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Politik

"Natürliches" Tiersterben in Kamtschatka?

23. Oktober 2020

Laut Behörden ist die Ursache der ökologischen Katastrophe vor der russischen Halbinsel klar. Umweltschützer melden Zweifel an der offiziellen Lesart an.

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Wasserverschmutzung I Totes Meer I Kamtschatka
Rätselhafte Umweltkatastrophe: Tote Meerestiere am Strand (Archivbild)Bild: Dmitry Sharomov/Greenpeace Russia/Reuters

Das massenhafte Tiersterben vor der Küste der russischen Halbinsel Kamtschatka hat nach staatlichen Angaben natürliche Ursachen gehabt. Experten gingen derzeit davon aus, dass pflanzliches Plankton dafür verantwortlich sei, teilte das Ermittlungskomitee in Moskau mit. Bei Schiffen und U-Booten der Marine, die in die Bucht vor der Regionalhauptstadt Petropawlowsk-Kamtschatski einliefen, seien keine Ölprodukte ausgetreten.

"In den untersuchten Proben von Wasser, Boden und Meeresorganismen wurden keine Schwermetalle gefunden." Die hohe Konzentration von Erdölprodukten an der Küste, wo Ende September Hunderte tote Meerestiere wie Seesterne, Fische, Kraken und Robben angespült wurden, sei nicht kritisch, so die Behörde. Ähnliche Werte würden bereits seit 1970 beobachtet. Die Untersuchungen dauerten jedoch an.

Ursache geheim gehalten?

Vor eineinhalb Wochen hatten regionale Stellen noch erklärt, in Wasserproben sei die Konzentration von Ölprodukten zeitweise um das Vierfache und die von Phenol um mehr als das Doppelte gestiegen. Surfer, die sich in der betroffenen Küstenregion im Wasser aufhielten, hatten von Übelkeit und verätzten Augen berichtet. Bei den untersuchten Sportlern ergaben sich nach jüngsten offiziellen Angaben keine Anzeichen einer Vergiftung. Nach früherer Aussage von Medizinern wurden jedoch Verätzungen der Hornhaut diagnostiziert. Mehr als 200 Menschen sollen mit dem verschmutzten Wasser in Kontakt gekommen und danach krank geworden sein.

Wasserverschmutzung I Totes Meer I Kamtschatka
Ursachenforschung: Ein Experte nimmt Wasserproben (Archivbild)Bild: Dmitry Sharomov/Greenpeace Russia/Reuters

Umweltschützer sprachen von einer ökologischen Katastrophe. Sie befürchten, dass staatliche Stellen die wahre Ursache für das Tiersterben geheim halten könnten. Organisationen wie Greenpeace sehen giftige Stoffe, die ins Meer gelangt sind, ebenso als mögliche Ursache an wie giftige Algen, die sich wegen des Klimawandels massenhaft vermehrt haben.

Einst militärisches Sperrgebiet

Die russische Marine ist in dem Gebiet mit ihrer Pazifikflotte präsent. In Kamtschatka hatte das Militär mehrfach neuartige Raketen getestet. Einheimische berichten, sie hätten vor etwa einem Monat Explosionen gehört und gespürt. Zu Sowjetzeiten war die Halbinsel als Sperrgebiet nur mit einer Sondererlaubnis des Geheimdienstes zugänglich. Wegen zahlreicher Vulkane und einer außergewöhnlichen Flora und Fauna zählen mehrere Regionen Kamtschatkas zum UNESCO-Weltnaturerbe.

In Russland kommt es immer wieder zu gravierenden Umweltverschmutzungen. Häufig werden derartige Vorfälle erst mit großer Verzögerung oder überhaupt nicht von den Behörden mitgeteilt.

jj/uh (dpa, rtr)

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