Neue Gewalt nach Koranverbrennungen befürchtet
24. Februar 2012Aus Sicherheitsgründen hat sich die Bundeswehr aus ihrem Stützpunkt Talokan zurückgezogen. Um das deutsche Lager hatten sich am Donnerstag 300 afghanische Demonstranten versammelt. Der relativ kleine Militärkomplex in Talokan ist schwer zu sichern, da er inmitten einer 200.000 Einwohner-Stadt liegt. Deswegen haben die Kommandeure der Nordregion beschlossen, die Soldaten ins rund 70 Kilometer entfernte Feldlager Kundus abrücken zu lassen. Allerdings sollte das Lager im März ohnehin geräumt werden.
Seit den Koranverbrennnungen durch US-Soldaten am Dienstag demonstrieren Muslime im ganzen Land. Bei den Unruhen sind bereits mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen, darunter auch zwei Soldaten der Internationalen Schutztruppe ISAF. Nach den Freitagsgebeten werden neue Ausschreitungen befürchtet. Der Sprecher des afghanischen Innenministeriums, Sedik Sedikki, sagte: "Die Polizi ergreift im ganzen Land Maßnahmen". Bisher habe es zwei kleinere Demonstrationen gegeben, das sei jedoch "kein Grund zur Beunruhigung".
Obama entschuldigt sich
US-Präsident Barack Obama schickte ein Entschuldigungsschreiben an den afghanischen Präsidenten Hamid Karsai. Er betonte nach Angaben der afghanischen Regierung, dass die Koranverbrennung auf der US-Basis Bagram nicht vorsätzlich gewesen sei. Des weiteren habe der US-Präsident eine vollständige Aufklärung des Falls zugesagt.
Nach Angaben der Internationalen Schutztruppe ISAF habe bereits ein Team aus ISAF-Vertretern und Vertretern der afghanischen Regierung den Ort der Verbrennung besucht, um die Umstände der Koranvebrennung zu analysieren. Die heiligen Bücher wurden neben einem Gefängnis auf dem US-Stützpunkt Bagram verbrannt. Vorher waren sie Häftlingen zur Verfügung gestellt worden.
Taliban rufen zur Rache auf
Die Taliban profitieren von der US-feindlichen-Stimmung in Afghanistan und heißen alle Deserteure, die sich gegen die "Invasoren" stellen, als "Helden" willkommen. Gleichzeitig schworen die Taliban Rache für die Koranverbrennung und riefen Angehörige der afghanischen Sicherheitskräfte zur Fahnenflucht auf.
Zahlreiche muslimische Staaten verurteilten die Koranverbrennung, begrüßten aber die Entschuldigung der ISAF und der USA. Zwei afghanische Untersuchungskommissionen tadelten ebenfalls die "beleidigende und schändliche Tat". Sie appellierten in einer Erklärung aber auch an die Afghanen, Zurückhaltung zu üben.
gco/je (dpa/afp)