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Muslim gegen die Rechten

Vera Möller-Holtkamp8. Mai 2007

Beim Karikaturenstreit wurde er populär: Naser Khader - ein in Syrien geborener dänischer Parlamentsabgeordneter. Er kämpft für einen offenen Islam - und gegen die Rechten. Dafür hat er eine neue Partei gegründet.

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Naser Khader, Quelle: AP
Naser Khader - die Liberalen verlieren durch seinen Parteiaustritt ein wichtiges ZugpferdBild: AP

Die frisch gegründete Partei Ny Alliance (Neue Allianz) erschüttert derzeit die politische Landschaft Dänemarks. Die Partei des für Ausgleich und Dialog stehenden Abgeordneten Naser Khader hat der Einschätzung des Dänemark-Experten Bernd Henningsen zufolge das Potential, die rechtslastige Politik im Land "zur Räson zu bringen".

Die Partei spaltete sich am Montag (7.5.07) von der sozialliberalen Det Radikale Venstre ab. Der Zeitpunkt scheint günstig. In den letzten Monaten lieferten Mitglieder der nationalistischen Dänischen Volkspartei (Dansk Folkeparti) immer wieder empörende ausländerfeindliche Statements. Ein Mitglied der drittstärksten politischen Kraft im Land hatte Homosexualität als "Krankheit" bezeichnet. Ein anderer fand mit seinem Vergleich eines islamischen Kopftuchs mit dem Hakenkreuz der Nationalsozialisten sogar Zuspruch einiger Politiker.

Die Neugründung geschah aus Protest gegen die nationalistische Rhetorik der Dänischen Volkspartei, so die offizielle Begründung. Die Gründer der neuen Partei protestieren jedoch nicht weniger entschlossen gegen rechts als ihre Mutterpartei. Die jeweilige Strategie aber ist eine andere: Die Neue Allianz strebt eine Regierungsbeteiligung an, während die Radikale Venstre sie boykottiert.

Neue Partei will Volkspartei verdrängen

Anders Fogh Rasmussen, Quelle: AP
Der dänische Premier Anders Fogh Rasmussen - wegen Kooperation mit den Rechten angefeindetBild: AP

Die frisch gegründete Partei bietet sich als neuer Partner für eine liberal-konservative Regierungskoalition unter Anders Fogh Rasmussen nach der Wahl 2009 an. Sie will damit die populistische Dänische Volkspartei ablösen, die die Minderheitsregierung unterstützt. Damit zieht Khader die Konsequenz aus einem seit Monaten schwelenden Streit in der Oppositionspartei. "Wir fühlen uns politisch heimatlos und glauben, es gibt viele, die das ebenfalls tun", sagte Khader. Der muslimische Politiker hat vor allem während des Karikaturenstreits an Popularität gewonnen. Damals gründete er die Vereinigung Demokratische Muslime. Er unterstützte den Dialog der Muslime untereinander und forderte die dänische Gesellschaft auf, zwischen radikalen Muslimen und demokratischen denkenden Glaubensvertretern zu unterscheiden.

Die stellvertretende Vorsitzende der sozialliberalen Partei Det Radikale Venstre, Margrethe Vestager, bedauert die Entscheidung Khaders - und hält sie für wenig opportun. Er sei zu optimistisch zu glauben, durch eine Regierungsbeteiligung könne man die Politik im Land wirklich ändern, sagt sie. "Wir stehen zu einer Regierungskoalition unter Anders Fogh Rasmussen nicht zur Verfügung. Seine Zusammenarbeit mit der Dänischen Volkspartei und seine Positionen in der Steuerpolitik sind für uns indiskutabel", sagt Vestager.

Immigrationsthemen auf der Agenda ganz oben

Parteimitgründerin Gitte Seeberg, Quelle: AP
Parteimitgründerin Gitte SeebergBild: EP

Die neue Allianz kann mit Zulauf auch aus dem konservativen Lager rechnen. Die prominenteste Vertreterin ist die Mitbegründerin: Gitte Seeberg. Die Abgeordnete des EU-Parlaments verließ die Konservativen (Konservative Folkeparti) für die Neue Allianz. Sie erklärte, die Zusammenarbeit mit der Dänischen Volkspartei sei in Fragen der Einwanderung, der EU und der Globalisierung unmöglich. Die Neue Allianz wolle "eine 100-prozentige Mitgliedschaft in die EU" erreichen. Außerdem stehe sie für eine "strenge, aber humanitäre Ausländerpolitik", die nicht mehr von Rechtpopulisten "diktiert" werde, so Seeberg.

Neuer Machtfaktor

Dänemark-Experte Henningsen hofft, dass die neue Partei einen positiven Einfluss auf die politische Kultur im Land hat. Die fremdenfeindlichen Äußerungen von Politikern hätten dem Ansehen des Landes geschadet. Die Regierung hatte daher eine Image-Initiative ins Leben gerufen, die das Bild des Landes im Ausland aufwerten solle.

Dänemark hat eines der schärfsten Asylgesetze Europas. Im vergangenen Jahr kritisierte zudem der Europarat, es gebe in Dänemark "eine umfassende Atmosphäre der Intoleranz und des Fremdenhasses". Die Neue Allianz könnte das rechtslastige Parteienspektrum aufbrechen, mutmaßt Henningsen.

Auch in dänischen Zeitungen wird eine mögliche Brückenfunktion zwischen dem linken und dem rechten Spektrum hervorgehoben. Thomas Larsen von der Tageszeitung "Berlingske Tidene" kommentierte, die neue Partei könne zum neuen Machtfaktor in Dänemark werden.

Nach eigenen Angaben hatte die neue Partei am zweiten Tag ihres Bestehens schon 10.500 Mitglieder vorzuweisen. Sollte sich diese Zahlen bewahrheiten hätte die Ny Alliance in weniger als zwei Tagen bereits mehr Mitglieder als die rechtspopulistische Dansk Folkeparti (8500 Mitglieder) und die sozialliberale Det Radikale Venstre (10.000 Mitglieder). Im August will die Partei Khaders ihr Programm vorlegen.