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Neue Fusionswelle bei Banken?

Michael Knigge7. Juni 2005

Seit Jahren gelten die deutschen Großbanken als Übernahmekandidaten für ausländische Konkurrenten. Passiert ist bislang nichts. Jetzt könnte die deutsche Nummer Zwei von einem italienischen Aufkäufer übernommen werden.

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Will deutschen Wettbewerber kaufen: UnicreditoBild: dpa - Bildarchiv

Das größte italienische Bankhaus hat es eilig. Nach dem Willen der Führung der Unicredito soll noch im Sommer der Zusammenschluss mit der deutschen HypoVereinsbank abgeschlossen werden. Das Ziel ist, aus zwei im internationalen Vergleich eher kleinen Instituten einen schlagkräftigen europäischen Bankkonzen zu formen. Mit dem Zusammenschluss aus Unicredito und HypoVereinsbank entstünde die neuntgrößte europäische Bank, die Nummer Vier in der Euro-Zone.

Keine Fusion unter Gleichen

Eine Fusion unter Gleichen ist es nicht, die beiden Unternehmen verhandeln unter völlig unterschiedlichen Voraussetzungen: die Münchner HypoVereinsbank schrieb im vergangenen Jahr Verluste in Höhe von 2,3 Milliarden Euro, die Mailänder Unicredito erzielte 2,1 Milliarden Euro Gewinn. Deshalb ist der Zusammenschluss faktisch eine Übernahme der HypoVereinsbank durch Unicredito.

HypoVereinsbank in München Fusion
Sitz der HypoVereinsbank in MünchenBild: AP

"Die HypoVereinsbank stand lange Zeit auf der Kippe“, sagt Dieter Hein, Bankenexperte bei fairesearch in Frankfurt. Das Institut habe in den sechs der letzten sieben Jahre unerwartete große Finanzlöcher stopfen müssen und würde durch eine Fusion mit Unicredito mögliche neue finanzielllen Belastungen besser abfedern. In diesem Sinne, betont Hein, könne der Zusammenschluss eine sinnvolle Lösung für die HypoVereinsbank sein.

Geringe Überschneidungen

Die Strategie der Münchner Manager zielt darauf als weitgehend selbstständige Einheit innerhalb eines dann größeren Bankenkonzerns fungieren zu können. Weil es wenige Überschneidungen im Geschäft der beiden Institute gibt, könnten die meisten Arbeitsplätze und Strukturen der HypoVereinsbank erhalten werden, so die Hoffnung der HypoVereinsbank-Führung. "Überschneidungen gibt es nur in Polen, wo Unicredito und HypoVereinsbank vertreten sind. Dort wird es zu Stellenabbau und Filialzusammenlegungen kommen", prognostiziert Konrad Becker, Finanz-Analyst bei der Münchner Privatbank Merck Finck.

Dagegen dürfte sich beim Deutschland-Geschäft und der starken Stellung der HypoVereinsbank in Osteuropa durch ihre Tochter Bank Austria nicht viel ändern. Denn genau dies macht die HypoVereinsbank interessant für den italienischen Wettbewerber: der Zugang zum großen deutschen Markt und die Präsenz im Zukunftsmarkt Osteuropa. Dafür gehe Unicredito ein hohes Risiko ein, sagt Analyst Hein: "Niemand weiss, was bei der HypoVereinsbank noch alles in der Bilanz steckt.“

Kombo HypoVereinsbank und UniCredito
Bild-Collage aus den Logos der beiden BankenBild: dpa - Bildfunk

Mögliches Signal

Mit einem Volumen von rund 17 Milliarden Euro wäre der Zusammenschluss die größte grenzüberschreitende Bankenfusion in Europa. Dennoch glaubt fairesearch-Experte Hein nicht, dass die europäische Finanzbranche nach einer erfolgreichen Einigung von einer neuen Übernahmewelle erfasst wird. Grenzüberschreitende Fusionen seien schon seit langem an der Tagesordnung, betont Hein und ergänzt, dass die HypoVereinsbank schlicht zu klein sei, um eine neue Fusionswelle auszulösen.

"Das könnte ein Signal für die internationale Bankenbranche sein", glaubt dagegen Merck Finck-Analyst Becker. Zwar habe man seit Jahren immer wieder gesagt, dass die deutschen Großbanken Übernahmekandidaten seien. Aber passiert sei nichts. "Jetzt sind wir in eine Phase übergangen in der die Stabilität der deutschen Banken schon deutlich besser geworden ist, die Preise dies aber noch nicht widerspiegeln." Zudem werde der Druck zunehmen. Wenn die HypoVereinsbank von Unicredito übernommen werde, gebe es für einen internationalen Käufer nur noch eine günstige Gelegenheit in den deutschen Markt einzusteigen: durch den Kauf der Commerzbank. "Es ist durchaus möglich, dass die Deutsche Bank in wenigen Jahren die einzige Großbank unter deutscher Kontrolle ist."