreich hat sich zur Entsendung von 400 zusätzlichen Soldaten bereit erklärt. Unterdessen ist bereits ein Voraustrupp mit ungefähr 150 britischen Soldaten am Freitagmorgen in der Provinzhauptstadt Pristina eingetroffen. Die Nato verlegte 350 amerikanische und italienische Soldaten aus Bosnien in den Kosovo.


Grenzübergreifende Gewalt

In der geteilten Stadt Kosovska-Mitrovica zündete eine aufgebrachte Menge eine Kirche an, obwohl französische Nato-Soldaten versuchten, sie mit Tränengas und Gummigeschossen zu zerstreuen. Schüsse waren zu hören. Die aus dem 17. Jahrhundert stammende Moschee der serbischen Hauptstadt Belgrad wurde ebenfalls in Brand gesetzt. In Novi Sad kam es zu Protesten, ein muslimisches Gemeindezentrum wurde demoliert.

Der serbische Ministerpräsident Vojislav Kostunica nannte am Donnerstag (18.3.) die Gewalt im Kosovo ein "versuchtes Pogrom" an den Serben in der Region, das das Ausmaß von ethnischer Säuberung angenommen habe. Im Namen seiner Regierung rief er zu friedlichen Protesten gegen den "albanischen Terror" im Kosovo auf und verurteilte zugleich die Angriffe auf islamische und albanische Einrichtungen in Serbien. Der KFOR warf er vor, nicht "angemessen" auf die Gewalt zu reagieren. Nur eine "territoriale Autonomie" für die Serben im Kosovo könne deren Sicherheit garantieren.

Hunderte Serben evakuiert

"Die Albaner, die die KFOR, die Polizei, serbische Enklaven und Kirchen angegriffen haben, sollten sich der massiven Reservekräfte bewusst sein", sagte der KFOR-Kommandeur, der deutsche General Holger Kammerhof, am Donnerstag. Er habe den Kommandeuren seiner Einheiten den Befehl gegeben, die Sicherheit für die Soldaten und die Bevölkerung zu gewährleisten. Die Nato schickte aus dem benachbarten Bosnien zunächst eine Einheit mit 100 bis 150 US-Soldaten in den Kosovo. Weitere zwei Einheiten - eine unter italienischer und eine unter britischer Führung - stünden in Bereitschaft, sagte ein Sprecher im Nato-Hauptquartier in Brüssel. Großbritannien und die USA kündigten ebenfalls die Entsendung von Soldaten an. Im Kosovo sind bereits rund 17.500 Soldaten der Nato-geführten Stabilisierungstruppe für den Kosovo (KFOR) sowie rund 9000 örtliche und UN-Polizisten im Einsatz.

Öffentliche Ordnung nachhaltig gestört

Die Krise hat sich inzwischen auch territorial auf mehr als ein Dutzend Orte ausgeweitet - von Mitrovica im Norden über Urosevac im Süden bis nach Pec im Westen. Und überall das gleiche Bild: Serben und Albaner werfen Brandbomben in Gebäude, zünden Einsatzfahrzeuge der Nato-Truppen an und gehen mit Gewehren und Steinen aufeinander los. Hunderte Serben werden aus ihren Wohnungen evakuiert. Ein serbisch orthodoxer Priester sagte telefonisch aus Obilic, Serben würden in ihren Häusern getötet, mindestens 15 Häuser und eine Kirche seien angezündet worden. US-Soldaten sperrten die Straße zwischen Mitrovica und Pristina und kontrollierten alle Reisenden. Die Grenzen der Provinz zur Republik Serbien wurden geschlossen.

In Pristina, der Hauptstadt des Kosovo, und in Pec kamen zehntausende Menschen zusammen um die Rückkehr der aufgelösten albanischen Untergrundarmee UCK zu fordern. In der serbischen Hauptstadt skandierten dagegen Tausende nationalistische Serben den Mord an Albanern.

Nur ein Racheakt?

Die bisher schwersten Ausschreitungen seit der Übernahme der Kontrolle durch die UN 1999 hatten in Mitrovica begonnen, einer zwischen den beiden Volksgruppen geteilten Stadt. Drei albanische Jungen waren dort am Mittwoch (17.3.) im Fluss ertrunken. Ein Überlebender sagte, die Kinder seien gejagt und in den Fluss gehetzt worden - aus Rache für die Verletzungen eines serbischen Teenagers bei einer Schießerei. (arn/kas)