1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Das neue Gotteslob ist da

Anastassia Boutsko28. November 2013

Das neue katholische Gebets- und Gesangsbuch liegt jetzt in den Kirchengemeinden. Viele alte, unbeliebte Gesänge mussten weichen, populäre Stücke von heute kamen hinzu. Was bringt das "Gotteslob 2"?

https://p.dw.com/p/1APeD
Bild: picture-alliance/dpa

Schon vor Monaten kürte die deutsche Presse das neue "Gotteslob 2" zum "kulturellen Ereignis von europäischem Rang". Grund war nicht allein der Umfang des Projektes: Über zwölf Jahre haben Hunderte von Kirchenmusikern, Theologen und anderen Fachleuten mitgewirkt. Die Auflagestärke peilt stattliche 4 Millionen Exemplare an. Der Buchmarkt erwartet das neue Gesangsbuch begierig und hofft auf gute Umsätze. Nein, es ist wohl vor allem die Qualität der Neuauflage, die Lobeshymnen provoziert, nicht nur unter Katholiken.

"Ansprechende Erscheinung": das neue Gotteslob
"Ansprechende Erscheinung": das neue GotteslobBild: picture-alliance/dpa

Habemus Gotteslob!

Da liegt sie: 1300 Seiten stark, illustriert. Auf dem Cover schlingen sich drei rote Fäden zum Designer-Dreifaltigkeitssymbol ineinander. Das Buch besteht aus dem "gesamtkatholischen" Stammteil für alle 38 beteiligten Diözesen und einem Eigenteil, das von Region zu Region variiert. Insgesamt erscheinen 25 unterschiedliche Regionalausgaben. Das Stammteil beinhaltet 285 Lieder, der Eigenteil steuert - je nach Diözese - weitere 70 bis 150 bei.

Historisches und Neues

Wie gelangt man an universelles katholisches Liedgut? Es war ein langer und schwieriger Prozess, den Richard Mailänder, Diözesanmusikdirektor in Köln, mit sicherer Dirigentenhand mit gesteuert hat. "Wir haben über 60 Liederbücher durchgearbeitet, zahlreiche Zuschriften bekommen", berichtet der Leiter der Arbeitsgruppe "Lieder" im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Dann haben wir über 3000 Lieder selbst durchgesungen".

Dabei war nicht nur das alte katholische Gotteslob aus dem Jahre 1975 eine wichtige Quelle, sondern auch neuere Gesangsbücher anderer Konfessionen - allen voran das Evangelische Gesangsbuch von 1993 - sowie historische Ausgaben, wie etwa "Cantate!" von Heinrich Bone. Der aus dem Sauerland bei Köln stammende Schullehrer begann bereits Mitte des 19. Jahrhunderts, gesamtdeutsches Kirchenliedgut zusammen zu tragen. Bones Leistung wurde zu Lebzeiten nicht anerkannt. Er starb verarmt.

Verarmt gestorben: "Cantate!"-Autor Heinrich Bone
Verarmt gestorben: "Cantate!"-Autor Heinrich BoneBild: Gemeinfrei

In den Regalen Richard Mailänders stehen Gesangsbüchlein, die schon die Soldaten des 1. Weltkrieges begleiteten. "Das erste gemeinsame deutsche Liedgut ist 1914 zusammengestellt worden, weil die Soldaten aus verschiedenen Diözesen sonst nicht zusammen singen konnten", sagt Mailänder.

Kirchliche Gesangstradition auf dem Prüfstand

Vorläufer des "Gotteslob-2" war das "Gotteslobes-1", das erste gesamtkatholische Gesangsbuch, das nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil 1975 erschien. Bis zum Zweiten Vatikanum galt der Gesang der Gemeinde nicht als Teil der katholischen Liturgie - anders als in den reformierten Kirchen. Die Kehrseite der Medaille: "Mit der Entscheidung des Konzils wurde verbindlicher, was die Gemeinde singt", sagt Richard Mailänder.

Er lobt die Pionierarbeit der Verfasser des ersten Gotteslobes und hält ihnen zugute, "dass nicht alles optimal ist, was man aus dem Stand macht."

In die Jahre gekommen: das alte Gotteslob kann als altpapier entsorgt werden
In die Jahre gekommen: das alte Gotteslob kann als altpapier entsorgt werdenBild: imago/epd

Von knapp 300 Liedern des alten Gotteslobes hielt gut die Hälfte der Zeit nicht Stand: "Es gibt eine ganze Reihe von Gesängen, die kaum gesungen wurden ", so Mailänder. Diese unbeliebten Gesänge mussten jetzt Platz machen für populäre Stücke. "Maria durch den Dornwald ging" gehört zu den bekanntesten, ebenso "Von guten Mächten" nach einem Text des Theologen und Nazi-Gegners Dietrich Bonhoeffer oder "Jesus Christ, you are my life", eine beliebte Hymne der katholischen Weltjugendtage. Manches Lateinische findet sich im neuen Gotteslob und sogar Lieder, die von der orthodoxen Tradition beeinflusst sind. Allein im Stammteil tragen 199 Lieder das Prädikat "ö" für "ökumenisch".

Nach der ersten Auswahl ging das Aussieben weiter. Daran nahmen Theologen und praktizierende Kirchenmusiker, aber auch Experten für christlich-jüdische Zusammenarbeit und für frauengerechte Sprache teil. Nunmehr ist jedes der 285 Lieder, die es in den Stammteil geschafft haben, mehrfach handverlesen.

In vielen Gemeinden wird die Einführung des neuen Gotteslobes mit festlichen Gottesdiensten gefeiert
In vielen Gemeinden wird die Einführung des neuen Gotteslobes mit festlichen Gottesdiensten gefeiertBild: DW/A. Hornemann

Europa der Musikregionen

Etwas lockerer dürfte es in den "Regionalliedergruppen" zugegangen sein. Hier wurde vor allem auf regionale Traditionen gesetzt. So enthält etwa die bayerische Ausgabe nicht nur einen auffällig hohen Anteil von Marienliedern. Auch landestypische Kirchenschlager lassen sich damit anstimmen wie "Patronin voller Güte, das Bayernland behüte!" oder "Auf zum Schwur, Tiroler Land!" in der Diözese Bozen-Brixen. Im Österreich-Teil lassen sich ungarische Gesänge orten, das "Kölner Gotteslob" schlägt katholische-kölsche Töne an. Im der Ausgabe für das Erzbistum Köln finden sich auch Lieder nach Texten der Heiligen Edith Stein, die 1933 als Postulantin in den Kölner Karmel eintrat. So intoniert Kirchenmusik auch schon mal Zeitgeschichte.

Die Tücken der Logistik

So klug der Veröffentlichungstermin des neuen Gotteslobes am ersten Advent gewählt war, so ärgerlich erwies sich diese Panne: Die mit der Produktion der Riesenauflage beauftragte Druckerei des C.H.Beck-Verlags bestellte falsches Papier. Der Druck geriet zu dünn und zu durchsichtig. Noten und Texte ließen sich kaum entziffern. Zwischenzeitlich haben sich Auftraggeber und Verlag aber geeinigt. Knapp anderthalb Million Bücher können so zunächst ausgeliefert werden - als Standardversion für die Kirchenbank oder als ledergebundene Luxusausgabe mit Goldschnitt für das heimische Buchregal. Weitere sollen folgen.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema