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Neue Gewalt im Kosovo

21. April 2005

Ende vergangener Woche haben zwei Anschläge das Kosovo erschüttert. Der Bruder des ehemaligen Ministerpräsidenten Haradinaj wurde ermordet. Ferner wurde auf die Zentrale einer Partei ein Sprengstoff-Anschlag verübt.

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UNMIK Hauptquartier in Prishtina sorgt für FriedenBild: DW

Eine Sprengstoffexplosion hat am Sonntagabend (17.4.) das Zentrum von Prishtina erschüttert. Bei dem Anschlag, der offensichtlich dem Büro der politischen Partei ORA galt, wurden drei Kinder leicht verletzt, wie die Polizei mitteilte. Vertreter der Institutionen des Kosovo und der internationalen Organisationen haben die Bombenexplosion vor dem Büro der Partei ORA des Verlegers Veton Surroi als schweren Vorfall und inakzeptablen Angriff auf die demokratische Ordnung bezeichnet. Der stellvertretende Premierminister des Kosovo, Adem Salihaj, sagte, "wir verurteilen diesen Anschlag, völlig unabhängig davon, gegen wen er gerichtet war - ob gegen ORA oder irgendjemand anderen. Wir erwarten noch genauere Ermittlungsergebnisse von der Polizei. Die Position der Regierung in diesem Fall ist völlig klar."

Der Parteivorsitzende Veton Surroi bezeichnete den Anschlag als politisch motiviert und verlangte von den Sicherheitsbehörden, eine Verschlimmerung der Sicherheitslage im Kosovo nicht zuzulassen. "Es ist ein klares Signal an unsere Gesellschaft, dass die Kriminalität mit der Politik verstrickt ist." Es sei ein Signal gegen ORA und die Werte, die ORA vertrete, und gegen den Kampf gegen die organisierte Kriminalität, den ORA unterstütze und den die Partei, neben dem Respekt für Recht und Gesetz, auf die Tagesordnung gesetzt habe, so Surroi.

Morddrohungen gegen Surroi

Veton Surroi erklärte, er sei bereits zuvor von einer Organisation, die sich so genannte "Sicherheit des Vaterlandes" nannte, bedroht worden. Die internationale Polizei hat mitgeteilt, die fragliche Existenz dieser bisher unbekannten Organisation zu untersuchen. Bisher drohte die Gruppe verschiedenen Politikern des Kosovo auf einer Webseite. So wird auch Bujar Bukoshi, Jakup Krasniqi und der Bürgermeister von Urosevac, Faik Grainca, bedroht. Auslöser für die Morddrohungen sei, dass die Demokratische Partei von Hashim Thaci kürzlich eine 30-seitige Akte vorlegte, die Beweismaterial gegen den stellvertretenden Regierungschef und drei Minister vom Demokratischen Bund Kosovo vom Präsidenten Ibrahim Rugova enthielt. Daraufhin drohte diese Organisation alle Politiker zu liquidieren, die die Regierung der Kriminalität und der Verbindung dazu beschuldige.

Kommentatoren im Kosovo stellten den Anschlag auch in Zusammenhang mit dem Mord an Enver Haradinaj, dem Bruder des ehemaligen Kosovo-Premiers Ramush Haradinaj, der derzeit vom UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag wegen Kriegsverbrechen angeklagt ist. Sie äußerten den Verdacht, dass die Attentäter die Sicherheitslage in der Region zu destabilisieren trachteten.

Bruder des ehemaligen Ministerpräsidenten ermordet

Enver Haradinaj (22) ist am 15. April ermordet worden. Er sei im Krankenhaus gestorben, nachdem Unbekannte auf ihn in einem Dorf nahe Pec, im Südwesten der von der UN verwalteten Provinz, geschossen hätten, bestätigte die UN-Mission UNMIK in Prishtina. Die Motive der Tat waren zunächst unklar. Tausende von Menschen nahmen am Sonntag (17.4.) am Begräbnis von Enver Haradinaj teil. An der Beerdigung nahmen unter anderem auch Parlamentspräsident Nexhat Daci, Premierminister Bajram Kosumi, der stellvertretende Premierminister Albaniens, Namik Dokle, und der Kommandant des Kosovo Schutzkorps, General Agim Ceku, teil. Zu der Zeremonie kam auch der ehemalige Ministerpräsident des Kosovo und Bruder des Ermordeten, Ramush Haradinaj. Er bekam vom UN-Kriegsverbrechertribunal ICTY zu diesem Zweck Freigang. Auch der zweite Bruder, Daut Haradinaj, war anwesend, der Freigang vom Gefängnis in Dubrava erhalten hatte, wo er eine fünfjährige Haftstrafe wegen Mordes an Zivilisten verbüßt.

"Kriminelle bringen Kosovo nicht vom Weg ab"

Ministerpräsident Kosumi sagte, "die Kriminellen werden den Weg des Kosovo zur Schaffung des Staates, der Demokratie, der Rechtstaatlichkeit und der Ordnung nicht aufhalten können."

Ramush Haradinaj ist es wegen des ICTY-Prozesses untersagt, mit der Presse oder mit Zeugen zu sprechen. Doch er nutzte die Gelegenheit zu einem Aufruf an die Kosovaren, die Demokratisierung zu unterstützen und voranzubringen. "Die beste und schnellste Art, das Leben unserer Bürger zu schützen und Kosovo zu bewahren, ist, die Prozesse zu unterstützen, die Kosovo voranbringen. Viele haben die Absicht, uns von diesem Weg abzubringen. Das schlimmste, was wir uns selbst antun können, ist es, uns vom Wege des Aufbaus des demokratischen und freien Kosovo abzubringen, in dem alle Bürger respektiert werden", so Ramush Haradinaj.

Bekim Shehu, Prishtina/ Fadil Gashi, Gnjilane
DW-RADIO/Albanisch, 18.4.2005, Fokus Ost-Südost