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Neue Flughafenkontrollen nach Risikogruppen?

28. Dezember 2010

Die Sicherheitskontrollen an deutschen Flughäfen bleiben ein Dauerthema: Nun sollen die Reisenden in Risikogruppen eingeteilt und unterschiedlich kontrolliert werden. Das fordert jedenfalls der Deutsche Flughafenverband.

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Der designierte Präsident des Flughafenverbandes, Christoph Blume, erläuterte seinen Vorschlag in einem Gespräch mit der "Rheinischen Post" (28.12.2010). Wenn man die Passagiere in Risikogruppen einteile, könnten die Kontrollsysteme zum Wohle aller Beteiligten effektiver eingesetzt werden, sagte Blume, der auch Chef des Düsseldorfer Flughafens ist.

Körperscanner im Hamburger Flughafen wird von Innenminister de Maiziere eingeweiht (Foto: dapd)
Den neuen Körperscanner in Hamburg probierte auch Innenminister de Maiziere ausBild: dapd

Bei dem in Israel bereits eingesetzten "Profiling" würden Reisende je nach Alter, Geschlecht, ethnischer Herkunft und anderen Kriterien unterschiedlich scharf kontrolliert, so Blume. Kunden, über die ausreichend Daten vorlägen und die regelmäßig ähnliche Strecken flögen, würden dort weniger aufwändig kontrolliert als Passagiere, über die keine oder nur wenige Daten bekannt seien.

Das israelische Vorgehen sei auch eine Möglichkeit, ein Ausufern der Sicherheitskontrollen an den deutschen Airports zu verhindern. Denn: "Jeder neue Vorfall führt zu weiteren Kontrollen und Sicherheitsmaßnahmen." So entstehe eine Spirale der technischen Aufrüstung, die irgendwann an ihre technischen und operativen Grenzen stoße.

Einteilung der Passagiere

Der Chef der Polizeigewerkschaft GdP, Bernhard Witthaut (Foto: dapd)
Der Chef der Polizeigewerkschaft GdP, Witthaut, fordert eine Entprivatisierung der KontrollenBild: dapd

Bereits in den letzten Wochen hatte es an den deutschen Flughäfen angesichts neuer Terrorwarnungen und Sprengstofffunde längere Wartezeiten für Passagiere an den Sicherheitskontrollen gegeben. Auch der internationale Airline-Verband IATA hatte sich jüngst für ein neues Kontrollsystem an den Flughäfen stark gemacht. IATA-Generaldirektor Giovanni Bisignani schlug ein System von "drei Tunneln" vor, in denen Fluggäste je nach Gefährderprofil durchsucht werden sollen.

Bisignani stellt sich vor, dass die Passagiere zunächst anhand von biometrischen Merkmalen und ihrer Buchungsdaten in Kategorieren eingeteilt werden. Tunnel eins sei für "bekannte Flugreisende", Tunnel zwei für "normale" und Tunnel drei für "potentiell gefährliche" Flugreisende. Letztere müssten sich dann einer umfassenden Untersuchung stellen.

Politiker und Polizei sind skeptisch

Der Profiling-Vorschlag stößt bisher hierzulande auf einhellige Ablehnung. Zurückhaltend reagierte etwa das Bundesinnenministerium. "Wir sind gut aufgestellt an den Flughäfen", sagte ein Ministeriumssprecher. Es werde nahezu ständig überprüft, wie die Kontrollen verbessert werden könnten.

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach, warnte vor der Gefahr der Diskriminierung. "Jeder Passagier wird fragen: Wie kommen Sie dazu, mich anders zu behandeln als andere Passagiere?", sagte der CDU-Politiker.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) meinte, derartige Vorschläge würden zu sehr "nach dem Wunsch der Zeitersparnis klingen". GdP-Chef Bernhard Witthaut sagte: "Lieber eine halbe Stunde in der Warteschlange als ein Leben lang tot." Er sprach sich stattdessen dafür aus, die Fluggastkontrollen zu entprivatisieren. "Es ist ein Widerspruch, das sogenannte Profiling und damit rein polizeiliche Fähigkeiten einzufordern und andererseits die Fluggastkontrollen oft gering bezahlten Kräften privater Firmen zu überlassen."

Der Grünen-Politiker Wolfgang Wieland und die Innen-Expertin der Linken, Ulla Jelpke, warnten, damit würde einer Diskriminierung Tür und Tor geöffnet. Jelpke fügte hinzu, eine unterschiedliche Kontrolle von Flugpassagieren nach Risikogruppen leiste "rassistischen und moslemfeindlichen Vorurteilen Vorschub". Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar wandte sich gegen eine Unterscheidung nach, wie er meinte, völlig undurchsichtigen Kriterien.

Autor: Marko Langer/Reinhard Kleber (dpa, rtr, dapd afp)
Redaktion: Eleonore Uhlich/Sabine Faber