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Politik

Neue Vorwürfe der Türkei an die USA

12. Oktober 2017

Das Istanbuler Konsulat der USA soll nach türkischer Auffassung ein Versteck für Kriminelle sein. Die Türkei glaubt, dass die USA einen Verdächtigen in der amerikanischen Vertretung verstecken.

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Symbolbild USA Türkei Beziehungen (Ausschnitt)
Bild: Imago/imagebroker

Die Polizei suche die Person im Zusammenhang mit gescheiterten Militärputsch, verkündete Präsident Recep Tayyip Erdogan. Der Verdächtige habe Verbindungen zu dem in den USA lebenden türkischen Geistlichen Fethullah Gülen.

Dieser ist nach Darstellung der Türkei der Drahtzieher des Putschversuchs im vergangenen Jahr. Auch der inhaftierte US-Botschaftsmitarbeiter soll über entsprechende Verbindungen zur Gülen-Bewegung verfügen. Die USA haben dessen Festnahme als ungerechtfertigt bezeichnet. Gülen weist die Vorwürfe zurück.

Erdogan poltert wieder

Für den Konflikt sei der US-Botschafter John Bass in der Türkei verantwortlich, ergänzte Erdogan. Er hatte erklärt, Bass nicht mehr als US-Vertreter anzuerkennen. "Es ist inakzeptabel, dass die USA einen strategischen Partner für einen frechen Botschafter opfert, der seinen Platz nicht kennt", sagte Erdogan vor Provinz-Gouverneuren in Ankara.

Neuer Feind Erdogans: US-Botschafter John Bass
Neuer Feind Erdogans: US-Botschafter John BassBild: picture-alliance/AP Photo/B.Ozbilici

Erdogan sagte weiter, die Türkei sei kein Stammesstaat, das müssten die USA akzeptieren. "Wenn Ihr das nicht akzeptieren solltet, dann nichts für ungut. Wir sind nicht von Euch abhängig." Er kündigte zudem an, dass die türkische Polizei keine Sig-Sauer-Waffen aus den USA mehr benutzen werde.

Damit verschärft sich der Visa-Streit zwischen den NATO-Verbündeten. Die USA hatten nach der Festnahme des Botschaftsmitarbeiters in der vergangenen Woche angekündigt, dass ihre Botschaft in Ankara die Vergabe von Visa vorübergehend einstelle. Wenig später kündigte die türkische Vertretung in Washington ebenfalls einen vorläufigen Visa-Stopp an.

Unterdessen sagte der türkische Justizminister Abdulhamit Gül nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu, der inhaftierte Konsulatsmitarbeiter habe von Freitag an die Möglichkeit, einen Anwalt zu sehen. Die USA hatten gefordert, dem Anwalt des Mitarbeiters Zugang zu dem Inhaftierten zu gewähren.

Diplomatie angebahnt

Türkische Regierungsvertreter erklärten zuletzt, der Streit könne schnell gelöst werden. Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin sagte in Istanbul, die Krise "könnte an einem Tag beigelegt werden". Am Mittwoch hatte der türkische Vize-Ministerpräsident Mehmet Simsek in Washington erklärt, der Streit sei übertrieben. Er gehe davon aus, dass das Problem bald behoben werde. Für seine Regierung habe die Sicherheit der US-Diplomaten und von deren Angestellten in der Türkei "Top-Priorität". Das Vorgehen gegen US-Mitarbeiter habe mit "Routine"-Ermittlungen zu tun.

Um die Wogen zu glätten wird nun eine US-Delegation des Außenministeriums in Ankara erwartet. In der kommenden Woche wolle man mit US-Vertretern zusammenkommen und über die Situation beraten, sagte der Sprecher der islamisch-konservativen Regierung, Bekir Bozdag, dem Sender Habertürk.

Schon am Vortag hätten US-Außenminister Rex Tillerson und sein türkischer Amtskollege Mevlüt Cavusoglu am Telefon miteinander gesprochen. Es sei ein "konstruktives" Gespräch gewesen.

Deutscher Ex-Botschafter mahnt Besonnenheit an

Unterdessen hat der der frühere deutsche Botschafter in der Türkei, Eckart Cuntz, die Bundesregierung aufgerufen, die diplomatischen Beziehungen mit Ankara nicht abreißen zu lassen. Die deutsche Regierung habe nach wie vor Einfluss auf die Türkei. "Das muss nicht die laute, in öffentlichen Äußerungen geäußerte Empörung alleine sein", sondern es gehe darum, mit der türkischen Seite beharrlich zu reden, auch wenn das den Deutschen nicht gefalle.

Eckart Cuntz, ehemaliger deutscher Botschafter in der Türkei
Eckart Cuntz, ehemaliger deutscher Botschafter in der Türkei Bild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

Cuntz warnte davor, dass die in der Türkei inhaftierten deutschen Journalisten "zum Spielball politischer Auseinandersetzungen werden". In Bezug auf den Prozess gegen die deutsche Journalistin Mesale Tolu sei es zumindest positiv, dass das Verfahren "überhaupt in Gang gekommen" sei. Viele andere säßen seit Monaten ohne Anklage in Haft. Von Seiten der Türkei gebe es auch das "eine oder andere Zeichen der Entspannung".

Bei den Verfahren müsse "darauf gesetzt werden, dass die Türkei ihrem eigenen Anspruch gerecht wird, ein Rechtsstaat zu sein", sagte Cuntz. So könne man zumindest einen Schimmer Hoffnung haben, "dass es zu Urteilen kommt, die dem Rechtsstaatsprinzip entsprechen." Das sei der einzige Weg. Es werde nicht so laufen, "dass Präsident Erdogan eines Tages sagt, so jetzt sind alle frei".

cgn/myk (dpa, rtr, dpae, rtre)